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Perry Rhodan Neo 030 - Hort der Weisen

Perry Rhodan Neo 030 - Hort der Weisen

Titel: Perry Rhodan Neo 030 - Hort der Weisen
Autoren: Christian Montillon
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1.
    Topsid:
    »Vertrauen Sie mal einer Echse!«
     
    Endlich, dachte Eric Manoli. Endlich renne ich einmal nicht um mein Leben.
    Der Kampflärm blieb hinter ihm und seinen Begleitern zurück. Nur vereinzelt trieben mit dem Wind jene seltsamen Schreie bis zu den Gebirgshängen heran.
    Schreie, wie sie nur Echsen ausstoßen konnten.
    Er hatte sie inzwischen viel zu oft gehört, und auch in seinen Träumen ließen sie ihn nicht los. Er war so müde, dass jeder einzelne Muskel vor Erschöpfung schrie, und wenn sich Manoli nur vorstellte, die Lider zu schließen, könnte er im Stehen einschlafen. Aber wovon würde er träumen? Von sterbenden Topsidern? Von gebrochenen Augen in einem schuppigen Gesicht, die anklagend und blicklos in den Himmel starrten? Alles in ihm verkrampfte sich bei dem Gedanken daran.
    Manoli bekam Atemprobleme. Er glaubte zu ersticken.
    »Sieh nur«, sagte Khatleen-Tarr. »Ist es nicht wunderschön?«
    Wunderschön? Er inhalierte tief. Er konnte atmen. Ganz normal. Wie immer. Die Luft schmeckte würzig, frischer als in der Hauptstadt. Insofern ging es ihm den Umständen entsprechend gut.
    Nur entdeckte er beim besten Willen nichts, was auch nur ansatzweise wunderschön wäre. Von der grandiosen Gebirgslandschaft vielleicht abgesehen; aber für derlei Schönheit hatte er momentan absolut keine Augen. Nicht als einziger Mensch auf einem Planeten voller intelligenter, aufrecht gehender Echsen, die sich in einem politischen Aufstand gegenseitig abschlachteten und ihn entweder als Lockvogel nutzen oder ihn einfangen und töten wollten.
    Khatleen-Tarr drehte den Kopf zu ihm. Ihr schlanker Schuppenschwanz hob sich vom Boden und schmiegte sich um ihre Beine. Das schabende Geräusch, mit dem ihre Schuppen übereinander rieben, erinnerte Manoli an Schmirgelpapier, das knochentrockenes Holz glättete.
    »Man sieht sie so selten«, sagte die Topsiderin.
    Manoli war verwirrt. »Wovon redest du?«
    »Dort! Zwischen den Steinen!« Ihre Stimme klang sanft. So kannte er sie gar nicht, die ehemalige Raumsoldatin, die Prostituierte, die Untergrundkämpferin ... diejenige, die einer Freundin auf dieser Welt am nächsten kam.
    Khatleen-Tarr streckte den Arm aus. Die bräunlichen Schuppen glänzten im Sonnenlicht; eine war über dem Handrücken zerbrochen, und eine leicht schmierige Kruste hatte sich darüber gebildet. Eric sah es zum ersten Mal. Es musste während der Kämpfe mit den jungen Echsen in der Kanalisation geschehen sein. Er schaute in die Richtung, die seine Begleiterin ihm wies.
    Ein etwa daumennagelgroßer Echsenkopf lugte hinter einem schartigen Felsbrocken auf einem kleinen Steinschotterfeld hervor. Winzige Augen bewegten sich hektisch hin und her. Eine bläuliche Zunge, dünn wie eine Bleistiftmine, pendelte vor dem halb offenen Maul. Im nächsten Moment huschte das Tier auf den Felsen. Es war erstaunlich lang, sicher einen Meter, und sinnverwirrend viele Beinpaare spreizten sich zu den Seiten. Im Unterschied zum erdfarben-stumpfen Körper leuchtete die Schwanzspitze grellrot.
    »Gehen wir weiter!«, forderte Gihl-Khuan. Er hatte sich ihnen in der Kanalisation der Hauptstadt angeschlossen und von sich behauptet, ein einfacher Mann zu sein. Er sei in die Wirren der Kämpfe zwischen Aufständischen und Regierungstruppen geraten und aus Angst in die Unterwelt von Kerh-Onf geflohen.
    Manoli bezweifelte das. Gihl-Khuan hatte sich als furchterregender und – wie es dem Arzt schien – als erfahrener Kämpfer erwiesen. Ohne Gihl-Khuan wären Manoli und Kathleen den wilden Schlüpflingen zum Opfer gefallen. Sie standen in seiner Schuld. Andererseits behagte dem Arzt etwas an dem Topsider nicht. Seine Art war zu glatt. Und wieso hatte er Kikerren, die Flugechse, so merkwürdig angestarrt? Gihl-Khuan verbarg etwas.
     
    Manoli hoffte, dass ihn keine bittere Enttäuschung erwartete, falls er je erfuhr, was es war. Vorerst musste er ihm Vertrauen schenken. Nur war das so eine Sache.
    Sollte er jemals zur Erde zurückkommen, wollte er einen Bericht über seine Odyssee auf diesem Planeten veröffentlichen. Den Titel kannte er schon. Vertrauen Sie mal einer Echse! Das klang schlicht und trotzdem gut. Es trug das Potenzial für einen Bestseller in sich. Und mehr noch – man könnte es gleich noch auf Topsidisch übersetzen. Intergalaktische Vermarktung unter dem Deckmäntelchen der Völkerverständigung. Ein Traum für Autor und Medienkonzern zugleich.
    Manoli verscheuchte die momentan völlig nutzlosen Überlegungen.
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