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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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die verborgene Dramaturgie unseres Showdowns erraten haben, nicht wahr?«
    Tannenberg starrte ihn weiterhin mit panisch aufgerissenen Augen an.
    »Exakt eine Sekunde nach Mitternacht werden wir beide Ihnen zeitgleich zwei Kugeln in den Kopf jagen. Und zwar genau wie damals aus einem Jagdgewehr. Damit Sie dasselbe Schicksal ereilt, wie es mein armer Zwillingsbruder erleiden musste. Aber vorher sollten Sie noch schnell Ihr letztes Rätsel lösen.« Mit lauter Stimme wandte er sich an seinen Komplizen. »Alex, schick ihm die MMS.«
    Alexander Fritsche zückte sein Handy und hantierte daran herum. Unterdessen zog Jens Tannenbergs Handy aus dessen Sakko, kontrollierte, ob es auch eingeschaltet war, und drückte es ihm anschließend in die gefesselte rechte Hand.
    Zitternd tippte Tannenberg auf die entsprechende Taste. Auf dem Display erschien ein Digitalfoto: Es zeigte ein vergittertes Kellerfenster, in das zwei Schläuche eingelassen waren. Die beiden Gartenschläuche führten in verschiedene Richtungen von der Hauswand weg.
    Natürlich war Tannenberg sofort klar, was dies bedeutete: eine Verdopplung der Wassermenge und damit eine Halbierung der Füllzeit des Kellerraums. Er brauchte nicht lange nachzurechnen: Die Zeit war bereits abgelaufen.
    »Da staunen Sie jetzt aber, was? Man sollte Fotos eben grundsätzlich nicht trauen. Die können ganz leicht manipuliert werden. Einfach wunderbar, dass dieses schöne Häuschen zwei Außenwasserhähne besitzt, meinen Sie nicht auch? Nach meiner Berechnung wurde Emmas Verlies bereits um 22 Uhr 30 vollständig geflutet.«
    Tannenberg versuchte zu schreien. Aber aufgrund des Klebebandes hörte man nur ein kehliges Stöhnen, das von hochtonigem Jaulen unterbrochen wurde. Wie von Sinnen riss er an den Handfesseln, schleuderte die Beine in Richtung seiner Peiniger und trat wie ein wild gewordenes Pferd nach ihnen. Der Oberkörper schlug zurück auf die Felswand. Ein höllischer Schmerz fuhr ihm in alle Glieder.
    Mit gemächlichen Schritten schlenderten Jens Rombach und Alexander Fritsche zurück zu ihrem Auto. Jens schaltete das Fernlicht wieder ein. Nun standen die beiden wie Zwillinge gekleideten Männer links und rechts neben den grellen Halogenscheinwerfern. Der riesige Sandsteinfelsen wurde in gleißendes Licht getaucht.
    Tannenberg hatte das Kinn zur Brust hin abgesenkt. Sein willenloser Körper hing schlaff in den Seilen. Er hatte sich seinem unausweichlichen Schicksal ergeben. Ja, er sehnte sogar seinen Tod herbei. Er wollte nicht mehr weiterleben.
    Emma ist tot, hörte er eine kreischende Stimme in seinem Kopf.
    Und ich ganz allein bin schuld daran.
    Das abgekartete Spiel dieser Psychopathen hatte von vornherein nichts anderes im Sinn, als Emma und mich zu vernichten.
    Nie hatte Emma auch nur den Hauch einer Überlebenschance.
    Sie war gleichermaßen Köder und Opfer dieses irrsinnigen Rachefeldzuges.
    Die beiden Männer legten die Flinten an und nahmen mit ihren Zielfernrohren Tannenbergs Kopf ins Visier.
    Wie sonst nur an Silvester zählte Jens Rombach mit Seitenblick auf seine Armbanduhr die letzten Sekunden des zu Ende gehenden Tages laut herunter: »Fünf, vier, drei, zwei, eins.«
    Zwei nahezu zeitgleiche Schüsse peitschten durch die Mondnacht und erzeugten einen gespenstischen Halleffekt.
    Alles vorbei, war Tannenbergs letzter Gedanke.

Freitag, 9. August
    24 Uhr
     
    Leuchtstarke Scheinwerfer verwandelten den Waldparkplatz zu einer beleuchteten Freilichtbühne. In Kampfanzüge gehüllte SEK-Einsatzkräfte stürmten die Hänge herunter, vom Naturfreundehaus her hörte man Stimmengewirr und lautstarke Kommandoschreie.
    Als Dr. Schönthaler am Ort des Geschehens eintraf, hechtete er sofort zu seinem leblos in den Gurten hängenden Freund. Ein routinierter Gerichtsmedizinerblick genügte: Tannenberg wies keinerlei äußere Verletzungen auf. Er war nur ohnmächtig. Rainer Schönthaler tätschelte ihm die Wangen, während er vorsichtig die Klebebänder von seiner Mundpartie zog.
    Blinzelnd schlug Tannenberg die Augen auf.
    »Dreht mal das verdammte Licht runter«, blaffte der Pathologe in Richtung der Scheinwerfer.
    »Was ist passiert?«, hauchte Tannenberg. »Was ist mit Emma?«
    »Du bist unverletzt. Das SEK hat die beiden Irren erschossen«, berichtete Dr. Schönthaler im Telegrammstil. Er zuckte mit den Schultern. »Was mit Emma ist, weiß ich leider nicht. Haben die dir nicht gesagt, wo sie ist?«
    Michael Schauß befreite derweil seinen Chef von den
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