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Sternenfaust - 059 - Verloren im Nirgendwo

Sternenfaust - 059 - Verloren im Nirgendwo

Titel: Sternenfaust - 059 - Verloren im Nirgendwo
Autoren: Luc Bahl
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Seit einer Zeit, die selbst für das über Äonen planende Gebilde bereits sehr lange zurücklag, hatte sie derartige Überlegungen nicht mehr in Betracht gezogen. Damals nämlich, als sie ihre feinen Alkanenfäden von der primitiven, atmosphäregekoppelten Photosynthese auf die höherentwickelte Form des unmittelbaren Licht-Energie-Umsatzes umstellte, hatte Innere Ordnung oder IO, wie sich das Gebilde nannte, zum letzten Mal über die Möglichkeit nachgedacht, eine spontane Strukturveränderung herbeizuführen. Dass es irgendwann einmal wieder notwendig sein würde, gehörte zu den Unwägbarkeiten einer chaotisch-komplexen Umgebung, die sich – so weit IO wusste – in allen erkennbaren Dimensionen nahe Unendlich ausdehnte.
    Im Grunde war die Arbeit am Katapult der Ewigkeit IOs eigentliche, selbst gewählte Aufgabe. Abstrahlen, Einsammeln und Verarbeiten der eingegangenen Erkenntniskapseln gehörten zum Erfüllendsten, was sich IO im Verlauf ihrer Evolution an Beschäftigung aufgebaut hatte. Nie war sie untätig gewesen, nie hatte sie sich mit dem Status quo ihrer gerade erreichten Form zufrieden gegeben. Auf die Phasen einfacher, physischer Ausdehnung und der Vervollkommnung des IO unmittelbar umgebenden Environments, waren auch Phasen der Kontemplation gefolgt. Notwendig, um das Erkannte einzuordnen, zu bewerten und aufzubereiten, um von dieser Ebene ausgehend die nächsten Schritte unternehmen zu können.
    Dazu gehörten neben der Weiterentwicklung und Verfeinerung bestehender Erkenntnis- und Überlebenswerkzeuge auch das Vordringen neu geschaffener Sensoren in jene Räume, die weit entfernt und zuvor unerreichbar waren. Etwa über die Grenzen hinaus, die die Lichtgeschwindigkeit wie urtümliche Pflöcke in die Schwärze des Universums getrieben hatte. Das Gebilde begriff sich irgendwann als kleiner Teil, als eine Art miniaturisiertes Abbild, eines größeren, aber ähnlich strukturierten Zusammenhangs, der über das Raum-Zeit-Kontinuum hinaus die zahllosen Blasen der verschiedenen Universen miteinander verband.
    Seit diesem Erkenntnisschritt, dem wohl Bedeutendsten ihrer bisherigen Existenz, gelang es ihr, sich unabhängig zu machen. Die nachfolgende Entwicklung des zuvor für das Überleben so wichtigen Zentralgestirns war von nun an nur noch eine Angelegenheit wachsamer Beobachtung, die man einem lange vertrauten Nachbarn nicht vorenthält, aber für das eigene Weiterleben nicht mehr von Bedeutung. Es war klar, irgendwann würde dieses Leben spendende Licht für immer erlöschen. Doch für diesen Zeitpunkt war IO bestens gewappnet. Längst hatte sie sich empfänglich für jenes Urrauschen gemacht, das seit Anbeginn dieses Universums durch ihr Kontinuum flutete. Ein beständiger, fast gleichmäßiger Fluss, der sie mit der Energie versorgte, die sie brauchte.
    Über ihre kosmischen Ganglien verschoss IO mit dem Wellen-Katapult jene kleinen Energiesamen, die als Botenstoffe gebraucht wurden, um weitere Erkenntnisse quer über die Abgründe von Raum und Zeit hinweg einzusammeln. Es gehörte zu den frühesten Erkenntnissen der Inneren Ordnung – lange bevor sie den Weg in die Hyperwirklichkeit entdeckt hatte –, dass sie nicht alleine in der Welt war. Sie hatte sich noch zu Zeiten als ihr Zentralgestirn mit der Fusion seiner Wasserstoffatome beschäftigt war, ihren Lebensraum mit unendlich vielen anderen Lebensformen geteilt, die meist in rapider, explosiver Geschwindigkeit entstanden und wieder vergangen waren. Von benachbarten Planeten kamen fremde Organismen, siedelten eine Zeit lang in IOs Nachbarschaft, aber auch sie verschwanden meist ebenso plötzlich, wie sie gekommen waren. Niemals war es zu einer wie auch immer gearteten Form von näherem Kontakt zwischen der Inneren Ordnung und anderen Lebensformen gekommen, außer der nebeneinanderher zu existieren. Und IO bezweifelte mit Fug und Recht, dass die so fragilen und schnell vergänglichen organischen Wesen jemals auch nur eine Ahnung von ihrer Existenz, vom bloßen physischen Vorhandensein der Inneren Ordnung entwickelt hatten.
    Die Tatsache, dass manche, etwas weiter fortgeschrittene Spezies gelegentlich damit begonnen hatten, abgestoßene, nutzlos gewordene Teile von IOs Geflecht abzubauen, hatte sie zu keiner Zeit sonderlich tangiert. Sie wäre selbst in der Lage gewesen, sich dieser Absonderungen, die zwangsläufig immer wieder entstanden, zu entledigen. Wenn fremde Wesen dies für IO taten, umso besser. In Zeiten, als das Zentralgestirn noch in der
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