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Verräterische Lippen

Verräterische Lippen

Titel: Verräterische Lippen
Autoren: Carter Brown
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glücklich, sein Gewehr nun doch noch benutzt zu
haben.
    Die
beiden Soldaten, die Rodriguez und Juarez bewachten, starrten sekundenlang
verwirrt den Präsidenten an, während er ihnen einen gebieterischen Blick
zuwarf. Sie zögerten kurz, dann richteten sie ihre Maschinenpistolen auf
Ramirez.
    Ich
konnte den beiden keinen Vorwurf machen, daß sie gezögert hatten. Dies war ein
Land, in dem es einem wirklich schwerfiel zu entscheiden, auf welcher Seite man
eigentlich stand.
    Der
Präsident erhob sich von seinem Sessel, und wir alle verharrten sekundenlang
schweigend. Mendez blickte seinen Stiefsohn an. Seine Miene war hart, erstarrt
in bitterer Enttäuschung. »Bringt die Verräter hinaus und erschießt sie«,
befahl er.
    Niemand
sagte ein Wort. Rodriguez, Juarez und Ramirez verließen in stoischer
Gelassenheit vor den beiden mit Maschinenpistolen bewaffneten Soldaten den
Raum. Der dritte Soldat schleppte die Leiche von General Ortez fort.
    Ich
war verblüfft. Solche Ruhe angesichts des Todes war für einen gefühlsbetonten
Yankee wie mich schwer zu verstehen. Eine ganze Minute lang rührte ich mich
nicht vom Fleck.
    Dann
ließ ich den Präsidenten allein zurück. Seine Feinde waren alle erledigt.
     
     
     

12
     
    Die
Wachtposten salutierten und zogen sich schnell von Connie Caruthers Tür zurück, als ich ihnen den unterschriebenen Befehl aushändigte. Trotzdem
klopfte ich nicht gleich. Connie war zweieinhalb Tage in ihrem Zimmer
eingesperrt gewesen. Und obwohl es nicht meine Schuld war, daß Juarez
beschlossen hatte, sie als eine Art Geisel festzuhalten, war ich mir nicht ganz
sicher, ob sie dafür Verständnis auf bringen würde.
    Ich
holte tief Luft, schluckte den Kloß in meiner Kehle hinunter und klopfte
behutsam an die Tür.
    »Herein«,
sagte eine überraschte Stimme.
    Ich
öffnete vorsichtig und steckte den Kopf ins Zimmer.
    »Seit
wann machen Sie sich die Mühe anzuklopfen ?« fragte
Connie. Dann blickte sie auf und sah mich. »Randy!«
    »Der
große Randall Roberts ist gekommen, um dich zu retten«, erklärte ich und
bedachte sie mit einem ermutigenden Lächeln. »Darf ich eintreten ?«
    Sie
saß mit einem keuschen Baumwollnachthemd bekleidet auf dem Bett und sah aus wie
ein kleines Mädchen mit einer frühreifen Figur.
    Ich
hatte kaum Zeit, ganz ins Zimmer zu kommen, da hing sie mir schon am Hals wie
ein Koalabär, der nach sechs Wochen Wüste seinen ersten Eukalyptusbaum sieht.
Obwohl ich ein ziemlich harter Bursche bin, fühlte ich mich dabei doch schwach
werden.
    Sie
hob, ohne mich loszulassen, die Füße und stieß damit die Tür hinter mir zu.
    »Nur
keine Aufregung«, sagte ich beruhigend. »Die beiden sind weg. Wirklich.«
    »Oh,
Randy, es war entsetzlich«, jammerte sie. »Dauernd haben sie die Köpfe zur Tür
hereingesteckt und mich angestarrt. Nie war ich vor ihren lüsternen Blicken
sicher .« Sie blinzelte entrüstet mit ihren hellblauen
Augen.
    »Das
erklärt mir wenigstens das Baumwollnachthemd«, meinte ich. »Haben sie dich
tatsächlich nur angestarrt ?«
    »Selbstverständlich!
Wären sie zudringlich geworden, hätte ich mich erschossen !«
    »Womit ?« erkundigte ich mich neugierig und ließ die Blicke durchs
Zimmer schweifen. »Einer Tube Zahnpasta?«
    »Sei
nicht albern! Ich hätte ihnen eins von ihren Gewehren abgekauft .«
    »Du
hättest was... ?«
    »Die
waren so korrupt, daß sie mir alles verkauft hätten. Und sie haben es praktisch
auch getan! Meine Mahlzeiten gehen nicht nur alle auf meine Hotelrechnung, ich
mußte den Kerlen auch das Doppelte zahlen, damit sie den Zimmerkellner
einließen .« Sie begann, an meiner Schulter zu
schluchzen. »Ich mußte alles doppelt bezahlen — sogar eine Zeitung, wenn ich
lesen wollte. Oh, Randy!«
    Ich
legte sie auf das Bett nieder und streckte mich neben ihr aus. Dann streifte
ich mir die Schuhe von den Füßen.
    »Das
ist ja nun vorbei«, besänftigte ich sie. »Was kannst du bei dem Sold erwarten,
den die kriegen? Außerdem wissen sie von einem Tag auf den anderen nicht, für
wen sie gerade arbeiten. Und wahrscheinlich haben sie auch Angst, der nächste
Mann an der Spitze haut mit der ganzen Staatskasse ab .«
    Sie
wandte mir das Gesicht zu und musterte mich verständnislos. »Wovon redest du,
Randy ?«
    »Hör
nicht hin. Ich bin nur ein bißchen sauer .«
    »Das
hast du gesagt, nicht ich .« Sie rückte näher zu mir
heran und legte den Kopf auf mein Kissen. »Warum hast du mich nicht besser
beschützt? Ich war über zwei Tage lang
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