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2484 - Koltorocs Atem

2484 - Koltorocs Atem

Titel: 2484 - Koltorocs Atem
Autoren: Horst Hoffmann
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Wir waren naiv. Wie hatten geglaubt, vor KOLTOROCS Augen treten zu können, seinen Atem zu spüren. Dort, wo der Wald seinen Namen flüstert. Wo alles seine furchtbare Präsenz atmet. Ich war überzeugt gewesen, in KOLTOROCS Angesicht bestehen zu können, weil es mir mit Atlan schon einmal gelungen war; diesmal zu wissen, wie wir mit ihm umzugehen hatten.  Nichts wussten wir!
     
    1.
    20. Oktober 1347 NGZ
    Win-Alpha
    »Nein«, sagte er. Es tut mir leid, aber das kann ich nicht unterstützen.«
    Sie starrte ihn an, eine Sekunde lang, zwei. Ihre Blicke maßen sich, als seien sie scharfe Waffen. Dann stand die Kartanin auf und drehte sich zur Tür.
    Don Kerk'radian betätigte für sie den Öffner. Dao-Lin-H'ay hörte den Laut der auffahrenden Sperre, die sie und diese Kabine vom Rest des Schiffes trennte. Damit wurde sie hinausgewiesen aus der künstlichen Abgeschiedenheit abseits vom Bordbetrieb, von jenem Ort, auf dem ihre letzten Hoffnungen geruht hatten.
    Ihre Augen waren geschlossen. Sie wusste, dass sie jetzt nur einen Schritt zu machen brauchte, und ihre Demütigung wäre vorbei. Sie hatte sich erniedrigt, war als Bittstellerin zurück an Bord der SOL-Zelle-1 gekommen.
    Dorthin, wo sie einmal das Sagen gehabt hatte. Wo alle anderen mit ihren Bitten und Nöten zu ihr gekommen waren.
    Ein Schritt nur, und sie wäre frei. Konnte gehen. Dann hatte sie es immerhin noch einmal versucht.
    »Es geht nicht um mich, verdammt!« Sie wandte sich zurück, den Blick fest auf Kerk'radian geheftet. Sie konfrontierte ihn auf seinem ureigensten Territorium. »Und schon gar nicht will ich dir etwas wegnehmen, Don! Diese Zelle ist dein Schiff, und ich wäre die Letzte, die daran etwas ändern oder dir in deine Arbeit hineinreden wollte. Ich habe mehr als genug mit der Leitung des Stützpunkts zu tun und ...«
    »Hast du das, ja?«, unterbrach er sie.
    Sie war auf halbem Weg zu ihm stehen geblieben, in katzenhaft geduckter Haltung, bis nur noch ein letzter kurzer Sprung sie trennte. Ihre schlanken Hände waren erhoben, wie um im nächsten Moment die Krallen auszufahren und ihm ins Gesicht zu schlagen.
    Don Kerk'radian war ein Hüne und ein Haudegen, wie er im Buche stand. Der energische, immer entschlossene Oberst, ein Vorbild in Aktion und Kampf und ...
    ... trotz alledem tief drinnen ein kleiner Junge. Sie kannte ihn, er konnte ihr längst nichts mehr vormachen.
    Aber umgekehrt sie ihm auch nicht.
    Dao gab einen Seufzer von sich und setzte sich wieder ihm gegenüber hin. »Du kennst die Situation. Win-Alpha dient zwar als Standort der RICHARD BURTON, des Hangay Geschwaders und der SOL-Zellen, wovon jedoch nur die beiden Zellen für Fernerkundung geeignet sind. Alle anderen Schiffe des Geschwaders sind ebenso wie die BURTON an diesen Ort gefesselt, weil sie in Hangay keine Zielflüge unternehmen können. Das ist reine Ressourcenvergeudung, Don!«
    »Ich widerspreche dir nicht«, erwiderte der Oberst. »Die Situation ist für uns - insbesondere für dich - in höchstem Maße unbefriedigend. Dennoch muss ich dein Ersuchen ablehnen, dir die SZ-1 zur Verfügung zu stellen. Und zwar aus ökonomischen wie strategischen Gründen. Ich bin sicher, du kennst sie selbst gut genug. Würdest du als Verantwortliche die Hälfte deiner einsatzfähigen Schiffe von einem sehr verletzlichen Hauptquartier inmitten von Feindgebiet abziehen?«
    Dao leckte sich die Lippen. »Nein, natürlich nicht ... « Sie verstummte und erinnerte sich daran, wie sie vor einer Zeit, die wie eine Ewigkeit schien, als Kommandantin der Pin-wheel-Kartanin auf die weit überlegenen Schiffe der Galaktiker getroffen war ... Hatte sie damals ebenso gezögert? Und dann wusste sie es.
    »Doch! Genau das würde ich tun -wir müssen in Bewegung bleiben, bluffen, verunsichern und vor allem Informationen sammeln.«
    Kerk'radian seufzte.
    »Wir sprechen hier nicht über irgendwelche Abenteuerflüge. Wir sind das letzte Aufgebot der Milchstraße!  Wir dürfen uns keine kapriziösen Verrenkungen leisten!«
    »Das sind keine Abenteuer!«, fauchte sie. »Und hör bitte auf, so melodramatisch daherzureden, das verfängt bei mir nicht.«
    »Na schön!« Der Oberst zögerte kurz. »Aber du musst auch verstehen, dass dein Plan unsere Position schwächt. Divide et impera, das hat die Kolonne schon in der Milchstraße als wichtigstes Instrument eingesetzt.«
    Sie schwiegen, sahen einander an und wussten, dass dies kein Pokerspiel war. Kerk'radian war aufrichtig. Es ging weder um persönliche
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