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[kinder] Allein unter Superhelden

[kinder] Allein unter Superhelden

Titel: [kinder] Allein unter Superhelden
Autoren: Heiko Wolz
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ja, immer noch besser als Schneckenschleim in der Unterhose.
    Über mir zischt es. Papa und Mama landen neben Laura. Papas Cape flattert in einer leichten Brise. Die Fanfarenmusik erklingt. Er und IceMadam stemmen die Fäuste in die Hüften und präsentieren ihr berühmtes Lächeln. Es macht Pling! und über die Schneidezähne der beiden läuft ein Funkeln. Sogar Laura wirft sich in Pose, als könnte jeden Augenblick ein Fotograf um die Ecke springen und sie für die Zeitung ablichten.
    Ich verdrehe genervt die Augen.
    Klar, Papa hat die Kugel abgefangen und Laura hat ihren armen kleinen Bruder vor dem sicheren Tod bewahrt. Aber dass Dr. Schröder immer noch frei herumläuft, ist ihnen wurst.
    »Sollen wir Fußball spielen?« Papa hüpft von einem Bein aufs andere. Wieder typisch Superheld: Nach sieben Tagen erfolgloser Suche wird es langweilig, die Kanalisation zu röntgen und durch die Gegend zu fliegen. Da kümmert man sich lieber um die nächste Mission. Diesmal ist es das Fußballturnier, das Papa mit seiner Mannschaft gewinnen will.
    Immerhin kriegt er ein Fragezeichen hin und lässt mir die Wahl, ob ich mich auf den Mond schießen lassen möchte oder nicht.
    Trotzdem kapiere ich nicht, wie alle zum Alltag übergehen können, als wäre nichts passiert. Der Einzige, der sich reinhängt und Pläne zeichnet, ist Paul. Aber selbst der geht mir in den letzten Tagen auf den Zeiger und ich frage mich, wie ich es fünf Jahre mit ihm als Banknachbarn ausgehalten habe. Seit wir wieder dieselbe Schule besuchen, bringe ich eine Strafarbeit nach der anderen nach Hause. Weil Paul in einer Tour mit mir quatscht.
    Nachholbedarf, würde ich sagen.
    Heute hat er sich darüber ausgelassen, dass sein Topflappen tausendmal schöner wird als der unserer Lehrerin. Dabei sieht sein Gewirr aus wie ein rot-grünes Vogelnest,das vom Baum gefallen und auf das er getreten ist. Er hat auch nicht gemerkt, wie die Lehrerin sich zu uns an den Tisch gesetzt und alles mitgehört hat. Jetzt darf ich bis morgen einen dreiseitigen Aufsatz übers Häkeln schreiben.
    Außerdem hat Paul gleich in der ersten großen Pause herumgetönt, dass ich es war, der alle vor dem Chaos bewahrt hat.
    Das stimmt natürlich und braucht echt nicht geheim zu bleiben!
    Aber Paul muss noch daran arbeiten, wie er meine Heldentat richtig rüberbringt. Aufgepasst, ihr Knalltüten! ist vielleicht nicht die ideale Einleitung. Vor allem, wenn er damit die Typen aus unserer Klasse meint, die schon zwei Mal sitzen geblieben und deshalb fast doppelt so groß sind wie wir.
    »Leon? Fußball?« Papa wartet noch auf eine Antwort.
    Ich schüttle den Kopf und gehe nach drinnen. Soll er doch mit Laura kicken. Die schnappt ihm den Ball mit einem Plopp! vor den Füßen weg und steht nicht als Zielscheibe zwischen Apfelbaum und zerstörter Garage herum wie ich.
    Im Flur gehe ich zum Telefon. Mal schauen, ob Paul nachher Zeit hat. Denn auch wenn er manchmal nervt und ich einen Haufen neuer Leute kennengelernt habe, hänge ich doch am liebsten mit ihm ab. Ich bin nämlich nicht scharf darauf, mich mit Marvin zu vergnügen, nur weil er drei Straßen weiter wohnt. Oder soll ich etwa mit den Libellen-Zwillingendurch die Gegend ziehen und an Butterblümchen schnuppern? Flatter, flatter?!
    Nee, da ist Paul die bessere Wahl. Eindeutig.
    Oder soll ich Marie anrufen? Vor einer Woche habe ich mir ihre Nummer auf meine Hand geschrieben. Dummerweise habe ich gleich am Abend gebadet. Die Nummer ist verwischt und ich hatte das Gefühl, jemand könnte die falschen Schlüsse ziehen, wenn ich gleich noch mal zum Telefonbuch renne.
    »Da ist jemand für dich.« Papa kommt mir nach. Er tritt zur Seite, sein Cape flutscht weg wie ein Vorhang und da steht Marie in der Tür.

    Mama wirft einen Blick aus der Küche zu uns in den Flur.
    Ich kenne das Grinsen, mit dem sie erst Marie, dann mich anschaut.
    Ganz nett habe Marie ausgesehen, wird sie später sagen. Und dann wird sie wissen wollen, ob ich Marie nicht auch nett fände? Ein winziges klitzekleines bisschen nett, hm?
    Ich winke Marie zu mir nach hinten, bevor Mama jetzt schon ein nett oder süß rausflutscht.
    »Hallo«, sage ich.
    »Hallo«, sagt Marie. »Ich dachte, wir könnten mal ...«
    »Auf jeden Fall!«
    »Schön«, sagt Marie.
    »Ja«, antworte ich und dann fällt mir der Topflappen-Aufsatz ein, den ich schreiben muss. »Wie wäre es mit morgen? Nach der Schule?«
    »Passt mir gut.«
    »Mir auch«, sage ich.
    Irgendwie logisch. Ich habe es ja
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