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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht
Autoren: Ruth Gogoll
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1
    I n der Hitze dieser Nacht hätte alles geschehen können.
    Es war schwül, und der lang angekündigte Regen, der hätte Abkühlung bringen sollen, ließ auf sich warten.
    Tina lag in ihrem Bett und starrte zum Fenster hinaus. Sie stöhnte gequält. Das Laken – sie konnte es noch so oft wechseln – klebte an ihrem Körper, und obwohl sie nackt war, fühlte sie sich, als ob sie noch etwas ausziehen müßte, um endlich dieser Hitze zu entkommen, dieser Schwüle, dieser Feuchtigkeit, die in der Luft hing wie dampfiger Nebel.
    Sie wälzte sich herum, um auf die kältere Seite des Bettes zu gelangen. Das brachte nur kurz Erleichterung, denn kaum hatte sie das Laken berührt, heizte es sich auf und klebte genauso an ihr wie der Teil auf der anderen Seite.
    »Verdammt!« Sie fluchte, schwang die Beine aus dem Bett und stand auf.
    Mit einem zögernden Schritt trat sie ans Fenster. Kein kühler Hauch. Die Luft stand wie in einem geschlossenen Raum, obwohl alle Fenster und Türen in der Wohnung geöffnet waren.
    Sie betrachtete den Himmel. Vollmond. Die helle Scheibe warf so viel Licht herein, daß das Bett weiß erstrahlte. Und sie konnte jeden Grashalm im Garten sehen.
    Eine Katze schlenderte selbstbewußt über die Wiese, auf ihrem Wege von oder zu irgend etwas.
    Tina machte ein leises Geräusch, als sie von einem Fuß auf den anderen wechselte.
    Die Katze blieb stehen und blickte zu ihr hoch. Nicht erschreckt, auch nicht ängstlich. Eher ein wenig verwundert. Wie, du siehst mich? schien ihr Blick zu sagen.
    Tina mußte lächeln. »Ja, ich sehe dich«, sagte sie laut. »Es ist Vollmond.«
    Die Katze schaute sie immer noch an, dann wandte sie den Blick ab, als wollte sie den Kopf schütteln, und ging genauso ruhig, wie sie gekommen war, weiter.
    Ich rede mit einer fremden Katze, die durch den Garten schleicht, dachte Tina. Ich muß nicht ganz dicht sein.
    Sie seufzte. Einmal mehr an diesem Tag, in dieser Nacht schlug sie den Weg zur Dusche ein. Das war das einzige, was half – wenigstens kurzfristig.
    Sie drehte den Hahn auf. Das Wasser floß lauwarm heraus, erst nach einiger Zeit wurde es kalt. Sie duschte ein paar Minuten, bis sie das Gefühl hatte zu frieren, dann stellte sie das Wasser ab.
    Seufzend verzichtete sie auf jegliche Berührung mit einem Handtuch und ging naß ins Schlafzimmer zurück. Wie sollte sie diese Nacht überstehen?
    Auf einmal wehte leise Musik durchs Fenster herein. Ach ja, das Sommerfest in den Rheinauen. Das war ja heute.
    Sie atmete tief durch. Sie konnte ohnehin nicht schlafen, also warum nicht ausgehen? Vielleicht war es am Rhein etwas kühler.
    Abwesend griff sie nach ihrem BH und zog ihn an. Schon als sie ihn schloß, dachte sie, daß ihr selbst dieses Kleidungsstück zuviel war. Sie suchte einen String-Tanga aus ihrem Schrank heraus. Das ging wenigstens. Nicht viel Stoff.
    Ein leichtes Sommerkleid, das sie zum Schluß über ihren Körper gleiten ließ und das sie weich umfloß, empfand sie fast wie einen Panzer. Am liebsten wäre sie nackt gegangen.
    Als sie fertig war, betrachtete sie sich vor dem Spiegel. Schweiß glänzte auf ihrer Lippe. Sie wusch sich das Gesicht und puderte es, in der Hoffnung, daß der Glanz nicht so schnell wiederkommen würde.
    Dann nahm sie ihre Handtasche und schlüpfte in ihre leichtesten Sandalen.
    Für die Viertelstunde Weg zum Rhein hinunter würde das reichen.
    Als sie auf den weitläufigen Wiesen ankam, wunderte sie sich über die vielen Leute, die offenbar zu Hause auch keinen Schlaf fanden. Das Sommerfest schien immer noch in vollem Gange, obwohl es bereits lange nach Mitternacht war.
    Sie ging zu einem Getränkestand hinüber. »Eine Cola, bitte«, sagte sie zu dem Mann, der gerade ein Bier zapfte.
    »Moment.« Er ließ sich nicht stören.
    »He, die junge Frau hat Durst! Kannst du mal ein bißchen Dampf machen?«
    Tina drehte sich zu der Stimme, die wie aus dem Nichts aufgetaucht war, um.
    »Is’ ja schon jut«, brummelte der Mann, ließ das Bier stehen und öffnete den Kühlschrank.
    »Danke«, sagte Tina und musterte die Frau, die hinter ihr stand, neugierig. »Aber noch mehr Dampf muß eigentlich nicht sein. Ich finde, es ist schon schwül genug.«
    »Na ja.« Die andere zuckte die Schultern. »Gerade deshalb braucht man was Kaltes zu trinken, oder nicht?« Sie griff nach der Cola-Büchse, die der Mann mittlerweile auf den Tresen gestellt hatte. »Ich zahle das«, sagte sie zu ihm. »Und jetzt kannst du mein Bier fertigmachen.«
    Er warf
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