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Drei Engel für Armand

Drei Engel für Armand

Titel: Drei Engel für Armand
Autoren: Jim C. Hines
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Kapitel 1
    Danielle Whiteshore, geborene Danielle de Glas, würde nie eine richtige Prinzessin sein – nicht wenn dieser Titel tatsächlich von ihr verlangte, sich dermaßen viele triviale Einzelheiten zu merken. Sie hatte noch nicht einmal die korrekten Formen der Anrede für menschliche Politiker gelernt, und jetzt erwartete ihr Hauslehrer von ihr, dass sie Des Sterblichen Wegweiser zur Höflichkeit im Elfenland: Navigieren auf dem achtfachen Pfad elfischer Staatskunst bis zum Ende der Woche auswendig lernte?
    Zugegeben, größtenteils trug sie selbst die Schuld daran. Nach ihrer Hochzeit hatte der Truchsess des Königs ihr einen Koffer voller Schriftrollen und Bücher überreicht: »Zum Studium während Eurer Rundreise durch Lorindar.«
    Drei Monate lang hatte dieser Koffer Staub angesetzt, während sie und Prinz Armand durchs Königreich reisten. Sie hatte ja versucht zu lernen, aber es gab so viel zu sehen! Die alte Küstenstraße nach Colwich mit dem Meer auf der einen und den schneebedeckten Eichen auf der anderen Seite. Die Brücke nach Emrildale, vor Jahrhunderten von Zwergen ohne eine Spur von Mörtel errichtet. Einzig das Gewicht der behauenen Quader hielt die großen Bögen oben.
    Mit Armands Hilfe hatte Danielle genug gelernt, um sich nicht zu blamieren, als sie verschiedenen Lords und Ladys vorgestellt wurde. Den Unterschied zwischen einem Viscount und einem Baron konnte sie sich zwar immer noch nicht merken, doch solange sie nur kleinere Fehler beging, wagte niemand sich zu beschweren.
    Was die Nächte betraf … ihre Wangen wurden warm. Nur so viel sei gesagt, dass sie sehr wenig Zeit damit verbracht hatte, Bücher zu studieren. Die zusätzlichen drei Tage Aufenthalt in South Haven, die ihnen die heftigen Schneefälle aufgenötigt hatten, waren pädagogisch ganz besonders wertvoll gewesen.
    Bei der Erinnerung daran musste Danielle lächeln. Sie nahm ein weiteres Buch vom Nachttisch. Wahllos schlug sie eine Seite auf und las:
    Fröne nicht im Übermaß dem Weine oder Bier.
    Greif nicht an die Nase,
    kratz nicht an der Blase,
    und bald schon werden alle sagen:
    »Eine Dame sitzet hier.«
    Danielle schlug das Buch zu und warf es dem ersten Band hinterher. Noch mehr davon und sie wäre bereit, wieder zum Fußbodenschrubben und Essenkochen für ihre Stiefschwestern zurückzukehren.
    Sie stand auf und rieb sich die Augen. Die glänzenden schwarz-weißen Platten fühlten sich kühl an unter ihren Füßen. Die Brise, die durch das offene Fenster hereinwehte, führte den feuchten, salzigen Geschmack des Meeres mit sich.
    Sie rümpfte die Nase. Die Brise trug auch den schwachen Geruch von Dung aus den Gärten unten herein.
    Danielle ging zum Fenster und kniete sich auf eine gepolsterte Bank, die mit irgendeinem königlichen Wappen bestickt war. Dieses hier zeigte ein blaues Einhorn und einen grünen Vogel, der wie ein aufgeblähtes Huhn aussah.
    Sie stieß das Fenster auf und strich mit den Fingern über die wellige Oberfläche der Scheiben. Winzige Flecken verunzierten das Glas: Eisenfeilspäne, die bei der Herstellung der Scheiben in das Gemisch gestreut worden waren. Von Feenglas hieß es, dass es einen Raum vor Elfenmagie schützen sollte, aber in Wirklichkeit beeinträchtigte Eisen nur die allerschwächsten Flüche. Trotzdem gab es genug Leute, die einen solchen Schutz wollten, sodass Danielles Vater ziemlich viele Jahre lang nicht über schlecht gehende Geschäfte klagen konnte.
    Sie lächelte, denn sie musste an eins der letzten Stücke ihres Vaters denken, ein Fenster, das er für Duke Rokan von Little Hill angefertigt hatte. Nur Feilspäne, die wie Pfeffer in das Glas gestreut wurden, waren nicht genug für Rokan. Ganze zwei Wochen lang hatte Danielles Vater daran gearbeitet, Dutzende winziger Eisenkreuze auszurichten und gleichmäßig über das Glas zu verteilen. Danach wurde eine zweite Glasschicht über die erste gebrannt.
    Danielle war damals erst acht Jahre alt gewesen, aber sie erinnerte sich so deutlich an das fertige Fenster, dass sie fast die Hand ausstrecken und es berühren konnte. Keine einzige Blase, keine noch so kleine Unebenheit hatte das Glas verunstaltet. Bei flüchtiger Betrachtung schienen die Kreuze innerhalb des Rahmens in der Luft zu schweben.
    Ein lautes Gurren holte sie in die Gegenwart zurück. Sie lehnte sich aus dem Fenster und drehte den Kopf nach oben, bis sie mehrere graue Tauben und eine alte weiße auf den grünen Kupferdachrinnen erblickte, die sämtliche Dächer von
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