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Kinder des Sturms

Kinder des Sturms

Titel: Kinder des Sturms
Autoren: Roberts Nora
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Bewegung am sich verdunkelnden Himmel. Einen verschwommenen, silbrig weißen Fleck. Doch als er seine Augen zusammenkniff, um die Konturen
besser zu erkennen, sah er nichts außer Sternen und dem aufgehenden Mond.
    Sicher hatte er einfach eine Sternschnuppe gesehen. Ein Geist war eine Sache, ein Feenprinz auf einem geflügelten Pferd jedoch ging eindeutig zu weit.
    Trotzdem hörte er aus der Ferne noch fröhliche Pfeifenklänge, als er die Tür des Cottage bis zum nächsten Morgen schloss.

2
    Darcy Gallagher träumte von Paris. Davon, an einem perfekten Frühlingsnachmittag durch die milde, nach Blumen duftende Luft unter einem wolkenlosen, hohen, strahlend blauen Himmel am Ufer der Seine entlangzuschlendern.
    Möglichst mit schweren Einkaufstüten in der Hand.
    In ihren Träumen gehörte ihr Paris, nicht nur während eines kurzen, einwöchigen Urlaubs, sondern so lange, wie es ihr gefiel. Sie könnte ein oder zwei Stunden in einem hübschen Straßencafé sitzen, an einem kleinen Gläschen fruchtig herben Rotweins nippen und entspannt zusehen, wie die Welt – denn diese Stadt war für sie der Mittelpunkt des Universums – an ihr vorüberzog.
    Langbeinige Frauen in eleganten Kleidern und glutäugige Männer, die ihnen hinterhersahen. Eine alte Frau auf einem roten Fahrrad, an dessen geschwungenem Lenker ein frisches Baguette in einer langen Tüte hin und her schwang, und adrette Kinder in Schuluniformen, die in ordentlichen Zweierreihen an ihr vorbeimarschierten.
    All diese Menschen gehörten ihr ebenso wie der wilde, lärmende Verkehr und der hübsche Verkaufsstand an der Ecke, aus dem sich ein wahres Meer von Blumen auf den Bürgersteig ergoss. Sie brauchte nicht erst auf den Eiffelturm zu fahren, damit ihr diese Stadt zu Füßen lag.
    Während sie an ihrem kleinen Tisch saß, Rotwein trank und köstliche Käsehäppchen speiste, lauschte sie auf die Geräusche der von ihr zu erobernden Stadt. In ihren Ohren klang alles wie Musik – das Gurren der allgegenwärtigen Tauben und
das Schlagen ihrer Flügel, das ständige Hupen, das Klappern der hohen, dünnen Absätze auf dem Trottoir, das leise Lachen eines verliebten Paars.
    Noch während sie glücklich seufzte, brach der Donner los. Beim ersten Rumoren blickte sie in Richtung Himmel. Dichte, dunkle Wolken schoben sich aus Richtung Westen vor die Sonne, deren strahlend heller Glanz dem falschen Zwielicht wich, das einem Sturm voranging. Das Rumoren wurde zu einem derart lauten Dröhnen, dass sie auf die Füße sprang, während alle anderen weiter gemütlich an ihren Tischen saßen oder die Straße hinabspazierten, als wären sie für das drohende Gewitter völlig taub und blind.
    Sie schnappte sich ihre Tüten und sprang auf, um sich in Sicherheit zu bringen, als mit einem Mal ein zischend blauer Blitz direkt vor ihren Füßen in den Boden schoss.
    Sie schreckte aus dem Schlaf auf, das Blut rauschte in ihren Ohren, und sie keuchte leise.
    Sie lief nicht während eines schrecklichen Gewitters durch die Straßen von Paris, sondern war in ihrer eigenen Wohnung direkt über dem Pub. Doch der Anblick der vertrauten, in leichtes Dämmerlicht getauchten Umgebung war im Augenblick eher tröstlich. Ebenso tröstlich wie der Anblick der wunderbaren Kleidungsstücke und des bunten Schnickschnacks, die sie sich in Paris geleistet hatte und die jetzt in ihrem Schlafzimmer verstreut waren.
    Der Alltag hatte sie eindeutig wieder eingeholt, dachte sie mit einem Seufzer, doch zumindest hatte sie ein paar Trophäen von der Reise mit nach Haus gebracht.
    Die Woche war wunderbar gewesen, das perfekte Geburtstagsgeschenk. Nun, sie musste zugeben, dass sie dafür einen Großteil ihres Ersparten ausgegeben hatte. Aber was hätte sie anderes damit machen sollen, als die Vollendung des ersten Vierteljahrhunderts ihres Lebens möglichst festlich zu begehen?

    Sie würde neues Geld verdienen. Nun, da sie zum ersten Mal richtig fort gewesen war, hatte sie die Absicht, regelmäßiger auf Reisen zu gehen. Nächstes Jahr nach Rom oder Florenz oder vielleicht auch New York. Wohin auch immer sie am Ende führe, ganz sicher an irgendeinen wunderbaren Ort. Gleich heute finge sie mit dem Sparen an.
    Sie musste einfach fort. Hatte etwas sehen wollen, irgendetwas, das sie nicht an jedem Tag ihres Lebens sah. Rastlosigkeit war ein Gefühl, an das sie gewöhnt war, das sie sogar mochte. Doch dieses Mal hatte es wie ein Panter in ihrem Inneren getobt, der knurrend seine Krallen wetzte und bereit war,
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