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Kebabweihnacht

Kebabweihnacht

Titel: Kebabweihnacht
Autoren: Lale Akgün
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Tür gestanden hatte, er hatte gewartet.
     
    Arif und Ayla indes hatten die Hoffnung fast aufgegeben. »Offenbar ist keiner aus der WG zu Hause«, hatte Ayla zu Arif gesagt, »soll ich jetzt die nächste Klingel drücken?«
    Und da Arif nicht geantwortet hatte und sie sich auch schämte, Heiligabend bei wildfremden Menschen zu läuten, hatte sie erst einmal nichts gemacht. Die beiden standen da und schauten sich ratlos an. Auf einmal sprang die Tür auf. Ohne ein Wort auszutauschen, traten Vater und Tochter ein.
    Während sie die Treppe hochstiegen, hatte Ayla das Gefühl, dass sie eine große Dummheit begingen. Was wollten sie den Leuten denn sagen? Sie war drauf und dran, umzukehren und wegzulaufen. Aber dann sah sie ihren Vater, der hinter ihr hertrottete. Sie hatte die Verantwortung für diese Expedition, sie konnten erst dann zurück, wenn sie mit den Leuten gesprochen und sich ordentlich entschuldigt hatten.
    |103| Umut stand an der Tür und lauschte auf die Schritte im Treppenhaus. Es waren zwei Paar Füße, gesprochen wurde nicht. Und dann auf einmal standen sich die beiden Geschwister gegenüber; man hätte nicht sagen können, wer überraschter war. Doch die Überraschung währte nur eine Sekunde und machte einem Schreck Platz, denn schon sah Umut auch seinen Vater hinter seiner Schwester stehen.
    »Umut!« Arif klang erleichtert. »Ich bin so froh, dass du da bist. Wo ist deine Mutter?«
    Hülya hatte längst die Stimmen erkannt und war vorgetreten. Sie fühlte weder Angst noch Aufregung, sie fühlte, dass es Zeit war, sich mit den Gegebenheiten auseinanderzusetzen.
    »Hier bin ich, Arif«, sagte sie mit fester Stimme, »hast du mich gesucht? Gut, jetzt hast du mich ja gefunden, und du auch, Ayla. Kommt rein, dann können wir alles besprechen!«
    Arif und Ayla traten in die Wohnung, und Umut schloss die Wohnungstür.
    »Legt ab«, sagte Hülya, »und setzt euch, dann könnt ihr erzählen, was ihr hier sucht.«
    »Ich habe mir solche Sorgen gemacht«, sagte Arif mit trockenem Mund. »Du warst einfach weg, und niemand wusste, wo du warst, und Umut mit dazu. Wir haben überall herumgefragt, aber niemand wusste, wo ihr wart. Ich bin so froh, dass ihr beide gesund und munter vor mir steht!«
    »Und wie habt ihr uns gefunden?«
    »Ayla hatte euch beide letzte Woche zufällig in der |104| Stadt gesehen«, sagte Arif und schaute seine Tochter an, damit sie ihn unterstütze.
    »Zufällig bin ich euch gefolgt«, gab Ayla zu, »und da sah ich euch in dieses Haus hier gehen, und als ihr heute verschwunden wart, da habe ich mir gedacht, als allerletzte Alternative sozusagen, dass ihr beide hier sein müsstet. Ich entschuldige mich dafür, dass ich euch gefolgt bin, auf der anderen Seite war es ja eine gute Fügung, sonst hätten wir euch nie gefunden!«
    »Findest du, dass es eine gute Fügung ist, dass ihr uns gefunden habt?«, fragte Hülya scharf. »Ja, Arif, denke nach, bevor du diese Frage beantwortest, und schau dich hier um. Du siehst schon richtig, dein Sohn hat ein eigenes Zimmer gemietet, er feiert Weihnachten und hat mich eingeladen, und ich habe diese Einladung angenommen, das heißt: Umut und ich feiern gemeinsam Weihnachten, und weißt du was: Ich finde das auch noch schön. Punkt. Jetzt bist du an der Reihe. Jetzt kannst du sagen, was du willst!«
    »Du hättest Bescheid sagen können«, erwiderte Arif leise.
    »Wozu?«, fauchte Hülya. »Damit du die ewiggleiche Leier von der Missionierung anschlägst und es mir verbietest, meinen Sohn zu besuchen, um mit ihm Weihnachten zu feiern?«
    »Nein, nein!« Arif versuchte zu protestieren. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, weil ich, weil ich dich, weil du mir wichtig bist, und ich dachte, du |105| wärst einfach weggegangen und hättest mich verlassen!«
    Arif hatte mehr gesagt als gewohnt, aber es war ihm alles zu viel geworden. Unvermittelt setzte er sich hin und fing an zu weinen. Laut und hemmungslos. Das war nicht der Herr im Haus, der strenggläubige und harte Moscheebesucher. Das war der Ehemann, der geglaubt hatte, seine Frau verloren zu haben, was ihm verdammt viel Angst gemacht hatte, so dass er erst jetzt begriff, was sie ihm bedeutete. Hatte sie ihn nicht all die Jahre ertragen und sich mit einem Schicksal arrangiert, das sie nie haben wollte? Und er? Er hatte sich immer mehr unter den Einfluss von Menschen begeben, die kein Herz hatten für die Wünsche und Schwächen der Menschen! Die nur ihre eigene Wahrheit kannten und sonst nichts.
    Und
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