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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass
Autoren: Sue Grafton
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während er weiter in den Korridor vordrang. Ich zog die SIG-Sauer, aber der Arzt stand mir in der Schusslinie. Überall schienen weiß gekleidete Menschen herumzustehen.
    Ich schrie: » Tate! « und rannte los.
    Bibianna lag im zweiten Raum. Tate stand bereit, die Pistole in der Hand. Raymond schoss. Ich sah Tate zu Boden gehen.
    Raymond kam zurück, genau auf mich zu.
    Ich hielt die Waffe mit beiden Händen und schrie »Stehenbleiben!«, aber er wusste, dass ich in dieser Situation nicht abdrücken würde. Es standen zu viele Leute herum, um eine Schießerei zu riskieren. Er stieß mich mit der Schulter beiseite und sprintete los, mit klackernden Absätzen zurück durch die Doppeltür und den Korridor hinunter. Er hatte die Pistole noch in der Hand, rannte aber zu schnell, um richtig zielen zu können. Ich stürzte los, warf mich gegen die Doppeltür und setzte ihm hinterher. Köpfe lugten, angelockt von dem Tumult, aus irgendwelchen Türen und verschwanden blitzartig wieder, sobald sie die Pistolen sahen. Raymond kam an eine Tür mit einem AUSGANG-Schild, packte den Knauf, brach sich Bahn und stürmte die Treppe hinunter. Ich erwischte die Tür im Zurückschwingen und stieß sie mit lautem Krachen wieder auf. Ich hörte Raymonds Schritte hastig die Treppenspirale hinunterklappern. Ich stürzte hinterher, immer drei Stufen auf einmal nehmend, um seinen Vorsprung zu verkürzen. Dann hörte ich, wie er den Ausgang ins Freie erreichte. Als er durch die Tür verschwand, löste er eine Alarmglocke aus, die laut zu schrillen begann.
    Ich verdoppelte mein Tempo und stieß die Tür mit der einen Hand auf, während ich mit der anderen die SIG-Sauer hielt. Die plötzliche, blendende Sonne ließ mich zurückprallen. Ich sah Raymond genau vor mir über ein Rasenstück spurten. Wir waren am einen Ende des Krankenhauses, nahe der Arizona Avenue, in einem Viertel aus kleinen Steinhäusern, zwischen denen sich hier und da ein dreistöckiges Gebäude erhob, das noch zur Klinik gehörte. Raymond lief auf die Straße zu, mit fliegenden Beinen und Ellbogen. Ich nahm diffus wahr, dass jemand hinter mir hergerannt kam, hatte aber keine Zeit, mich umzuschauen. Ich holte auf, indem ich meine letzten Reserven mobilisierte. Ich war offensichtlich besser in Form als Raymond, merkte aber, wie meine Lungen pfiffen und brannten. Sechs Tage ohne Training machten sich bemerkbar, aber ich war trotzdem noch ganz schön fit.
    Raymond sah sich kurz um und taxierte die Entfernung, die uns noch trennte. Er feuerte einen Schuss ab, der links von mir in eine Palme schlug. Er versuchte, noch einen Zahn zuzulegen, hatte aber einfach nicht mehr die Kraft dazu. Ich war jetzt so dicht hinter ihm, dass sein keuchender Atem mit meinem eins zu werden schien und seine Absätze fast meine Knie trafen. Ich umklammerte die Pistole ganz fest, schleuderte den Arm nach vorn und stieß sie ihm mit aller Macht in den Rücken. Er stolperte und versuchte wild fuchtelnd, sich zu fangen. Er fiel auf den Bauch, und ich landete mit den Knien voran in seinem Kreuz. Die Luft entwich zischend aus seinem Körper, und die Pistole flog ihm aus der Hand. Ich war sofort wieder auf den Beinen und stand mühsam atmend neben ihm. Er drehte sich um, und ich setzte ihm den Lauf meiner Waffe genau zwischen die Augen. Er hob die Hände und wich zentimeterweise zurück. Ein falsches Zucken, und ich würde diesem Schwein das Gehirn wegpusten. Ich war in Weißglut und völlig ausgerastet. Ich schrie: » Ich bring dich um! Ich bring dich um, du Scheißkerl! «
    Hinter mir sagte eine Stimme: » Keine Bewegung! «
    Ich fuhr herum.
    Es war Luis.
    Die Pistole in seiner rechten Hand war direkt auf Raymond gerichtet. In der linken Hand hielt er eine Polizeimarke.

Nachtrag

    Als ich wieder nach oben kam, um nach Jimmy zu sehen, waren die Sofortmaßnahmen schon angerollt, und binnen einer Stunde lag er auf dem Operationstisch. Es war ein Bauchschuss, der offenbar die Milz zerrissen hatte. Bibianna war auch nicht viel besser dran, aber beide kamen durch. Ob sie hinfort bis an ihr Lebensende glücklich und zufrieden lebten, kann ich nicht sagen, denn das Ganze ist erst drei Wochen her. Ich sauste so schnell wie möglich nach Hause nach Santa Teresa und schaffte es gerade noch rechtzeitig zu Veras Hochzeit am Montag, dem Halloween-Abend. Zum Einkaufen kam ich natürlich nicht mehr, und so musste ich doch auf mein treues Allzweckkleid zurückgreifen, das ich aber für den Anlass perfekt geeignet fand. Vera
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