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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass
Autoren: Sue Grafton
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herausfand, dass Jimmy Tate hier war, würde er die ganze Bude zu Kleinholz machen.
    Ich sagte: »Wir drehen noch beide durch, wenn wir die ganze Zeit hier rumsitzen. Es dauert ja nicht lange. Wir werfen nur schnell irgendwas ein und kommen dann gleich zurück. Das kann doch noch eine Stunde dauern, bis die Ärzte wiederkommen.«
    »Glauben Sie?«
    »Kommen Sie schon. Wenigstens für einen Kaffee.«
    Raymond warf die Zeitschrift auf den Tisch und stand auf. Draußen auf dem Flur zögerte er. »Ich sollte vielleicht der Schwester Bescheid sagen, falls der Arzt doch auftaucht.«
    »Das kann ich auch machen. Sie können ja schon mal vorgehen und auf den Aufzugknopf drücken.«
    Zwei mexikanisch aussehende Schwestern kamen den Korridor entlang.
    Vorne beim Treppenhaus tat sich etwas, und wir schauten beide hin. Ein Arzt kam aus dem Reha-Trakt und steuerte auf die Intensivstation zu. Er trug einen wadenlangen weißen Kittel über einem grauen Anzug. Oberhalb der Brusttasche war in blauer Schrift sein voller Name eingestickt. Ein aufgerolltes Stethoskop lugte aus seiner Tasche wie ein kleinkalibriger Gartenschlauch. Er war etwas über fünfzig, mit kurzem grauem Haar und einer randlosen Brille. Er humpelte. Sein rechter Fuß steckte in einem Gehgips, der aussah wie ein Skistiefel. Er bemerkte meinen Blick und lächelte, als wollte er mich um Entschuldigung bitten, lieferte aber keine Erklärung. Ich dachte gleich an irgendeinen Sportunfall, was er wahrscheinlich auch bezweckte. In Wirklichkeit war er bestimmt über einen Rasensprenger gestolpert, als er Blattläuse von seinen Rosen pflücken wallte. »Was kann ich für Sie tun?«
    Raymond sagte: »Ich bin wegen Bibianna Diaz da. Sind Sie der Arzt?«
    »Der bin ich. Schön, dass Sie da sind, Mr. Tate. Ich bin Dr. Cherbak.« Er schüttelte Raymond die Hand. »Die Schwester hat mir gesagt, dass Sie da sind. Tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat...«
    Raymonds Lächeln verrutschte. »Mein Name ist Raymond Maldonado. Was hat Tate damit zu schaffen?«
    Cherbak zwinkerte unsicher und sah in Bibiannas Karte nach. »Verzeihung. Sie hat gebeten, dass wir ihren Mann benachrichtigen, und da habe ich angenommen...«
    Von meinem Standort aus konnte ich den rosa Notizzettel sehen, der vorne an der Karte klemmte: Schutzgewahrsam. Raymond schien ihn gleichzeitig mit mir entdeckt zu haben.
    »Ihren Mann?«, wiederholte er. Er starrte den Arzt an, der inzwischen wohl begriff, dass er einen kapitalen Fehler gemacht hatte.
    Ich berührte Raymond leicht am Arm und murmelte: »Das war bestimmt ein Missverständnis, Raymond. Vielleicht hat sie ja Kopfverletzungen. Wer weiß, was sie da geredet hat. Womöglich hat sie halluziniert — «
    Raymond schüttelte meine Hand ab. »Halten Sie den Mund!«, sagte er. Und dann, an den Arzt gewandt: »Das hat sie gesagt? Jimmy Tate ihr Mann? So ein Blödsinn. Ich schlage Ihnen Ihre verdammte Visage ein, wenn Sie so was noch mal behaupten.«
    Die beiden Schwestern, die bisher ganz ins Gespräch vertieft gewesen waren, spitzten jetzt plötzlich die Ohren und verfolgten das Geschehen so gespannt wie eine Szene aus einer Krankenhaus-Serie. Ich fühlte, wie die Angst mich durchglühte wie Fieber. »Wir kommen besser später noch mal wieder...«
    »Wie geht’s ihr?«, fragte Raymond. Er war in Kampfstimmung. Seine Kiefergelenke mahlten vor Anspannung.
    »Ich bin nicht befugt — «
    »Ich hab’ gefragt, wie’s ihr geht. Antworten Sie mir gefälligst, Sie Wichser!«
    Dr. Cherbak erstarrte. »Ich habe da offensichtlich einen Fehler gemacht«, sagte er. »Wenn Sie kein Angehöriger der Patientin sind, sind mir leider Grenzen gesetzt...«
    Raymond versetzte ihm einen Stoß. »Fehler gemacht! Schieben Sie sich Ihren Fehler in den Arsch! Ich werde diese Frau heiraten, kapiert? Ich. Raymond Maldonado. Ist das klar?«
    Dr. Cherbak machte auf dem gipsfreien Absatz kehrt, humpelte eilig auf die Intensivstation zu und zwängte sich durch die Doppeltür. Ich hörte ihn drinnen rufen: »Sofort die Wachleute herholen...«
    Raymond barst krachend durch die Tür und packte ihn von hinten. »Wo ist Bibianna?«, schrie er. » Wo ist sie ?«
    Der Arzt verlor das Gleichgewicht, und eine der diensthabenden Schwestern rannte davon. Eine zweite Schwester griff nach dem Telefon, um die Wachleute zu rufen. Raymond zog seine Pistole und richtete sie auf die Schwester, mit steif gestrecktem Arm, zu allem entschlossen. Sie legte den Hörer hin. Er schwenkte die Pistole hin und her,
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