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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser
Autoren: Sue Grafton
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    Bei flüchtigem Hinsehen würde man nicht glauben, daß es zwischen dem Mord an einem für tot erklärten Mann und den Ereignissen, die meine Ansichten über mein Leben veränderten, einen Zusammenhang gab. Die Fakten über Wendell Jaffe hatten mit meiner Biographie auch tatsächlich nicht das geringste zu tun, aber Mord ist selten eine eindeutige Angelegenheit, und keiner hat je behauptet, daß Offenbarungen den Gesetzen der Logik folgen. Meine Nachforschungen über die Vergangenheit des Toten lösten Fragen nach meiner Vergangenheit aus, und am Ende wurde es schwierig, die beiden Geschichten auseinanderzuhalten. Das Schlimme am Tod ist, daß keine Veränderungen mehr stattfinden. Das Schlimme am Leben ist, daß nichts je gleich bleibt. Das Ganze begann mit einem Anruf, nicht bei mir, sondern bei Mac Voorhies, einem der Vizepräsidenten der California Fidelity Versicherungsgesellschaft, bei der ich früher einmal gearbeitet habe.
    Mein Name ist Kinsey Millhone. Ich bin Privatdetektivin in Kalifornien und habe mein Büro in Santa Teresa, fünfundneunzig Meilen nördlich von Los Angeles. Meine Zusammenarbeit mit der CF Versicherungsgesellschaft hatte im vergangenen Dezember ein jähes Ende gefunden, und ich konnte nicht in das Haus 903 State Street zurückkehren. So habe ich nun seit sieben Monaten in der Kanzlei Kingman und Ives einen gemieteten Büroraum. Lonnie Kingman hat in erster Linie mit Strafsachen zu tun, genießt aber durchaus auch die Kniffligkeiten von Prozessen, bei denen es um Unglücksfälle oder widerrechtliche Tötung geht. Er ist seit Jahren mein Anwalt und immer da, wenn ich ihn brauche. Lonnie ist klein und bullig, ein Bodybuilder und Raufbold. John Ives ist mehr der ruhige Typ, der die intellektuelle Herausforderung des Berufungsprozesses vorzieht. Ich bin der einzige Mensch, den ich kenne, der nicht automatisch sämtliche Rechtsanwälte der Welt in Grund und Boden verdammt. Nur zur Kenntnisnahme, ich mag auch Bullen. Ich mag jeden, der zwischen mir und der Anarchie steht.
    Die Kanzlei Kingman und Ives nimmt das ganze obere Stockwerk eines kleinen Gebäudes im Zentrum ein. Die Belegschaft besteht aus Lonnie, seinem Partner, John Ives, und einem Anwalt namens Martin Cheltenham, Lonnies bestem Freund, der bei ihm Büroräume gemietet hat. Der größte Teil der täglich anfallenden Arbeit wird von den beiden Sekretärinnen, Ida Ruth und Jill, erledigt. Wir haben außerdem eine Empfangsdame namens Alison und einen juristischen Mitarbeiter, Jim Thicket.
    Der Raum, den ich übernommen habe, war früher ein Konferenzzimmer mit Kochnische. Nachdem Lonnie das letzte freie Büro in der zweiten Etage annektiert hatte, ließ er eine neue Küche einbauen und einen Raum für die Kopiergeräte. Mein Büro ist groß genug für einen Schreibtisch, meinen Drehsessel, mehrere Aktenschränke, einen Minikühlschrank und eine Kaffeemaschine und schließlich einen großen Schrank, in dem Stapel von Umzugskartons stehen, die ich seit dem Einzug nicht angerührt habe. Ich besitze meinen eigenen Telefonanschluß, kann aber auch die beiden Anschlüsse der Kanzlei benutzen. Ich habe auch noch meinen Anrufbeantworter, aber im Notfall nimmt Ida Ruth Anrufe für mich entgegen. Eine Zeitlang habe ich versucht, ein anderes Büro zu finden. Ich hatte genug Geld, um mir den Umzug leisten zu können, da ich vor Weihnachten für einen Auftrag einen Fünfundzwanzigtausend-Dollar-Scheck kassiert hatte. Das Geld war in diversen Papieren angelegt, die mir nette Zinsen brachten. Aber nach einer Weile wurde mir klar, wie angenehm mein neuer Arbeitsplatz war. Die Lage war gut, und es war wohltuend, bei der Arbeit Leute um sich zu haben. Einer der wenigen Nachteile des Alleinlebens ist es, daß man nie jemanden hat, dem man erzählen kann, was man gerade vorhat. Nun hatte ich wenigstens am Arbeitsplatz Menschen in meiner Nähe, die immer wußten, wo ich war, und bei denen ich mich jederzeit melden konnte, wenn ich ein paar Streicheleinheiten brauchte.
    An diesem besonderen Montagmorgen Mitte Juli saß ich seit etwa anderthalb Stunden an meinem Schreibtisch und telefonierte pausenlos herum. Ein Kollege aus Nashville hatte mir geschrieben und mich gebeten, ich möge mich in meiner Gegend nach dem Exehemann einer seiner Klientinnen umschauen, der mit seinen Unterhaltszahlungen mit sechstausend Dollar im Rückstand war. Gerüchteweise hieß es, der Mann habe sich aus Tennessee nach Kalifornien abgesetzt, um sich irgendwo in der
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