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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass
Autoren: Sue Grafton
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Sie mir bitte sagen, wo die Toilette ist?«, fragte ich. Herrgott, fiel mir denn gar nichts Originelleres ein, um mich von diesen Kerlen abzusetzen?
    Die Schwester zeigte den Gang entlang. »Erste Tür.«
    Ich ging mit Raymond in den Warteraum. Sobald er sich hingesetzt hatte, sagte ich: »Ich bin gleich wieder da.«
    Vor lauter Unbehagen achtete er gar nicht mehr auf mich. Ich entfernte mich langsam, wobei ich mich mühsam beherrschen musste, um nicht loszurennen. Ich marschierte an der Toilette vorbei und immer geradeaus, auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen und einem Telefon.
    Das Stockwerk 2/Südflügel ging ohne merkliche Veränderung in das Stockwerk 2/Hauptgebäude über. Der Fußbodenbelag war immer noch derselbe, und auch die Wände blieben weiter hellblau und hellbeige mit einem Muster aus Schnörkeln oder kleinen Kugelbäumen. Ich merkte, dass ich aus den Regionen des Todes in die der Geburt gelangt war. Schilder wiesen zum Wehenzimmer, zum Kreißsaal, zur Neugeborenenstation und zum Warteraum für junge Väter. Ich hielt Ausschau nach einem Münztelefon und kramte neben der Pistole in meiner Tasche nach Kleingeld. Ich fühlte, wie sich meine Panik mit jeder Sekunde steigerte. Sobald ich Dolan das Wichtigste durchgegeben hatte, würde ich machen, dass ich hier wegkam.
    Ich kam an der Anmeldung für das Stockwerk 2/Hauptgebäude vorbei. An der Wand hinter dem Tresen links von mir sah ich lauter Monitore mit grünen Linien, in denen ich lebenswichtige Signale vermutete.
    Eine schwarze Krankenschwester, die aus einer Tür mit der Aufschrift »Personalraum« trat, rannte mich fast über den Haufen. Sie trug einen knöchellangen, hinten gebundenen weißen Kittel und einen hochgeschobenen Mundschutz, der auf ihrer Stirn saß wie eine blassgrüne Beule. Sie war in den Vierzigern, schlank, mit dunklen Augen und einem klaren, glatten Gesicht. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich hoffe sehr«, sagte ich. »Ich muss Ihnen etwas erklären, und Sie müssen mir bitte vertrauen. Ich bin Privatdetektivin, aus Santa Teresa, und hinter einer Versicherungsbetrugs-Geschichte her. Ich bin mit einem Gangster hier, der jeden Moment hinter mir herkommen kann. Ich muss dringend Lieutenant Dolan in Santa Teresa anrufen. Gibt es hier vielleicht ein Telefon, das ich benutzen kann? Ich schwöre Ihnen, es dauert nicht lange, und es kann mir das Leben retten.«
    Sie betrachtete mich mit der leeren Miene eines Menschen, der eine Information auf ihre Glaubwürdigkeit taxiert. Vielleicht war es ja etwas in meinem Ton — die nackte Verzweiflung unter der ernsten Eindringlichkeit. Meine Erscheinung kann es kaum gewesen sein. Ich sagte ausnahmsweise einmal die Wahrheit, und ich bemühte mich, mit jeder Faser meine Aufrichtigkeit zu vermitteln. Sie hörte mir zu, die Augen aufmerksam auf mein Gesicht geheftet. Vielleicht war meine Geschichte aber auch einfach so hanebüchen, dass sie mir nicht zutraute, sie erfunden zu haben. Wortlos zeigte sie auf ein Telefon hinter dem Anmeldetresen.

23

    Ich ließ mich über die Krankenhauszentrale nach draußen durchstellen und sagte der Telefonvermittlung, ich wollte ein persönliches Gespräch mit Lieutenant Dolan unter der Rufnummer, die er mir gegeben hatte. Während ich wartete, dass die Verbindung hergestellt wurde, studierte ich das Anschlagbrett, das zu etwa gleichen Teilen Ärztewitzen, Kursankündigungen und Speisekarten von Fast-Food-Restaurants mit Lieferservice gewidmet zu sein schien. Ich war halbtot vor Flunger.
    Als ich Dolans Stimme hörte, schloss ich die Augen. Ich klopfte mir mit einer Hand erleichtert auf die Brust. »Lieutenant Dolan, hier ist Kinsey Millhone. Ich rufe aus dem St. John-Krankenhaus an und muss mich beeilen.«
    »Was gibt’s?«
    Ich begann zu reden, während meine Gedanken schon vorauseilten und die Information zu strukturieren versuchten. »Also, zuerst mal: Bibianna Diaz liegt hier auf der Intensivstation. Sie ist gestern von einer Bergstraße gedrängt worden — «
    »Ich weiß«, warf Dolan ein.
    »Sie wissen das schon?«
    »Einer von Santos’ Leuten hat mich sofort angerufen, als die Meldung kam. Die Klinik hat Order, möglichst höflich zu Raymond zu sein, ihn aber nicht in die Nähe des Krankenbetts zu lassen. Sie wissen, was sie zu tun haben.«
    »Oh, Gott sei Dank ist das schon mal geregelt«, sagte ich. Ich berichtete ihm rasch alles Wesentliche, unter anderem auch von den Akten, die ich in Buddys Autowerkstatt gefunden hatte. »Ich glaube, ich weiß,
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