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Verräterische Lippen

Verräterische Lippen

Titel: Verräterische Lippen
Autoren: Carter Brown
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kauerte mich zu Boden und spähte hinüber
zum Haus. Zu meiner Linken befand sich der schmale Zellenblock.
    Vor
dem Hauptgebäude lag ein Halbkreis von Toten in blutgetränkten Hosen und
schmutzigen Hemden. Einige von ihnen hatten noch den Sombrero auf dem Kopf.
    Zwanzig
Meter von dem nächsten Toten entfernt lagen etwa fünfzehn Soldaten im Dreck.
Erst bei näherem Hinsehen fiel mir auf, daß nur neun Gewehrläufe auf das Haus
zielten. Die übrigen Soldaten waren ebenso tot wie die Banditen, die die
Belagerung anscheinend hatten durchbrechen wollen.
    Aber
das alles erklärte noch nicht das Rattern der Maschinenpistole. Ich mußte noch
einige Minuten auf die Antwort warten. Dann erschien Margueritas blutverschmiertes Gesicht für Sekunden hinter einer zerbrochenen Fensterscheibe.
Eine Geschoßgarbe prasselte in den Staub. Gleich darauf war Marguerita wieder
verschwunden, während ich mir den Kopf zu zerbrechen begann, wie sie es bis zum
Haus geschafft haben mochte, ohne selbst erschossen zu werden. Aber der
superscharfe Robertssche Verstand hatte sofort eine
Erklärung parat.
    Hinter
dem Haus führte der Dschungel bis auf fünfzehn Meter an das Gebäude heran.
Wahrscheinlich hatten die Soldaten bei Margueritas Ankunft noch in Deckung gelegen und erst angegriffen, nachdem Marguerita auf der
Suche nach einer Waffe ins Haus eingedrungen war.
    Meine
beste Chance, die Señorita zu erreichen, war von der Rückfront her. Deshalb
umkreiste ich das Gebäude im Schutze des Dschungels, bis ich mich in Höhe der
Hintertreppe befand. Sie führte auf eine breite Veranda.
    In
unmittelbarer Nähe entdeckte ich halb verborgen unter breiten grünen Blättern
die Leiche eines dunkelhaarigen Mannes in grüner Uniform. Sein Gewehr lag unter
ihm. Ich zog es hervor und untersuchte es: ein Karabiner, nicht gerade das
letzte Modell, aber brauchbar.
    Es
lagen noch sechs weitere Tote herum, vier von ihnen außerhalb des schützenden
Dschungels. Alle außer einem waren Soldaten. Die Ausnahme bildete der kleine
Mann mit den schlaffen Wangen.
    Anscheinend
hatte der furchtlose Führer die Absicht gehabt, sich nach hinten abzusetzen,
während seine Leute die Front hielten. Aber wer war ich, ihm einen Vorwurf zu
machen? Jedenfalls hatte er sich wacker geschlagen. Fünf Leben für eins war ein
Verhältnis, auf das ein kleiner Mann mit großem Selbstbewußtsein stolz sein
konnte. Außerdem hatte er mit seinem kurzen Heldenkampf noch etwas erreicht:
Marguerita den Weg freizumachen.
    Ich
blickte auf, als die große, schlanke Gestalt mit der Maschinenpistole die
Veranda betrat. Dann ließ ich mich auf die Knie nieder und brachte meine Waffe
in Anschlag.
    Margueritas Augen schienen den Dschungel mit der gleichen
schweigenden Tödlichkeit zu bedrohen wie die Waffe in ihrer Hand. Als ihr Blick
mich streifte, versteifte sich ihr Körper. Ich beobachtete fasziniert, wie sie
die Maschinenpistole leicht anhob.
    Mit
der ganzen Kraft, die Roberts’ Beine besaßen, ließ ich mich zurückschnellen, um
mich durch das wuchernde Grün zu rollen, das unter den Bäumen einen dichten
Teppich bildete. Das Rattern der Maschinenpistole vermischte sich mit dem
Sirren der Kugeln, die die Blätter durchschlugen. Erst als ich mich hinter
einem Baumstamm befand, richtete ich mich auf.
    Während
ich keuchend mein Gewehr umklammert hielt, spähte ich vorsichtig hinter dem
Stamm hervor, bis ich mit einem Auge ein Stück der Veranda erblickte.
Marguerita kam die Stufen herunter.
    »Marguerita !« rief ich. »Bleib, wo du bist, und wirf die Waffe weg !«
    Ich
duckte mich schnell, als eine Geschoßgarbe gegen den Baumstamm prasselte.
    »Marguerita!
So kannst du nicht davonkommen !«
    »Es
wird meinem Vater auf dem Gewissen liegen !« rief sie
bösartig zurück. »Komm und erschieß mich, Yankee-Schwein !«
    »Die
Soldaten müssen jede Sekunde hier sein !« schrie ich verzweifelt.
»Gib endlich auf. Dein Vater will nicht, daß dir etwas passiert .«
    Sie
setzte sich in Richtung auf den Dschungel in Bewegung. Ich konnte das Trampeln
ihrer Stiefel hören und riskierte gerade rechtzeitig einen Blick hinter meinem
Baumstamm hervor, um sie ein Stück von mir entfernt im Gestrüpp verschwinden zu
sehen.
    Ich
packte meinen Karabiner und setzte ihr nach. Diesmal hatte ich sie bereits nach
ein paar Minuten entdeckt. Der Ärmel ihrer Bluse hatte sich an einem jener
langen roten Dornen verfangen, so daß sie stehengeblieben war, um sich
loszumachen.
    Sie
sah mich und riß den Arm hoch. Die Bluse
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