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Champagnerwillich: Roman

Champagnerwillich: Roman

Titel: Champagnerwillich: Roman
Autoren: Michaela Möller
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1

DIE TANGUY-DIÄT
ODER
WELCHE FARBE SOLLTE MEIN SARG HABEN?
    S ie haben keine tief greifenden Störungen, die in irgendeiner Weise bedenklich wären!«
    »Hab ich nicht?« Ich bin enttäuscht. Keine tief greifenden psychischen Probleme? Keine manischen Depressionen? Wenigstens vielleicht ein klitzekleiner therapeutisch bedenklicher Tick? Also für die erstaunliche Diagnose »Völlig normal« komme ich mir erstaunlich verrückt vor! Und dafür gehe ich zum Psychiater! Ich hätte für die 112 Euro pro Sitzung und die Zerstörung meiner Illusionen doch lieber das fliederfarbene Chiffontop von Prada kaufen sollen.
    »Bis auf …«
    Na bitte. Ich hab’s ja gewusst. In höchster Zufriedenheit sinke ich zurück auf die Couch und fühle mich schlagartig wieder krank. Schwer krank! Bedenklich gestört! Am Rande des Wahnsinns!
    »Bis auf Ihre ausgeprägten externalen Kontrollüberzeugungen, Ihre durchaus problematische Persönlichkeitstheorie und Ihre, mir etwas unerklärliche, Abneigung gegen alles Chinesische!«
    Externale Kontrollüberzeugungen! Das klingt gut. Ob ich damit meine überhöhte Affinität zu Kaufrauschaktionen bei gleich bleibend nicht verfügbaren Ersparnissen entschuldigen kann?
    »Sie neigen dazu, dem Schicksal eine zu große Bedeutung beizumessen. Wissen Sie, nicht jede Gewinnspielreklame, die in Ihrem Briefkasten landet, ist ein schicksalhaftes Zeichen dafür, dass Sie am Wochenende sechs Richtige tippen werden!«
    Hmmm. Das könnte vielleicht stimmen. Ich werde ab jetzt nur noch an Gewinnspielen teilnehmen, bei denen die Zahl 2 angeboten wird. Ich meine, 2 ist meine Glückszahl. Wer will da schon an Zufall glauben?
    »Auch die Tatsache, dass George Clooneys letzte Filmpartnerin den gleichen Vornamen hatte wie Sie, ist kein eindeutiges Zeichen dafür, dass Sie ihn eines Tages heiraten werden.«
    »Nein? Das ist aber schade. Dabei würden wir uns wirklich gut ergänzen. Er ist sozusagen der Mann meiner Träume!«
    »Ich verstehe. Und dabei wären wir schon bei Ihrem nächsten Problem.«
    »Meine Träume?«
    »Nein, Ihre Männer.«
    Etwas irritiert streiche ich mir einen imaginären Fussel vom Kaschmirrock und lausche hinter mir dem kratzenden Füller meines Psychiaters, der hektisch über das Papier fährt.
    »Ich will ja nicht respektlos erscheinen … Aber meinen Sie nicht, es ist etwas realitätsfern, Dinge zu einem Problem zu machen, die in meinem Leben überhaupt nicht existieren?« Allmählich wird mir Herr Schnüttge suspekt. Hat er überhaupt ein Diplom? Kritisch beginne ich, die weißen Wände nach eingerahmten Universitätsabschlüssen abzusuchen.
    »Sie suchen doch wohl jetzt nicht etwa die Wände nach Universitätsabschlüssen ab?«
    Psychiater! Was sind das nur für eigenartige Wesen?
    »Was? Nein! Ich doch nicht! Ich bewundere nur Ihrewunderschöne Ein-Strich-Zeichnung von Pablo Picasso mit diesem doch sehr klangvollen Namen.«
    »Sausage Dog, ja, ein herrliches Meisterwerk, nicht wahr. Ach, übrigens, mein Diplom hängt draußen im Flur über dem Kaffeespender.«
    »Selbstverständlich.«
    »Mögen Sie abstrakte Kunst?«
    »Nein, aber mein Bruder, Gott hab ihn selig, mochte Pablo Picasso, bis er seine Vorliebe für naturalistische Erotik-Fotografie entdeckte.«
    »Ihr Bruder ist gestorben?«
    Mit grüblerischem Blick drehe ich mich zu Herrn Schnüttge um.
    »Nein, bis jetzt noch nicht! Er erfreut sich erstaunlicher Gesundheit.«
    Sollte ich mir Sorgen um das linke, nervös zuckende Auge meines Therapeuten machen? Aha. Ich verstehe. Das ist bestimmt einer dieser psychologischen Tricks, um meine Reaktion zu testen. Und dieses schwermütige Schweigen soll wahrscheinlich auf das tiefste Innere meiner Seele wirken. Gibt es hier eigentlich irgendwo noch ein Kissen?
    »Ist es Ihnen schon mal in den Sinn gekommen, dass Sie Ihre Persönlichkeit über die Anwesenheit beziehungsweise die Abwesenheit eines Mannes in Ihrem Leben definieren?«
    »ICH?« Meine Güte, ich? Reden wir hier gerade von mir?
    »Ist der Gedanke so abwegig?«
    »Absolut.«
    »Nun gut. Lassen Sie uns doch kurz einen Test machen.«
    Bitte, wenn er meint. Ich mag ja auf meine psychischen Störungen bestehen, aber die haben definitiv nichts mit dem anderen Geschlecht zu tun. Als ob man nicht schon genug Ärger mit Männern hätte. Nein, jetzt mischen sie sich auchnoch in meine psychischen Probleme ein. Sollte mir vielleicht erste überzeugende Therapie-Abbruch-Argumente zurechtlegen!
    »Frau Schöneberg, ich nenne Ihnen ein
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