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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht
Autoren: Ruth Gogoll
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ihr einen mürrischen Blick zu und begab sich wieder an den Zapfhahn.
    »Ich heiße Mar«, sagte die Brünette. »Eigentlich Martina, aber das tina schenke ich mir.« Sie lachte.
    »Ich bin –« Tina lächelte belustigt. »Tina.«
    »Nicht möglich!« Die Frau, die sich Mar nannte, starrte sie an.
    »Doch.« Tina lächelte noch mehr. »Und ich habe noch nicht einmal etwas kappen müssen. Ich bin so getauft.«
    »Bist du . . .«, Mar schaute sich unauffällig um, »allein hier?«
    »Ja.« Tinas Lächeln verwandelte sich in ein Schmunzeln. »Ganz allein.«
    »Ich weiß, ich bin aufdringlich.« Mar lächelte. »Tut mir leid.«
    »Kein Problem.« Tina nahm einen Schluck von ihrer Cola. »Irgendwie muß man sich ja kennenlernen.«
    »Das ist wahr.« Mar betrachtete Tina mit deutlichem Interesse. »Du hast nichts dagegen, mich kennenzulernen?«
    »Ich liebe direkte Frauen.« Tinas Mundwinkel zuckten.
    Mar hob eine Hand und strich damit sanft über Tinas Wange. »Weißt du, daß du wunderschön bist?«
    Tina seufzte.
    »Nicht die neueste Anmache, nicht wahr?« Mar lachte. »Du hast absolut recht.« Sie strich noch einmal über Tinas Wange. »Und trotzdem finde ich dich wunderschön. Ich kann es nicht ändern.«
    »Danke«, sagte Tina. »Auch wenn es nicht originell ist, hört man es doch immer wieder gern.«
    Mar griff nach ihrem Bier und trank. »Ich war schon fast auf dem Heimweg«, sagte sie. »Wollte nur noch ein Bier trinken und dann – Es ist irgendwie nichts los hier.«
    »Pärchen«, stellte Tina fest und ließ ihre Blicke über die Wiesen schweifen. »Alles nur Pärchen.«
    »Genau«, nickte Mar. »Pärchen oder Cliquen. Keine einsamen Frauen, die Anschluß suchen.« Sie zwinkerte schelmisch. »Bis du kamst.«
    »Woher weißt du, daß ich Anschluß suche?« Tina leerte ihre Cola und stellte die Büchse auf den Tresen zurück.
    »Oh, ich wollte dir nichts unterstellen.« Mar hob entschuldigend die Hände. »Du könntest natürlich auch auf jemand warten oder zu einer dieser Cliquen da unten gehören.« Sie schaute zum Rhein hinunter. »Selbstverständlich wollte ich das nicht ausschließen.«
    »Kannst du ruhig«, sagte Tina. »Aber das heißt noch lange nicht, daß ich nicht einfach nur einen Spaziergang machen wollte, um der Hitze in meiner Wohnung zu entkommen. So ist es nämlich.«
    »Du wohnst hier in der Nähe?« fragte Mar.
    »Ich habe die Musik durch mein Schlafzimmerfenster gehört«, nickte Tina. »Und da ich ohnehin nicht schlafen konnte, habe ich beschlossen, zum Rhein hinunterzugehen, auf der Suche nach Abkühlung.«
    Mar musterte sie eine Weile. »Darf ich dich begleiten – auf deiner Suche? Wollen wir zum Wasser gehen? Ich glaube, am Ufer ist es wirklich am angenehmsten.«
    »Wahrscheinlich«, sagte Tina. »Aber die schönsten Plätze sind garantiert von knutschenden Pärchen belegt.«
    »Die werfen wir einfach in den Fluß«, flüsterte Mar mit mutwillig blitzenden Augen. »Das merken die doch gar nicht in ihrem Zustand.«
    Tina lachte. » Ich würde es merken – bestimmt!«
    »Aber du knutschst ja gerade nicht«, sagte Mar. »Also keine Gefahr.«
    Tina wurde ernst. »Nein, ich knutsche gerade nicht«, sagte sie. Sie drehte sich um. »Gehen wir.«
    Sie schlenderten ans Ufer und blieben eine Weile dort stehen, betrachteten den Sternenhimmel und den Mond, einen halben Meter voneinander entfernt, jede für sich.
    »Ist es nicht wundervoll, wie sich der Mond im Wasser spiegelt?« fragte Mar auf einmal leise. »Ich bin nicht sonderlich romantisch, aber das hat eine magische Kraft, die mich immer wieder anzieht.«
    »Ich glaube, ich war selten bei Vollmond am Wasser«, sagte Tina beinah träumerisch. »Mir kommt es wirklich zauberhaft vor. Wie der Einstieg in eine andere Welt.«
    »Die Unterwelt.« Mar lachte leicht. »Wenn man da im Wasser wäre, wo sich jetzt der Mond spiegelt, würde man untergehen. Da ist es sehr tief.«
    »Und dabei sieht es so aus, als könnte man einfach so über das Wasser laufen«, entgegnete Tina immer noch ganz in sich versunken. »Ohne unterzugehen. Als ob die Oberfläche wirklich ein Spiegel wäre, der einen hält.«
    »Du hast anscheinend viel Phantasie«, sagte Mar. Sie betrachtete Tinas Profil, das im Mondlicht wie leuchtend weißer Marmor erschien. Obwohl sie behauptet hatte, nicht sonderlich romantisch zu sein, hätte sie das in diesem Augenblick fast in Frage gestellt. Tina hatte etwas an sich, das Romantik geradezu herausforderte. »Das . . .«, sie
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