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Verräterische Lippen

Verräterische Lippen

Titel: Verräterische Lippen
Autoren: Carter Brown
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1
     
    Marguerita
Mendez war nur ein Name für mich, als ich in den Zeitungen von ihrer Entführung
las. Erst eine Woche später nahm sie auch körperlich Gestalt an. Eine sehr
schöne Gestalt.
    Es
war jedoch, wie ich zugebe, nicht die Verlockung ihrer Schönheit, die mir den
Fall interessant machte. Selbst wenn sie häßlich gewesen wäre wie
Schneewittchens Stiefmutter, hätte ich den nächsten Jet nach Südamerika
bestiegen.
    Was
mich reizte, waren die fünfundzwanzigtausend Dollar, die ihr Vater mir dafür
geboten hatte, die Verhandlungen über ihre Freilassung zu führen. Und die
fünfundzwanzigtausend Dollar Zusatzprämie im Erfolgsfall.
    Und
da Randall Roberts als bescheidener, verschwiegener, brillanter, einfallsreicher
Diplomat und erstklassiger Anwalt bekannt ist — welche bessere Wahl hätte Raol Mendez, der gewählte Präsident seiner Republik, für
diese delikate Aufgabe treffen können? Sein Glück, daß er sich bei
Bekanntwerden der Nachricht gerade in San Francisco aufgehalten und mich auf
einer Cocktailparty kennengelernt hatte.
     
    »Lesen
Sie über dieses arme Mädchen, das die Kommunisten ermorden wollen, wenn ihr
Vater ihnen das Land nicht überläßt ?« erkundigte sich
die hübsche, großäugige Blondine, die neben mir saß. »Man muß sich direkt
fragen, ob man überhaupt noch dorthin fahren soll, nicht wahr ?«
    Wir
befanden uns seit fünf Minuten in der Luft, und ich hatte schon überlegt, wie
lange es dauern würde, bis der berühmte Roberts-Charme seine Wirkung tat. In
der Zwischenzeit hatte ich die letzten Meldungen überflogen, um mich zu
vergewissern, daß mir in den zwölf Stunden, seit ich mit Präsident Mendez
gesprochen hatte, nichts entgangen war.
    »Es
sind keine Kommunisten«, erläuterte ich wohlwollend. Ich faltete die Zeitung
zusammen und wandte der Blondine meine volle Aufmerksamkeit zu. Sie war klein
und zierlich und trug einen grünen Hosenanzug, unter dem sich ihre festen
Schenkel und die kleinen, aufwärtsstrebenden Brüste appetitlich abzeichneten.
    »Wie
bitte?« Sie blinzelte mit ihren blauen Kinderaugen.
    »Der
Präsident der Republik ist Sozialist — ein Reformer. Seine politischen Gegner
sind keine Kommunisten .«
    Sie
zuckte die Achseln und lächelte unsicher, als habe sie Zweifel, daß ich
wirklich der nette, unkomplizierte Bursche sei, für den sie mich offenbar
gehalten hatte, oder etwa so ein Intellektueller. »Na, dann sind es vielleicht
Faschisten«, meinte sie mit einem gelangweilten Seufzer. »Die sind ja doch alle
gleich, nicht wahr ?«
    Auf
ein politisches Gespräch war ich nun allerdings am wenigsten erpicht. Viel eher
hatte ich die Absicht, die kleine Blonde während der sechs Stunden Flugdauer
auf ein gemeinsames Abendessen und eine gemeinsam zu verbringende Nacht
einzustimmen. Deshalb sagte ich: »Nicht, daß ich Sie beunruhigen möchte, aber
ich habe gehört, dieser Fall werde nur der erste einer ganzen Reihe von
Entführungen sein. Als nächstes ist angeblich geplant, eine Amerikanerin zu
nehmen, um von den Vereinigten Staaten Wirtschaftshilfe zu erpressen. Es würde
mich nicht überraschen, wenn die auf dem Flugplatz schon warteten .«
    Sie
richtete sich erschrocken in ihrem Sitz auf. »Haben Sie vertrauliche
Informationen ?« fragte sie mit zitterndem Kinn.
    »Ja«,
flüsterte ich bedeutungsvoll.
    »Oh.«
Sie legte eine Hand auf die gespitzten Lippen.
    »Zweifellos
werden sie die hübscheste Geisel nehmen, die sie finden können«, fuhr ich
beiläufig fort. »Das bringt die meiste Publizität .«
    Die
Blonde zog instinktiv die Beine hoch und spähte ängstlich im Flugzeug umher.
    »Die
Passagiere habe ich schon unter die Lupe genommen«, erklärte ich.
    »Und
es sind keine...«
    Ich
schüttelte den Kopf. »Geschäftsleute und ein paar typische Touristen. Und Sie.«
    »Wie
schrecklich!« Sie ließ sich zu mir herübersinken und kletterte fast auf meinen
Schoß. »Sie werden mir doch helfen, nicht wahr? Sie haben Einfluß, sind groß
und stark. Bestimmt können Sie...«
    Ich
tätschelte ihr die Schulter und drückte sie fest an meine Brust. Sie war
federleicht, und ihr weiches blondes Haar kitzelte mir angenehm am Hals. »Ich
beschütze Sie«, versicherte ich beruhigend. »Ich werde am Flugplatz von einem
Minister abgeholt. Dann veranlasse ich gleich, daß Sie sicher in Ihr Hotel
gebracht werden, wo Sie auf mich warten können .«
    Sie
blickte zu mir hoch und lächelte dankbar. »Als alleinstehende Frau fühlt man
sich in einem fremden Land so
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