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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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behauptete Jens, der nun direkt neben Fritsche stand.
    Erst jetzt bemerkte Tannenberg etwas, das ihm nun vollends die Sprache verschlug. Er traute seinen Augen nicht: Beide Männer trugen die gleiche sommerliche Kleidung, ja sogar identisch anmutende Sandalen. Da sie zudem in etwa die gleiche Körpergröße hatten, sahen sie auf den ersten Blick tatsächlich aus wie Zwillinge.
    »Ein schöner Gag, unser Outfit, finden Sie nicht?«, meinte Jens. Als der versteinerte Kriminalbeamte nicht umgehend reagierte, schob er nach: »Wir wollen damit zum Ausdruck bringen, dass wir Zwillinge sind – und zwar im Geiste.«
    »Du weißt sicherlich, warum wir das sind, oder?«, fragte Alex.
    Tannenberg schüttelte lethargisch den Kopf.
    »Dann sag ich es dir.« Die Stimme des Stalkers klang mit einem Mal weitaus bedrohlicher und entschlossener als noch Sekunden zuvor: »Auch mir hast du einen wesentlichen Teil meiner Seele geraubt. Nicht meinen Zwillingsbruder, nein, das nicht. Aber du hast mir trotzdem denselben Schmerz zugefügt, denn du hast mir die Liebe meines Lebens weggenommen. Den Menschen, der mir am meisten bedeutet auf der ganzen Welt. Den einzigen Menschen, den ich abgöttisch liebe.«
    Wolfram Tannenberg war immer noch völlig durcheinander. Mann, reiß dich am Riemen und kämpfe! Es geht um Emmas Leben!, schimpfte seine innere Stimme.
    Er schluckte hart, dann sagte er: »Ihr beiden habt also von Anfang an gemeinsame Sache gemacht.« Er stieß Luft durch die Nase und schnaubte dabei. »Ich glaub es einfach nicht.« Er ließ seinen fassungslosen Blick von dem einen Mann zum anderen hüpfen. »Aber wie habt ihr denn überhaupt voneinander erfahren?«
    »Allmählich enttäuschen Sie mich aber gewaltig«, entgegnete Jens. »Das ist doch nun wahrlich nicht schwer zu rekonstruieren. Ich habe natürlich alle möglichen Erkundigungen über Sie eingezogen. Unter anderem im Archiv Ihrer Lokalzeitung. Und da bin ich eben auch auf die Berichte über Alexanders Anschlag auf Sie gestoßen. Da war mir klar: Das ist genau der richtige Mann, den ich für meinen Plan brauche.«
    »Dann hat er Kontakt zu mir aufgenommen«, riss Alexander Fritsche das Wort an sich. »Ich war natürlich sofort hellauf begeistert von seinem Vorhaben. Wir haben dann gemeinsam überlegt, wie wir dich wohl am besten bestrafen könnten. Unser Hass auf dich hat unsere Kreativität richtiggehend beflügelt. Wie fandest du eigentlich diese Todesanzeigen? Das war nämlich meine geniale Idee«, prahlte der Stalker.
    Tannenberg schwieg.
    »Oder diese netten Überraschungspäckchen. Das habe ich ausgeheckt«, ergänzte Jens mit stolzgeschwellter Brust.
    Jens Rombach blickte auf die Uhr. »Gleich fünf vor zwölf. Welch eine symbolträchtige Uhrzeit! Wir müssen uns ein wenig beeilen.« Einige Sekunden grinste er dem gefesselten Kriminalbeamten frech ins Gesicht, dann fuhr er fort: »Denn die Zeit der Abrechnung naht. Sie wissen, welcher Tag in fünf Minuten beginnt?« Ohne auf Tannenbergs Reaktion zu warten, fügte er an: »Der 9. August. Sie wissen, was das für ein Datum ist?«
    »Lars Mattissens Todestag«, seufzte Tannenberg.
    »Richtig. Und an dem haben wir noch einiges mit Ihnen vor.«
    »Und was?«
    »Sie können es wohl kaum erwarten.«
    Alex lehnte sein Jagdgewehr an den Felsen und hob einen Jutesack auf, der von Tannenberg bislang völlig unbeachtet ein paar Schritte von ihm entfernt auf dem Waldboden lag. Er entnahm ihm eine Rolle Paketband, begab sich zu seinem Erzfeind und klebte ihm zwei Stücke davon über den Mund. Als er damit fertig war, trat er zurück. Nun begab sich Jens zu Tannenberg und flüsterte ihm ins Ohr: »Natürlich haben wir in unseren Plan einkalkuliert, dass die Bullen uns hier eine Falle stellen werden.«
    Ohne den Kopf merklich zu bewegen, wanderten seine Augen kurz nach beiden Seiten. Dabei sagte er: »Uns ist durchaus bekannt, dass diese Steilhänge mit Scharfschützen gespickt sind.«
    Danach fixierte Jens sein Gegenüber abermals mit einem eiskalten, überheblichen Blick. »Selbstverständlich haben wir Ihnen unterstellt, dass Ihnen irgendetwas in der Art einfallen würde. Eher haben wir uns die ganze Zeit über gewundert, dass Sie uns so lange so überaus diszipliniert gehorcht haben.«
    Emmas Entführer lachte hämisch. »Na ja, wie heißt es so schön: ›Angst essen Seele auf.‹ Habt ihr Wichte denn wirklich gedacht, ihr könntet uns eine Falle stellen? Ihr seid uns in die Falle getappt. Denn selbst Sie dürften inzwischen
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