Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Relikt

Das letzte Relikt

Titel: Das letzte Relikt
Autoren: Robert Masello
Vom Netzwerk:
Prolog
    Lago d’Averno, Italien
    Träge tanzte das Boot auf dem Wasser, die Wellen schlugen leise an seine Seiten. Kevin lag auf dem Deck und sog die Sonnenstrahlen auf. Eine Hand umfasste die Bierdose, die Füße hatte er gegen das aufgerollte Segel gestützt. Davon hatte er seit Tagen geträumt. Während des endlosen Probe-Essens mit den dämlichen Trinksprüchen, während der aufwendigen Hochzeit und dem noch aufwendigeren anschließenden Empfang im Country Club von Great Neck. Selbst danach. Als er die Glückwünsche der Gäste entgegennahm und Leuten die Hände schüttelte, die er nie zuvor gesehen hatte und wahrscheinlich auch nie wieder sehen würde, zählte er die Stunden, bis er endlich würde entrinnen können. Er konnte an nichts anderes denken als an den Moment, in dem Jennifer und er endlich allein sein würden. Allein an einem Ort, an dem es keine Bands gab, keine Tänze, keine Torten, die angeschnitten, Geschenke, die gewürdigt, oder Fremde, die begrüßt werden mussten.
    Und jetzt war er zweifelsohne dort.
    Auf dem Flug vom Kennedy Airport nach Rom hatte er fast die ganze Zeit geschlafen. Erst auf dem kürzeren Anschlussflug nach Neapel hatte er sich endlich gefühlt, als sei er tatsächlich auf dem Weg in die Flitterwochen. Jennifer und er hatten es geschafft, zwei nebeneinanderliegende Plätze am Gang zu ergattern. Unter der roten Alitalia-Decke alberten sie zum ersten Mal auf – oder zumindest
über
 – einem anderen Kontinent herum.
    »Europa und Nordamerika sind abgehakt«, hatte Jennifer lächelnd geflüstert. »Fehlen also nur noch fünf Kontinente.«
    »Ich rufe das Reisebüro an, sobald wir wieder zurück sind«, erwiderte Kevin.
    Das Mietboot gehörte zum Gesamtpaket der Reise dazu. Es war nicht so schön wie diejenigen des Country Clubs, mit denen Kevin regelmäßig segelte, aber es hatte alles, was sie brauchten – eine Kühlbox, einen CD -Player und einen Schrank, gefüllt mit allem Notwendigen von Sonnencreme bis Kondome (die Italiener dachten einfach an alles). Sie hatten drei Tage am See, um sich zu entspannen und richtig anzukommen, ehe es weiterging nach Venedig. Zum Glück zahlten Jennifers Eltern die Rechnung.
    Er hörte es spritzen, und kaltes Wasser traf ihn im hohen Bogen an den Beinen.
    »Komm schon!«, rief Jennifer neben dem Boot. »Willst du dich etwa gar nicht bewegen?«
    Kevin drehte sich um und stützte sich auf den Ellenbogen. Jennifer paddelte in ihrem hellroten Bikini in dem azurblauen See. Ihr langes braunes Haar breitete sich über den Schultern aus.
    »Warum kommst du nicht zurück an Bord?«, sagte er. »Wir können uns auch hier bewegen.«
    »Das ist aber kein Aerobic.«
    »Es wäre es, wenn du es richtig machen würdest.«
    Jennifer lachte, dann entfernte sie sich paddelnd vom Boot. Kevin beobachtete, wie sie gemächlich auf die zerklüfteten grauen Klippen zuschwamm, welche die Bucht umgaben, in der sie ankerten. Er trank das Bier aus und warf die Dose in die Kühlbox, dann stand er auf und streckte sich. Schwimmen war vielleicht gar keine so schlechte Idee.
    Er ging am Mast vorbei und nahm sich eine Sekunde Zeit, um sich gegen den Schock des kalten Wassers auf seiner heißen Haut zu wappnen. Schließlich vollführte er einen perfekten Kopfsprung in den See. Das Wasser war sogar noch kälter als erwartet. Prustend tauchte er wieder auf und wischte sich die nassen Haare aus den Augen.
    »Hier bin ich!«, rief Jennifer.
    Kevin blickte sich um, doch alles, was er erkennen konnte, war das Aufleuchten ihres roten Bikinis irgendwo rechts von ihm. Er begann, darauf zuzuschwimmen. Das Wasser war so klar, dass er seine Arme sah, wenn sie es durchschnitten.
    »Du kommst
nie
darauf, was ich gefunden habe.«
    »Atlantis?«, sagte er.
    »Vielleicht.«
    Als er sich ihr näherte, gewöhnte er sich allmählich an die Wassertemperatur. In ein oder zwei Minuten könnte es sich tatsächlich erfrischend anfühlen. Jetzt konnte er erkennen, dass Jennifer vor einer kleinen Höhle in den Klippen Wasser trat. Zerklüftete graue Felsen ragten über den Eingang.
    »Sieh mal«, sagte sie, »man kann hineinsehen.«
    Kevin schwamm an ihre Seite und hielt sich an einem überhängenden Felsen fest. Sie hatte recht. Das Sonnenlicht, das auf dem Wasser glitzerte, wurde in der engen Grotte reflektiert. Etwas in ihrem Inneren, möglicherweise ein phosphoreszierendes Mineral, ließ die Wände funkeln, als seien sie mit Millionen winziger Diamanten bedeckt.
    »Sieh nur, wie es funkelt«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher