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Der Schlüssel zur Sternenmacht

Der Schlüssel zur Sternenmacht

Titel: Der Schlüssel zur Sternenmacht
Autoren: Andre Norton
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1.
     
    In dieser stinkenden Gasse war das Dunkel so dick, daß man beinahe die Hand ausstrecken und die Schatten fangen konnte, um sie wie Vorhangstoff hin- und herzuzerren. Aber was sollte ich dagegen tun, daß diese Welt keinen Mond hatte und die Leute von Koonga City nur auf den Hauptwegen ihres Elendsnestes Fackeln anbrannten?
    Der Gestank war fast ebenso greifbar wie das Dunkel, und die Schlammschicht, die das unebene Steinpflaster überzog, erhöhte mein Risiko. Während die Angst mich vorantrieb, sagte mir die Vernunft, daß ich sorgfältig Schritt für Schritt tun müßte, um den Weg vor mir abzutasten. Mein einziger Führer war die verschwommene Erinnerung an eine Stadt, die ich erst seit zehn Tagen kannte – Tage, an denen ich mich nicht gerade um Geographie gekümmert hatte. Irgendwo weiter vorn, wenn ich sehr, sehr viel Glück hatte, lag eine Tür. Und an dieser Tür befand sich der Kopf eines Götzen, den die Leute dieses Planeten verehrten. In der Nacht strahlten die Augen des Götzen ein warmes Licht aus, denn sie wurden von innen durch brennende Fackeln beleuchtet. Und wenn jemand aus irgendeinem Grund durch die Straßen und Wege von Koonga City gejagt wurde, so mußte er versuchen, den Ring unter den leuchtenden Augen zu berühren. Wenn sich die Tür öffnete und er den Raum dahinter betrat, erhielt er Schutz vor allen Verfolgern.
    Mit der Linken tastete ich mich an feuchten Mauern entlang. Meine Finger waren klebrig und stanken. In der Rechten hielt ich die Laserwaffe. Sie verschaffte mir vielleicht einige Augenblicke Vorsprung, wenn man mich hier erwischte. Ich keuchte vorwärts, angetrieben von dem Willen, der mich schon so weit gebracht hatte, immer noch verwirrt durch die Ereignisse, die weder meine noch Vondars Schuld waren.
    Vondar – mit aller Gewalt verbannte ich den Gedanken an ihn. Er hatte keine Chance gehabt. Es war aus, in dem Moment, in dem die vier Grünen Roben in die Schankstube getreten waren, ihr Schicksalsrad aufgestellt hatten (alle Anwesenden wurden blaß, als sie diese ruhigen, sicheren Bewegungen sahen) und es kreisen ließen. Wenn das Rad stehenblieb, wies der daran befestigte Todespfeil auf den Mann, der zum Opfer des Dämons auserwählt worden war.
    Wir hatten wie gefesselt dagesessen – und in gewisser Weise fesselten uns auch die Sitten dieser verdammten Welt. Jeder, der versucht hätte, sich zurückzuziehen, nachdem der wirbelnde Pfeil in Bewegung war, hätte sofort sterben müssen. Es gab keinen Ausweg aus dieser Lotterie. So saßen wir da, aber keineswegs ängstlich, denn es war nicht üblich, daß die Grünen Roben einen Ausländer wählten. Sie hatten keine Lust, hinterher Schwierigkeiten von der Patrouille oder von fremden Mächten zu bekommen, denn sie erkannten recht gut, daß ein Gott in seiner eigenen Welt groß sein mochte, daß ihn aber die Eisenfaust aus dem All schnell zu einem Nichts zerschmettern konnte.
    Vondar hatte sich sogar ein wenig vorgebeugt und die Gesichter der anderen mit der ihm eigenen Neugier betrachtet. Er war zufrieden wie immer, wenn er gute Geschäfte gemacht hatte. Das Abendessen, das man uns vorgesetzt hatte, gehörte zu den Delikatessen dieser barbarischen Welt, und Vondar hatte einen Hinweis auf eine neue Quelle von Lalor-Kristallen erhalten.
    Und hatte er nicht die Tricks von Hamzar durchschaut, der uns einen Lalor von sechs Karat andrehen wollte und verschwieg, daß er einen Fehler hatte? Vondar hatte den Kristall sorgfältig vermessen und dann erklärt, daß man ihn unmöglich schleifen könne. Ein weniger gerissener Händler hätte ein Vermögen für den Stein bezahlt, doch Vondar meinte, er sei höchstens einen Laserstrahl wert.
    Einen Laserstrahl – meine Finger krampften sich über die Waffe. Ich hätte im Moment einen Beutel voll Lalorkristallen für eine zusätzliche Laserladung gegeben. Selbst der berühmte Schatz von Jaccard zählt nichts, wenn es um das eigene Leben geht.
    So hatte Vondar also die Eingeborenen in der Taverne beobachtet, und sie hatten den kreisenden Todespfeil beobachtet. Das Rad kreiste langsamer und hielt schwankend an. Und der Pfeil deutete auf den kleinen Zwischenraum zwischen Vondar und mir. Vondar hatte lächelnd gesagt:
    »Mir scheint, der Dämon ist heute etwas unentschlossen, Murdoc.« Er bediente sich der Einheitssprache, aber ich war sicher, daß ihn einige der Anwesenden verstanden. Auch jetzt hatte Vondar noch keine Angst. Dabei wußte ich, daß er keineswegs leichtsinnig war. Man
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