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Kein Kinderspiel

Kein Kinderspiel

Titel: Kein Kinderspiel
Autoren: Dennis Lehane
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den Arm. »Was hast du vor, Devin?«
    »Was hast du vor, Ange?« Er blickte auf ihre Hand.
    »Willst du sie verhaften?«
    Er sah zum Haus hinüber, dann zu Angie. »Ja, Angie, ich werde sie verhaften.«
    »Das kannst du nicht machen.«
    Er entzog ihr seine Hand. »O ja, das kann ich wohl.«
    »Nein. Sie ist…« Angie zeigte auf das Haus. »Hast du das nicht gesehen? Wie sie mit ihr umgehen? Sie… mein Gott, Devin, sie lieben das Mädchen.«
    »Sie haben sie entführt«, entgegnete er. »Hast du den Teil auch mitbekommen?«
    »Nein, Devin. Sie ist …« Angie senkte einen Augenblick den Kopf. »Wenn wir sie verhaften, dann kommt Amanda zu Helene zurück. Und die wird alles Leben in ihr vergiften.«
    Devin sah Angie an, betrachtete ungläubig ihr Gesicht. »Angie, hör mir zu. Der da drinnen ist ein Polizist. Ich lass’ nicht gerne einen Bullen auffliegen. Aber falls du es vergessen haben solltest, dieser Bulle hier hat Ghris Mullen, Pharaoh Gutierrez und Cheese Olamon auf dem Gewissen, wenn er Cheese’ Ermordung vielleicht auch nicht explizit angeordnet hat. Wahrscheinlich hat er aber angeordnet, daß Lionel McCready und ihr beiden umgebracht werden solltet. Er hat das Blut von Broussard an den Händen. Und das Blut von Pasquale. Er ist ein Mörder.«
    »Aber…« Sie sah verzweifelt zum Haus.
    »Aber was?« Devin verzog verwirrt und verärgert das Gesicht.
    »Sie lieben das Mädchen«, sagte Angie.
    Devin folgte ihrem Blick auf das Haus, auf Jack und Tricia Doyle in der Küche, die Amanda an den Händen hielten und sie vor-und zurückschwingen ließen.
    Beim Zusehen wurde Devins Gesicht weich. Ich spürte, daß er von Schmerz überwältigt wurde, als sich sein Blick verdüsterte und die Augen weiteten.
    »Helene McCready«, sagte Angie, »wird dieses Leben dort zerstören. Ganz bestimmt. Das wißt ihr. Patrick, das weißt du auch.«
    Ich wich ihrem Blick aus.
    Devin atmete tief ein, dann warf er den Kopf zur Seite, als sei er geschlagen worden. Er schüttelte den Kopf, kniff die Augen zusammen, wandte sich vom Haus ab und drückte auf die Anruftaste seines Telefons.
    »Nein«, sagte Angie, »nein.«
    Wir sahen zu, während Devin mit dem Handy am Ohr wartete. Niemand meldete sich. Schließlich ließ er es sinken und drückte auf ENDE.
    »Keiner da. Wahrscheinlich liefert der Sheriff gerade die Post aus, bei einer so kleinen Stadt.«
    Angie schloß die Augen und holte tief Luft.
    Ein Habicht flog über die Baumwipfel, durchschnitt die kühle Luft mit seinem schrillen Schrei, ein durchdringendes Geräusch, das mich an den empörten Aufschrei erinnerte, wenn man sich gerade verletzt hatte.
    Devin schob das Handy in die Tasche zurück und nahm sein Abzeichen ab. »Zum Teufel. Machen wir es halt.«
    Ich drehte mich zum Haus um. Angie packte mich am Arm und hielt mich zurück. Ihr Gesicht war wild und verzweifelt, das Haar fiel ihr in die Augen.
    »Patrick, Patrick, nein, nein, nein. Bitte, um Himmels willen. Nein. Sprich mit ihm. Das können wir nicht machen. Das können wir nicht.«
    »Das ist das Gesetz, Ange.«
    »Das ist Scheiße! Das ist… das ist falsch. Sie lieben das Kind. Doyle ist doch jetzt keine Bedrohung mehr.«
    »Schwachsinn«, sagte Oscar.
    »Für wen denn?« rief Angie. »Für wen ist er eine Gefahr? Jetzt, wo Broussard tot ist, weiß doch keiner, daß er daran beteiligt war. Er muß nichts mehr schützen. Er wird von niemandem mehr bedroht.«
    »Wir sind eine Bedrohung!« sagte Devin. »Bist du auf Droge oder was?«
    »Nur wenn wir deswegen etwas unternehmen«, erwiderte Angie. »Wenn wir jetzt einfach gehen und niemandem sagen, was wir wissen, dann ist es vorbei.«
    »Er hat da drinnen das Kind von jemand anderem«, sagte Devin, das Gesicht zwei Zentimeter von ihrem entfernt.
    Sie wirbelte zu mir herum. »Patrick, hör zu. Hör mal zu. Er…« Sie stieß mich vor die Brust. »Tu es nicht. Bitte, bitte!«
    In ihrem Gesicht lag keine Vernunft, keine Logik mehr. Nur Verzweiflung, Angst und unbezähmbarer Wille. Und Schmerz. Grenzenloser Schmerz.
    »Angie«, sagte ich ruhig, »das Kind gehört ihnen nicht. Es gehört Helene.«
    »Helene ist wie Gift, Patrick. Das hab’ ich dir schon vor langer Zeit gesagt. Sie wird alles Gute in diesem Mädchen vergiften. Sie ist wie ein Gefängnis. Sie…« Die Tränen strömten ihr die Wangen herunter und sammelten sich in den Mundwinkeln, doch merkte sie es nicht. »Sie ist wie der Tod. Wenn du das Kind aus diesem Haus reißt, dann verurteilst du es zum Tode. Zu
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