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Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Titel: Klotz Und Der Unbegabte Moerder
Autoren: Christian Klier
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legte die trockene Rose, an der das Blut von Linda Cordes klebte, auf Maximilians Grab. Eine Bleibe, eine Arbeit, vielleicht sogar einen Menschen, der ihm helfen konnte. I promise, hörte er sich selber sagen. So schnell würde er keine Versprechungen mehr abgeben.
    Während er zum Ausgang des Friedhofs ging, dachte Klotz an Melanie. Wenn er im Hinblick auf soziale Beziehungen irgendetwas richtig gemacht hatte, dann war es wohl Melanie gewesen. Natürlich, er hatte Mist gebaut. Zu Hause wartete eine halb eingerichtete Wohnung auf ihn, eine Ruine, Ausdruck des Stands ihrer Beziehung. Er war im entscheidenden Moment einfach nicht da gewesen, weil er wieder irgendeinem Fall hinterhergejagt hatte. So ähnlich hatte er das jedenfalls ihrem Anrufbeantworter erzählt, als er Melanie um ein Treffen bat. Heute, in einer Viertelstunde. Im Biergarten der Villa Leon.
    Klotz überlegte, ob er durch die Michael-Ende-Straße gehen und im Gymnasium vorbeischauen sollte. Ließ es sein und entschied sich für einen anderen Weg. Der Fall war abgeschlossen, er war kein Lehrer mehr, hatte in dieser Rolle ohnehin mehr als kläglich versagt. Es war Zeit, dass er sich davon löste.
    »Werner!« Willibald Schittkowski winkte und lief auf ihn zu. »Werner, Mensch, wie geht’s dir?«
    »Danke, geht schon. Und selbst?«
    »Ich komm grad aus der Schule. Ferien, endlich Ferien.«
    Klotz fiel ein Lehrerwitz ein. Er gab ihn dann aber doch nicht zum Besten. Schittkowski hätte ihn sowieso nicht verstanden.
    »Du, weißt du schon das Neueste?«, fuhr Schittkowski in aufgeregtem Ton fort.
    »Was denn?«
    »Der Löterich ist seinen Doktortitel los.«
    »Wie das?«
    »Ich hab dir doch von meiner Website erzählt. Weißt du noch?«
    In irgendwelchen abgesperrten Gehirnzellen begann es Klotz zu dämmern. »Ja. Und?«
    »Also, die Uni Bayreuth hat jetzt das Prüfungsverfahren eingeleitet.«
    »Schön«, antwortete Klotz und wunderte sich ein wenig, dass Schittkowski überhaupt nicht wahrnahm, wie wenig ihn diese Angelegenheit interessierte.
    »Na ja, wahrscheinlich nerv ich dich mit diesen Infos.«
    »Vielleicht.«
    Schittkowski legte eine Handfläche auf die Wange und machte ein gedankenvolles Gesicht.
    »Du, wie wär’s«, leitete er einen Themenwechsel ein, »ein Bier in der Villa Leon?«
    Klotz dachte an sein letztes Zusammentreffen mit Schittkowski. In dem freundlichen, erwartungsvollen Gesicht des Mannes vor ihm war keine Spur davon zu finden, kein Erinnern, keine Scham, nichts.
    Klotz fiel etwas ein. Er griff in seine Brusttasche und holte die Sonnenbrille heraus, die Schittkowski ihm am Morgen nach dem Bandabend geliehen hatte. Klappte das gute Stück auf, schob es Schittkowski auf die Nase und ersparte sich damit dessen verblüfften Gesichtsausdruck.
    »Wenn ich so nachdenke«, antwortete Klotz, »lieber nicht.«
    Damit ging er, ohne sich noch einmal umzudrehen. Er hatte andere Pläne. Als er daran dachte, beschleunigte sich unwillkürlich sein Schritt. Hatte sie seinen Anruf abgehört? Hatte sie es sich überlegt? Würde sie da sein?
    Als er den Eingang der Villa Leon erreichte, war er beinahe gerannt. Sein Atem ging schnell, sein Herzschlag schneller. Da war sie. Unverkennbar, die dunklen Haare und die sommerlich gebräunte Haut. Melanie.
    Klotz ging langsamer, bereute es einen Moment, die schützende Sonnenbrille weggegeben zu haben, stand stumm da und setzte sich dann. Was sollte er sagen?
    Da hatte er plötzlich eine sehr simple Einsicht. Bei aller Schuld und bei aller Vermurkstheit, dachte er, gab es weder eine Vergangenheit noch eine Zukunft. Was man hatte, was man einzig und allein hatte, das war das Jetzt. Und das musste gelebt werden.
    Die Bedienung kam an den Tisch. Klotz sprach: »Ein dunkles Weizen, bitte.«

Danksagungen
    Mein Dank gilt Michel und Danielle Mesaize, die mir ihre Wohnung in Paris und ihr Häuschen in der rauen Bretagne zur Verfügung stellten, damit ich in Ruhe und konzentriert schreiben konnte.
    Dank an Angelika Kübber und Sara Dippold, die den Roman vor dem Lektorat gelesen und weder mit Anregungen noch aufrichtiger Kritik gespart haben.
    Für die Korrektur der Dialektpassage bedanke ich mich ganz herzlich bei Wilhelm Wolpert, Autor für ostunterfränkische Mundart.
    Dank an Markus Orths und seinen Roman »Lehrerzimmer«, der mich hinsichtlich der Textstellen, die in der Schule spielen, an der ein und der anderen Stelle inspiriert hat.
    Dank an das gesamte Team vom Emons Verlag.
    Dank an meine Lektorin
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