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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass
Autoren: Sue Grafton
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Unbefugten ist der Zutritt nicht gestattet. Daneben hing ein Telefon an der Wand. Offenbar musste man zuerst anrufen und sich die Erlaubnis einholen, die Station zu betreten. Im angrenzenden Warteraum saßen vier Frauen, die sich unterhielten oder in Illustrierten lasen. Ich erspähte ein Münztelefon, einen Zeitschriftenständer und einen Farbfernseher. Im Flur befand sich ein Trinkwasserbrunnen, und in einer Nische stand die Statue eines Heiligen mit einem nacktärschigen Jesuskind auf dem Arm. Der Fußboden bestand aus quadratischen Gussmarmor-Fliesen mit schmalen Metallstegen dazwischen.
    Luis setzte sich auf eine beige Lederbank. Sein Knie zuckte. Eine Laborassistentin trug ein dickes Röhrchen mit dunkelrotem Blut an uns vorbei. Luis stand auf und ging zur Wand hinüber, um sich in die Besuchszeiten zu vertiefen. Das war das erste Mal, dass ich die beiden in einer Situation erlebte, die sie nicht auf die Macho-Tour bewältigen konnten.
    Genau wie Luis gehörte offenbar auch Raymond zu den Leuten, denen alles, was mit Krankheit zusammenhängt, unheimlich ist. Er war ganz still und respektvoll. Das Gezucke hatte wieder angefangen, und sein Kopfrucken erinnerte mich jetzt an das erschreckte Zusammenfahren, mit dem ich manchmal im Moment des Einschlafens reagiere. Die Krankenhaus-Menschen, die an uns vorbeigingen, schienen ihn mit einem kurzen diagnostischen Blick abzutasten und sich ansonsten nicht mehr darum zu kümmern, als ich es inzwischen tat. Aus seinem Verhalten schloss ich, dass er wohl als Kind im Krankenhaus gewesen war und dort Prozeduren über sich hatte ergehen lassen müssen, die ihn ängstlich und misstrauisch gemacht hatten. Er zog kaum merklich den Kopf ein und vergrub die Hände in den Taschen, während er überlegte, was er jetzt tun sollte.
    Er wollte gerade den Telefonhörer abnehmen, als sich die Doppeltür öffnete und eine Schwester herauskam. Sie war etwa dreißig, rothaarig, mit einem weißen Hosenanzug und dicksohligen weißen Schuhen. Sie trug ein Schwesternabzeichen, aber kein Häubchen. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ja, äh... ich bin... meine Verlobte ist letzte Nacht hier eingeliefert worden. Sie hatte einen Autounfall. Die Polizei hat mir gesagt, dass sie hier ist. Sie heißt Diaz... Ich hab’ gedacht, ich könnte sie vielleicht kurz sehen.«
    Sie lächelte freundlich. »Einen Augenblick bitte. Ich werde nachfragen.« Sie ging weiter zum Warteraum, steckte den Kopf durch die Tür und bedeutete einer der Besucherinnen, ihr zu folgen. Die Frau legte ihre Illustrierte hin und verschwand mit der Schwester hinter der Doppeltür. Ich linste durch die Glasscheiben, konnte aber nichts erspähen als ein weiteres Stück Flur und ganz am Ende einen verglasten Raum voller medizinischer Apparaturen. Die Gestalt, die dort lag, war kaum zu sehen, und ich vermochte nicht zu erkennen, ob es Bibianna war oder nicht.
    Luis trat von einem Fuß auf den anderen und schnippte leise mit den Fingern. »O Mann, das ist mir zu viel. Ich geh’ runter in die Halle. Ihr könnt mich auf dem Rückweg dort wieder auflesen. Vielleicht gibt’s hier ja eine Cafeteria. Dann kann ich solange was essen.«
    »Tu das«, sagte Raymond.
    Luis umschlang seinen Oberkörper mit den Armen. »Soll ich Kaffee herbringen oder so was?«
    »Hau endlich ab, Luis. Mach kein Geschiss.«
    »Vielleicht komm’ ich ja zwischendurch noch mal wieder«, sagte Luis. Er sah mich an und machte dann ein paar Schritte rückwärts, um sich zu vergewissern, dass Raymond keinen ernsthaften Einspruch erhob. Raymond schien mit seinen eigenen Fluchtimpulsen zu kämpfen. Luis drehte sich um und steuerte auf die Aufzüge zu.
    Sobald er verschwunden war, berührte ich Raymonds Arm. »Ich mach’ mich mal kurz auf die Suche nach der Toilette, okay?«
    Die Schwester erschien wieder. »Es wird noch ein paar Minuten dauern. Der Neurologe ist gerade gegangen, aber ich nehme an, er ist noch im Haus. Möchten Sie, dass ich ihn anpiepe?«
    »Äh... ja, wenn Sie so nett wären.«
    »Aber natürlich. Sie können sich auch setzen, falls Sie möchten«, sagte sie mit einer Armbewegung in Richtung Warteraum.
    »Kommt sie denn wieder auf den Damm?«
    »Das kann ich Ihnen wirklich nicht sagen«, erklärte die Schwester. »Sie können mit Dr. Cherbak sprechen, sobald er da ist. Wie war doch gleich Ihr Name?«
    »Maldonado. Ich werd’ einfach hier warten. Ich will keine Umstände machen...«
    »Dort drüben ist ein Automat, falls Sie Kaffee möchten.«
    »Ach, können
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