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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance
Autoren: H Coben
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jedenfalls. Aber plötzlich habt ihr beide tot im Zimmer gelegen. Erst wollte ich die Polizei anrufen. Aber dann war ich nicht sicher, wie das aussieht. Ich hatte aus einem ziemlich komischen Winkel auf Monica geschossen. Sie hätten behaupten können, dass sie mir den Rücken zugewandt hatte.«
    »Du hast Angst gehabt, dass sie dich festnehmen?«
    »Natürlich. Die Cops hassen mich. Ich bin ein erfolgreicher Strafverteidiger. Was glaubst du, was die mit mir gemacht hätten?«
    Ich antwortete nicht. »Dann hast du das Fenster eingeschlagen?«
    »Von draußen«, sagte er. »Damit es nach einem Einbrecher aussieht.«
    »Und du hast Monica ausgezogen.«
    »Ja.«
    »Aus demselben Grund?«
    »Ich wusste, dass an ihren Sachen Pulverreste waren. Die Polizei hätte rausgekriegt, dass sie geschossen hat. Ich wollte, dass ihr wie zufällige Opfer eines Einbrechers ausseht. Also hab ich ihre Klamotten verschwinden lassen. Ihre Hand habe ich mit einem feuchten Babytuch abgewischt.«
    Auch das war mir komisch vorgekommen. Dass jemand Monica ausgezogen hatte. Es wäre nicht absolut ausgeschlossen gewesen, dass Stacy es getan hätte, um die Polizei in die Irre zu führen, aber eigentlich konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie an so etwas gedacht hätte. Lenny war Strafverteidiger – er kannte sich mit so etwas aus.
    Wir näherten uns dem Kern der Sache. Das war uns beiden klar. Ich verschränkte die Arme. »Erzähl mir von Tara.«

    »Sie war mein Patenkind. Es war meine Aufgabe, sie zu beschützen.«
    »Das kapier ich nicht.«
    Lenny breitete die Arme aus. »Wie oft hab ich dir gesagt, du sollst ein Testament machen?«
    Ich war verwirrt. »Was hat denn das damit zu tun?«
    »Überleg doch mal. Wenn du in dieser ganzen Geschichte in Schwierigkeiten geraten bist, hast du auf deine chirurgische Ausbildung zurückgegriffen, stimmt’s?«
    »Kann schon sein.«
    »Ich bin Anwalt, Marc. Auch ich hab auf meine Ausbildung zurückgegriffen. Ihr wart beide tot. Tara hat im Nebenzimmer geschrien. Und ich, Lenny der Anwalt, hab sofort begriffen, was passieren würde.«
    »Was?«
    »Du hattest kein Testament aufgesetzt. Du hattest keinen Vormund benannt. Begreifst du denn nicht? Das heißt, Edgar hätte deine Tochter bekommen.«
    Ich sah ihn an. Das hatte ich nicht bedacht.
    »Deine Mutter hätte die Entscheidung zwar anfechten können, aber gegen sein Vermögen hätte sie keine Chance gehabt. Sie muss deinen Vater pflegen. Sie ist vor sechs Jahren mal wegen Trunkenheit am Steuer verurteilt worden. Das bedeutet, Edgar hätte das Sorgerecht bekommen.«
    Jetzt war alles klar. »Und das konntest du nicht zulassen.«
    »Ich bin Taras Patenonkel. Es war meine Aufgabe, sie zu beschützen.«
    »Und du hasst Edgar.«
    Er schüttelte den Kopf. »War mein Blick durch das getrübt, was er meinem Vater angetan hat? Ja, unterbewusst vielleicht ein bisschen. Aber Edgar Portman ist böse. Das weißt du genau. Schau dir doch nur mal an, was aus Monica geworden ist. Ich konnte nicht
zulassen, dass er deine Tochter genauso zerstört, wie er seine eigene zerstört hat.«
    »Also hast du sie mitgenommen.«
    Er nickte.
    »Und zu Bacard gebracht.«
    »Er war ein Mandant von mir. Ich wusste ungefähr, was er macht, auch wenn ich das Ausmaß nicht kannte. Mir war auch klar, dass er die Angelegenheit vertraulich behandeln würde. Ich habe ihm gesagt, ich will die liebevollste Familie, die er hat. Geld und Ansehen würden keine Rolle spielen. Ich wollte gute Menschen.«
    »Daraufhin hat er sie den Tansmores gegeben.«
    »Ja. Du musst das verstehen. Ich hab gedacht, du bist tot. Das haben alle gedacht. Und dann sah es erst mal so aus, als würdest du nur noch dahinvegetieren. Als es dir schließlich wieder besser ging, war es zu spät. Ich konnte das niemandem erzählen. Ich wäre garantiert im Gefängnis gelandet. Weißt du, was das für meine Familie bedeutet hätte?«
    »Mann, hey, das wäre ja unvorstellbar.«
    »Das ist nicht fair, Marc.«
    »Ich brauche nicht fair zu sein.«
    »Hey, ich hab das nicht aus Spaß gemacht.« Er schrie jetzt. »Ich bin zufällig in eine furchtbare Situation reingeraten. Ich hab getan, was ich für das Beste hielt – für deine Tochter. Aber du kannst nicht von mir erwarten, dass ich meine Familie opfere.«
    »Dann schon lieber meine.«
    »Willst du die Wahrheit wissen? Ja, natürlich. Ich würde alles aufgeben, um meine Familie zu schützen. Du nicht?«
    Jetzt war ich still. Ich habe es schon einmal gesagt. Ich wäre ohne Zögern
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