Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Profit

Profit

Titel: Profit
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
 
PROLOG
     
     
    An der Kasse.
    Das schwarz glänzende Plastik flutscht durch den Schlitz.
    Nichts.
    Die Maschine unterbricht ihr insektoides Sirren, und der Bildschirm flackert, als sei das, womit er da gefüttert werden soll, eine unerhörte Zumutung. Die Kassiererin blickt die Frau an, die ihr die Karte gereicht hat, und lächelt ein bisschen allzu breit. Es ist ein Lächeln, dessen Aufrichtigkeit so groß ist wie der Fruchtsaftanteil in einer Tüte Five Fruit D-Lish.
    »Sind Sie sicher, dass es diese Karte sein soll?«
    Schwer beladen mit Einkaufstüten, stellt die Frau den Zweijährigen auf den Boden, den sie bislang auf den Rand des Kassentresens gestützt hat, und blickt über die Schulter zu ihrem Ehemann, der noch damit beschäftigt ist, die letzten bunten Dosen und Tüten aus dem Einkaufswagen aufs Laufband zu laden.
    »Martin?«
    »Ja, was ist?« Die Stimme klingt genervt vom Stress des Familiengroßeinkaufs.
    »Die Karte geht nicht …«
    »Wie, geht nicht?« Er sieht sie an, bemerkt ihren bedrückten Blick und wendet sich der Kassiererin zu. »Ziehen Sie die Karte noch mal durch, bitte. Da muss was gehakt haben.«
    Achselzuckend probiert die Kassiererin die Karte ein zweites Mal. Der Bildschirm zeigt das gleiche empörte Flackern.
    TRANSAKTION NICHT MÖGLICH.
    Die Kassiererin nimmt die Karte und gibt sie der Frau zurück. Stille breitet sich rund um das Geschehen aus, sickert über das Laufband hinweg bis hin zu dem jungen Mann an der Kasse nebenan und den drei Kunden, die hinter Martin warten. Noch ein paar Sekunden, und es wird ein allgemeines Geraune ausbrechen.
    »Möchten Sie es vielleicht mit einer anderen Karte versuchen?«
    »Das ist doch lächerlich«, faucht Martin. »Das Konto ist gedeckt. Ich habe gestern mein Gehalt bekommen.«
    »Ich kann ja noch mal versuchen, die Karte durchzuziehen«, schlägt die Kassiererin mit ausgesucht gleichgültiger Stimme vor.
    »Nein.« Die um das kleine schwarze Stück Plastik gekrampften Fingerknöchel der Frau haben sich weiß verfärbt. »Martin, versuch es mit der Intex.«
    »Helen, da ist Geld auf dem Konto… «
    »Gibt’s ein Problem?«, fragt der Mann hinter ihm und klopft bedeutungsvoll mit seinem eigenen Plastik gegen seine Einkäufe, die er so dicht hinter den Abgrenzungsstab gepackt hat, dass sie auf Martins Sachen zu purzeln drohen.
    Martins Mund klappt zu. »Nein, kein Problem.« Er überreicht die blau gesprenkelte Intex-Karte und beobachtet mindestens so gespannt wie die Leute hinter ihm, wie die Kassiererin sie eingibt.
    Die Maschine kaut ein paar Sekunden lang darauf herum. Und spuckt sie dann aus.
    Die Kassiererin gibt sie zurück und schüttelt den Kopf. Ihre aalglatte Plastikhöflichkeit beginnt zu bröckeln.
    »Die Karte ist gesperrt«, sagt sie abschätzig.
    »Was?«
    »Ihre Karte ist ungültig. Ich muss Sie bitten, diese Waren da hinten auf den Tresen zu stellen und das Geschäft zu verlassen.«
    »Ziehen Sie die Karte noch mal durch.«
    Die Kassiererin seufzt. »Ich muss die Karte nicht noch einmal durchziehen, Sir. Die Informationen, die ich brauche, habe ich hier bereits stehen. Ihre Kreditwürdigkeit ist aufgehoben.«
    »Martin.« Helen drängt an seine Seite. »Lass doch, wir kommen noch mal wieder, wenn die Sache sich geklärt…«
    »Nein, verdammt noch mal.« Martin lehnt sich über den Kassentresen zu der Kassiererin. »Es ist Geld auf dem Konto. Also ziehen Sie die Karte noch mal durch.«
    »Sie sollten lieber tun, was sie sagt«, bemerkt der ungeduldige Kunde hinter ihm.
    Martin fährt herum, alle Muskeln angespannt. »Hat Sie jemand um Ihre Meinung gebeten?«
    »Ich muss hier schließlich warten.«
    »Na, dann warten Sie halt noch ein bisschen länger.« Er schnippt ihm die Finger ins Gesicht, um ihn in die Schranken zu weisen, und der Mann zuckt zurück. Martin wendet sich wieder der Kassiererin zu. »So, Sie…«
    Der Stock erwischt ihn in der Seite wie ein ausgefahrener Ellbogen. Einen Herzschlag später reißt ihn die elektrische Ladung vom Tresen weg in einen riesig groß erscheinenden offenen Raum. Er geht zu Boden, der Geruch von verbranntem Gewebe steigt ihm in die Nase.
    Er hört Helen aufschreien. Sieht die Welt verwirrt aus der Froschperspektive. Stiefel vor ihm und aus großer Höhe eine Stimme, die klingt, als würde Pappe zerreißen.
    »Sie sollten jetzt wohl lieber den Laden verlassen, Sir.«
    Der Wachmann zieht ihn hoch und stellt ihn gegen den Tresen. Ein großer Mann, reichlich rund um die Hüften, aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher