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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht
Autoren: Ruth Gogoll
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Schönheit. Sie hatte ein Abendkleid getragen, das tiefe Einblicke gewährte. Und durch ihre Ausstrahlung wirkte sie wesentlich größer als sie war. Tina hatte sich gewundert, als sie sich dann im Gang vor der Toilette begegneten und sie feststellen mußte, daß Geneviève kleiner war als sie.
    Ein paar Tage später betrat Tina eine Boutique, weil sie eine neue Bluse für die Arbeit brauchte, und war sehr erstaunt, als plötzlich Geneviève aus dem Hintergrund auftauchte. Sie hätte nicht gedacht, daß dies Genevièves Preisklasse war, eher ihre, Tinas.
    »Sie waren auf der Vernissage am Samstag«, lächelte Geneviève sie an, und dieses Lächeln zog Tina den Boden unter den Füßen weg. Sie wäre fast umgefallen, so schwindlig wurde ihr.
    Genevièves Lächeln veränderte sich leicht. Sie hatte Tinas Reaktion bemerkt. »Hat es Ihnen dort gefallen?« fuhr sie fort.
    »J-ja«, hörte Tina sich stammeln, als ob sie ein Teenager wäre. Sie hätte sich am liebsten an einer der Stangen, die zum Aufhängen der Blusen im Geschäft dienten, festgehalten.
    »Die Bilder waren nicht gerade le dernier cri , nicht wahr?« fragte Geneviève, und ihr französischer Akzent wurde durch das Einstreuen des französischen Ausdrucks noch mehr betont.
    »Ich . . . ich . . . Mir haben sie gefallen«, stotterte Tina. »Ich mag gegenständliche Kunst lieber als abstrakte.«
    Genevièves Lippen verzogen sich auf eine Art, die Tina nicht deuten konnte. »Sie sind ein bodenständiger Typ«, sagte sie.
    »Wahr- . . . Wahrscheinlich.« Tina atmete tief durch. »Und ich dachte auch, daß das hier eine bodenständige Boutique ist. Aber anscheinend habe ich mich geirrt.« Sie wollte sich zum Gehen wenden.
    »Nein, nein.« Genevièves weiche, warme Hand an ihrem Arm hielt Tina zurück. »Das ist schon so. Ich habe verschiedene Boutiquen, und diese hier ist auf jeden Fall . . .«, sie lächelte undefinierbar, »bodenständig.«
    »Die Boutique gehört Ihnen?« Tina taumelte nun fast. Nicht die Tatsache, daß Geneviève Boutiquebesitzerin war, warf sie um, sondern Genevièves Duft, der Tina nun geradezu einzuhüllen schien und ihr den Atem raubte.
    »Wie es über der Tür steht«, lächelte Geneviève. » Geneviève’s .«
    Tina hatte bis zu diesem Augenblick nicht gewußt, wie Geneviève hieß, sie waren sich nie vorgestellt worden.
    »Aha.« Tina schluckte. »Ja, ich weiß, daß es mehrere davon gibt.«
    »Nicht nur hier«, sagte Geneviève. »Ich bin in allen größeren Städten vertreten.« Ihre Stimme klang auf eine Art stolz, die an Selbstzufriedenheit grenzte. »Haben Sie schon etwas gefunden, das Ihnen gefällt?« fragte sie zuvorkommend. Eine gute Verkäuferin konnte sie offensichtlich auch sein – wenn sie es wollte.
    »Ich . . .« Tina schaute sich leicht überfordert um. »Ich bin noch nicht dazu gekommen.«
    Geneviève machte zwei Schritte und griff nach einem Bügel auf einem Ständer, zog die Bluse heraus. »Die hier würde Ihnen bestimmt stehen«, bemerkte sie mit fachkundigem Blick auf Tina und hielt die Bluse aus der Entfernung leicht in die Höhe, um den Effekt noch besser abzuschätzen. »Ja, definitiv.« Sie kam zu Tina, gab ihr die Bluse aber nicht, sondern ging gleich zur Ankleidekabine weiter. »Probieren Sie sie doch einfach an.«
    »Oh . . . äh . . . Ihre Verkäuferin könnte doch –«, stammelte Tina.
    »Nein, nein, das mache ich lieber selbst.« Geneviève lächelte hintergründig.
    Tina fühlte sich nun mehr als überfordert, aber sie folgte Geneviève, als hätte sie keine andere Wahl.
    In der Kabine schloß Geneviève den Vorhang und reichte Tina die Bluse. »Ich denke, sie ist wirklich wie für Sie gemacht«, fügte sie immer noch lächelnd hinzu.
    Tina kam sich komisch vor, mit dieser fremden Frau in der Kabine, aber dann gab sie sich einen Ruck. Schließlich war es ganz normal, daß eine Verkäuferin eine Kundin beriet, eventuell auch in der Kabine. Nur daß Geneviève keine Verkäuferin war . . .
    Tina öffnete die Knöpfe an ihrer Bluse, zog sie aus, griff nach der Bluse, die Geneviève immer noch für sie bereithielt, und bemerkte Genevièves Blicke, die auf ihrem BH ruhten – oder wohl eher auf dem, was darin war.
    In dem Augenblick, als sie Geneviève die Bluse abnahm, griff Geneviève nach Tina, drängte sie in die Ecke und küßte ihre nackte Schulter.
    Tina blieb die Luft weg. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Schon gar nicht von einer Frau, die sie überhaupt nicht kannte
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