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Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Titel: Klotz Und Der Unbegabte Moerder
Autoren: Christian Klier
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waren dabei. Im blassen Mondlicht erinnerten sie Jasmin plötzlich an ein längst vergessen und verdrängt geglaubtes Bild: »Aufgespießte Schrumpfköpfe bei Indianern im Amazonasgebiet«.
    Vor keinem anderen Bild im Lexikon ihres Großvaters hatte sie sich als kleines Mädchen so gefürchtet. Sie sah sich wieder auf seinen Knien sitzen, mit ihm das Lexikon durchblättern, hörte sein tiefes, gespielt überraschtes Lachen, wenn die Seite mit den Schrumpfköpfen kam und sie sich die Händchen vor die Augen schlug und trotzdem immer wieder wie gebannt durch ihre Finger linsen musste …
    Aufgespießte Schrumpfköpfe – und aus dem Hintergrund der dumpfe Sound der Sambatrommeln … sie schauderte kurz und ärgerte sich gleich darauf über ihre absurden Assoziationen.
    Mit einem Ruck setzte sie sich auf. Auch ihre Blase machte sich jetzt bemerkbar.
    Sie schlüpfte in ihre nagelneuen, strassbesetzten Pantoletten – »Dolle Schläbble, Marke ›Boxenluder‹?«, hatte Alex gefeixt – und erhob sich. Vom Festungsberg zog eine kühle Brise herab. Jasmin warf die lange blonde Mähne in perfekt einstudierter Pose nach hinten. Mit verschränkten Armen, die gläsernen Schrumpfköpfe keines Blickes würdigend, stakste sie vorsichtig über den Rasen, lugte um die große Buschreihe herum.
    Nichts.
    Kein Alex.
    Weit und breit keine Menschenseele.
    Irritiert und leicht verärgert blickte sie sich um.
    Hatte sich Alex allen Ernstes aus dem Staub gemacht? Unten, auf dem Schlossplatz, tobte das Leben. Hier oben, hinter diesen großen, dunklen Büschen, schien alles düster, still und seltsam fremd.
    Müsste dort hinten nicht eigentlich ein Spielplatz sein? Ich kenne mich hier einfach zu wenig aus, dachte Jasmin. Seit ihrem Studienbeginn in Coburg im letzten Wintersemester war sie nur ein einziges Mal im Hofgarten gewesen. Egal! Ihre Blase meldete sich immer heftiger. Sie kehrte dem Buschwerk den Rücken zu, knöpfte ihre Jeans auf, zog mit geübtem Griff Hose und Tanga unter die Knie herab und ging in die Hocke.
    Urplötzlich ein scharfes, krachendes Knacken – direkt hinter ihr.
    Zu Tode erschrocken fuhr Jasmin in die Höhe, stolperte fast, fing sich wieder, drehte sich entsetzt herum, versuchte, Slip und Hose nach oben zu reißen.
    »Alex?? Bist du des? … Mach kan Blödsinn!«
    Sie starrte angstvoll in das dunkle Gebüsch.
    War ihnen doch der merkwürdige Russe vorhin gefolgt, hatte sich hier versteckt – und sie die ganze Zeit beobachtet?
    Mit zitternden Fingern zerrte sie an ihren Jeans, den Blick atemlos auf das unheildrohend schwarze Buschwerk gerichtet.
    Scheiß auf die Knöpfe, scheiß auf die Schläppchen, nichts wie rüber, dort drüben muss doch der Fußweg …
    Zu spät!
    Der ganze Busch krachte und zersplitterte.
    Wie ein riesenhafter Panther sprang der Schatten sie an, warf sie wuchtig zu Boden. Brutal presste sich eine Hand auf ihren Mund, erstickte erbarmungslos ihren entsetzten Schrei. Voll wilder Todesangst bäumte Jasmin sich auf – und hatte doch nicht den Hauch einer Chance. Blitzartig, siedend heiß bohrte sich wahnsinniger Schmerz tief in ihren Brustkorb, immer wieder, immer heftiger; raubte jäh die Kraft zum Luftholen, die Kraft zum Schreien. Nur noch ein ängstliches Röcheln, ein schwaches, reflexartiges Zucken von Händen und Füßen. Blutige Schaumbläschen gurgelten hervor, als ein grauenhafter Schmerz ihr Kehle und Luftröhre spaltete. Sie spürte nicht mehr, was mit ihrem Unterleib geschah.
    Zwei Steinwürfe weiter verabschiedete eine tobende, alkoholbefeuerte Menge die »Bateria do Samba Brasil« frenetisch von der Schlossplatzbühne.
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