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Kinder des Sturms

Kinder des Sturms

Titel: Kinder des Sturms
Autoren: Roberts Nora
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aus ihr herauszuspringen und sich auf die Menschen zu stürzen, die sie am meisten liebte.
    Um ihrer selbst und auch um ihrer Freunde und Verwandten willen hatte sie ganz einfach ein paar Tage fortfahren müssen. Die innere Unruhe war dadurch nicht vollkommen erstorben, doch das Knurren und das Krallenwetzen des Untiers hatte sich – zumindest für den Augenblick – gelegt.
    Tatsache war, sie war froh, wieder zu Hause zu sein, und sie freute sich bereits darauf, ihre Familie, ihre Freunde, alles, was ihr teuer war, wieder zu sehen und ihnen von all dem zu erzählen, was sie während der wunderbaren letzten sieben Tage gesehen und getan hatte.
    Doch jetzt stand sie am besten erst mal auf und schuf eine gewisse Ordnung. Sie war so spät heimgekommen, dass sie nur noch ihre Taschen hatte öffnen und sich über den Anblick all der neuen Dinge hatte freuen können. Jetzt jedoch musste sie sie einräumen und die Geschenke für die anderen verstauen, denn sie war eine Frau, die keine Unordnung vertrug.
    Ihre Familie hatte ihr gefehlt. Trotz der Freude an allem, was sie gesehen und unternommen hatte, trotz der Begeisterung darüber, tatsächlich in Paris zu sein, hatten ihr die anderen bereits nach kurzer Zeit gefehlt. Sie fragte sich, ob es sie mit Scham erfüllen sollte, dass sie darauf nicht gefasst gewesen war.
    Sie konnte nicht behaupten, dass ihr die Arbeit, das Schleppen der schweren Tabletts, das Zapfen unzähliger Pints, gefehlt hätte. Es war wundervoll gewesen, zur Abwechslung einmal selbst bedient zu werden. Jetzt aber konnte sie es kaum erwarten, hinunterzugehen und zu sehen, wie man im Pub ohne sie ausgekommen war. Selbst wenn das bedeutete, dass sie dann den Rest des Tages nicht mehr zur Ruhe kam.
    Sie räkelte sich genüsslich, streckte ihre Arme in die Luft, ließ den Kopf nach hinten sinken und konzentrierte sich auf das Wohlgefühl, das die Bewegung ihres Körpers in ihr wachrief. Sie war eine Frau, die mit ihren Gefühlen ebenso besonnen umging wie mit ihrem Geld.
    Erst als sie aus dem Bett stieg, wurde ihr bewusst, dass das beständige Rumoren draußen kein Donnergrollen war.
    Die Bauarbeiten, erinnerte sie sich. Wäre es nicht herrlich, diesen Lärm von nun an jeden Vormittag zu hören? Sie stieg in ihren Morgenmantel und trat ans Fenster, um zu schauen, welche Fortschritte man in ihrer Abwesenheit erzielt hatte.
    Sie hatte keine Ahnung von derartigen Dingen, doch das, was sie unter ihrem Fenster sah, wirkte wie ein fürchterliches, von einer Horde halb verrückter Witzbolde verursachtes Chaos. Riesige Steinhaufen, tiefe Furchen in der Erde, eine breite Betonfläche am Boden eines Lochs. An den Ecken wurden gedrungene Abschlussblöcke aufgestellt, aus deren Spitzen Metallspeere in die Luft ragten, und ein enormer, hässlicher Lastwagen knirschte unablässig lärmend vor sich hin.
    Die meisten der in groben Kleidern und dreckigen Stiefeln steckenden Arbeiter waren offenbar dabei, das Durcheinander noch weiter zu vergrößern.
    Inmitten des Treibens erblickte sie Brenna, die – ihre grauenhafte Kappe auf dem Kopf, die Stiefel beinahe bis zu den Knien mit dickem Schlamm bespritzt – wie eine Feldherrin das Ganze überblickte. Der Anblick ihrer alten Freundin und jetzigen Schwägerin wärmte ihr das Herz.

    Es hatte sie beschämt und beschämte sie noch heute, dass zwei der Gründe für ihre überstürzte Reise die Hochzeit von Brenna und Shawn sowie die ungeduldig für Ende des Sommers erwartete Geburt des ersten Babys ihres ältesten Bruders Aidan und seiner Frau Jude gewesen waren. Oh, sie freute sich für sie, hätte nicht glücklicher darüber sein können, dass sich ihrer aller Träume erfüllt hatten. Doch je zufriedener sie alle in ihren Beziehungen waren, umso unzufriedener und unruhiger wurde sie selbst.
    Am liebsten hätte sie die Faust geballt, in die Luft gereckt und laut gerufen: Wo ist mein Mann? Wann treffe ich endlich den mir vorherbestimmten Mann?
    Es war egoistisch, dachte sie, und es war eine Sünde, doch sie konnte einfach nichts dagegen tun.
    Tja, jetzt war sie wieder hier, und sie hoffte, dass es ihr wieder besser ging als vor der überstürzten Flucht.
    Darcy beobachtete, wie ihre Freundin über die Baustelle marschierte und einem der Arbeiter beim Errichten eines der riesengroßen Blöcke half. Sie ist ganz in ihrem Element, dachte Darcy. Zufrieden wie ein Welpe mit einem großen Knochen. Sie erwog, das Fenster aufzumachen, sich hinauszulehnen und hallo zu rufen, dann jedoch
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