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Kinder des Sturms

Kinder des Sturms

Titel: Kinder des Sturms
Autoren: Roberts Nora
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einer alten, ehrwürdigen Tradition.«
    »Oh, das hört er sicher gerne.« Strahlend klemmte sich Brenna das leere Tablett unter den Arm. »Ich mache ein bisschen für dich weiter, Jude. Fang du schon mal mit dem Erzählen an. Ich habe die Geschichte inzwischen oft genug gehört.«
    »Sie hat genug Energie für zwanzig Leute.« Ein bisschen müde griff Jude nach ihrer Tasse Tee.
    »Ich bin froh, dass ich sie für das Projekt gefunden habe. Oder dass sie mich gefunden hat.«
    »Ich würde sagen, es war ein wenig von beidem, denn Sie und Brenna sind beide nicht die Typen, die lange abwarten.« Sie zuckte zusammen. »Das habe ich nicht negativ gemeint.«
    »So habe ich es auch nicht verstanden. Und, strampelt das Baby gerade? Sie haben so einen ganz bestimmten Blick«, erklärte Trevor seine Frage. »Meine Schwester hat gerade ihr drittes Kind bekommen.«
    »Ihr drittes?« Jude atmete hörbar aus. »Es gibt Augenblicke, in denen ich mich frage, wie ich je auch nur mit einem fertig werden soll. Das Kerlchen ist jetzt schon fürchterlich aktiv. Aber es wird trotzdem noch ein paar Monate warten müssen.« Sie strich sich langsam mit der Hand über den Bauch. »Sie wissen es vielleicht nicht, aber bis vor einem guten Jahr habe ich noch in Chicago gelebt.«
    Er machte ein unverbindliches Geräusch. Natürlich wusste er genau Bescheid, denn schließlich hatte Finkle in seinen Berichten jede noch so geringfügige Kleinigkeit erwähnt.
    »Ich hatte die Absicht, für sechs Monate herzukommen und in dem Cottage zu wohnen, in dem meine Großmutter nach dem Tod ihrer Eltern gelebt hatte. Sie hatte es von ihrer Cousine Maude geerbt, die, kurz bevor ich hierher kam, gestorben war.«
    »Die Frau, mit der mein Großonkel verlobt war.«

    »Ja, genau. An dem Tag, als ich hier ankam, hat es fürchterlich geregnet. Ich dachte, ich hätte mich verfahren. Und zwar mehr als nur im geographischen Sinn. Ich war nervlich vollkommen am Ende.«
    »Sie kamen ganz allein in ein völlig fremdes Land?« Trevor neigte den Kopf zur Seite. »Das klingt aber nicht gerade nach allzu schwachen Nerven.«
    »Das hätte Aidan auch so sagen können.« Und weil es wirklich stimmte, empfand sie es als tröstlich. »Ich nehme an, ich wusste zu dem Zeitpunkt einfach nicht, welche Kräfte in mir ruhten. Auf alle Fälle bog ich in die Einfahrt dieses kleinen Häuschens mit dem hübschen strohgedeckten Dach ein. Und hinter dem oberen Fenster sah ich eine Frau. Sie hatte ein liebliches, wenngleich trauriges Gesicht und weizenblonde Haare, die ihr um die Schultern fielen. Sie sah mir mitten ins Gesicht. Dann kam Brenna angeprescht. Scheint, als wäre ich rein zufällig über mein eigenes Cottage gestolpert und als wäre die Frau, die ich gesehen hatte, Lady Gwen gewesen.«
    »Der Geist?«
    »Genau. Klingt ziemlich fantastisch, nicht wahr? Oder zumindest unvernünftig. Aber ich kann Ihnen genau sagen, wie sie aussah. Ich habe sie gezeichnet. Und ich hatte bei meiner Ankunft von der Legende ebenso wenig gehört wie Sie anscheinend auch.«
    »Aber ich würde sie gern hören.«
    »Dann werde ich sie Ihnen jetzt erzählen.« Jude machte eine Pause, als Brenna zurück an den Tisch kam und sich über ihre Suppe hermachte.
    Sie war tatsächlich eine gute Erzählerin, bemerkte Trevor. Sie sprach in einem weichen, natürlichen Rhythmus, der den Zuhörer in die Geschichte einbezog. Sie erzählte ihm von einem jungen Mädchen, das in dem Cottage auf dem Feenhügel gelebt hatte. Einem bescheidenen jungen Mädchen, das, nachdem die Mutter im Kindbett gestorben war, den Vater liebevoll
versorgte und das Häuschen und den Garten in Ordnung hielt.
    Unter dem sanft ansteigenden grünen Hügel lag der silberne Palast der Feen, in dem Carrick als Prinz regierte. Er war ein stolzer, attraktiver Bursche mit fließendem rabenschwarzen Haar und leuchtend blauen Augen. Der Blick dieser Augen fiel auf die junge Gwen, und sie erwiderte ihn kühn.
    Feenprinz und junges Mädchen verliebten sich unsterblich ineinander, und nachts, wenn alle anderen schliefen, flog er mit ihr zusammen auf seinem geflügelten weißen Schlachtross hoch in den dunklen Himmel. Sie sprachen niemals über ihre Liebe, denn der Prinz blockte die Worte ab. Eines Nachts wurde Gwens Vater wach, sah, wie sie mit Carrick von seinem weißen Pferd stieg, verlobte sie aus Sorge um ihr Wohlergehen mit einem anderen Mann und befahl ihr, diesen umgehend zu heiraten.
    Carrick flog auf seinem Ross zur Sonne und sammelte die brennenden
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