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Kebabweihnacht

Kebabweihnacht

Titel: Kebabweihnacht
Autoren: Lale Akgün
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oder vielmehr »very Umut-ish« war. Hülya war leichtsinnig mit dem Geld gewesen. Sie hatte für Umut all das gekauft, wovon sie wusste, dass er sich wünschte, aber sich nicht leisten konnte: Klamotten, Bücher, einen Fotoapparat, ein Portemonnaie. Für sich selbst hatte sie auch ein kleines Geschenk gekauft, in der Sorge, Umut würde daran nicht denken und dann beschämt dasitzen. Die beiden lachten, als sie ihre eigenen Geschenke auspackten.
    »Wir sind uns sehr ähnlich, nicht wahr, Mama?«, lachte Umut.
    »Ja, wir sind uns sehr ähnlich«, gab Hülya zu, »und deswegen beschämt es mich, gedacht zu haben, dass du mich vergessen haben könntest!«
    »Jetzt hören wir mit der gegenseitigen Beschämung auf, und ich lege uns jetzt ganz tolle Musik auf!«
    |91| »Ja, bitte, ich warte darauf. Ist das der Schlusspunkt der Feier, oder kommt noch was?«
    Ja, es sollte noch etwas kommen. Doch dass der Höhepunkt des Abends noch bevorstand, wussten in dem Moment weder Umut noch Hülya.

|93|
    ES WAR SCHON nach sechs Uhr, als Arif nach Hause kam. Auch er hatte Heiligabend gearbeitet genau wie Umut, bei ihm war der Grund allerdings ein anderer gewesen, Heiligabend war auch ihm nicht egal, denn die Feiertagszuschläge konnten sie gut brauchen.
    Es war dunkel, als er die Wohnung betrat. »Hallo, ist niemand zu Hause?«, rief er.
    Seine Tochter kam aus ihrem Zimmer. »Ach, du bist es, Papa, wie spät ist es denn?«
    »Es ist schon fast halb sieben, wo ist denn deine Mutter? Und Umut?«
    »Was, so spät schon? Ich dachte, die beiden seien bei den Rohowskys, aber ich bin schon seit vier zu Hause, und da dachte ich, sie seien rübergegangen, wegen Heiligabend und so. Dann habe ich mich vor den Fernseher gesetzt und muss die Zeit vergessen haben. Glaubst du, dass sie so lange bei den Rohowskys bleiben?«
    »Keine Ahnung. Bist du so gut und klingelst mal bei denen?«
    »Das ist ja megapeinlich. Was soll ich denn dann sagen?«
    |94| »Du kannst ihnen doch zu Weihnachten gratulieren, schließlich beschenken sie dich zu Nikolaus immer noch, oder?«
    »Aber du sagst doch immer, wir sollten am besten die Süßigkeiten zurückbringen …«
    »Gehst du jetzt rüber? Ich habe Hunger!«
    »Ist ja gut …« Ayla machte ein Gesicht, das ihrem Vater ihren Missmut deutlich zeigen sollte.
    Eigentlich war es ihr peinlich, zu den Rohowskys zu gehen, weil sie sich seit Monaten nicht mehr bei ihnen hatte blicken lassen. Und bedankt hatte sie sich für die Nikolaussüßigkeiten auch nicht. Aber ihr war auch klar, dass ihr Alter sich drüben gar nicht blicken lassen konnte. Widerwillig ging sie über den Flur und klingelte bei den Nachbarn.
    Maria Rohowsky öffnete die Tür, vom Wohnzimmer drangen weihnachtliche Musik und Kerzenduft herüber.
    »Guten Abend, Frau Rohowsky, ich wollte Ihnen und Ihrem Mann frohe Weihnachten wünschen!«
    Frau Rohowsky freute sich sichtlich. »Das ist aber nett, Ayla, komm doch rein.«
    »Ich will nicht stören …«
    »Aber nein, du störst doch nicht!« Eigentlich hatte Ayla erwartet, dass Frau Rohowsky weiterreden und sagen würde: »Deine Mama und Umut sind auch da«, aber es passierte nichts dergleichen. In Bruchteilen von Sekunden war Ayla klar, dass ihre Mutter und ihr Bruder nicht da waren, aber es war zu spät, um nicht einzutreten.
    |95| So folgte sie Maria in das weihnachtlich geschmückte Wohnzimmer.
    »Ja, wen haben wir denn da?«, sagte jetzt Herr Rohowsky, ebenfalls erfreut. »Komm rein, mein Mädchen, und schau mal, wie schön es bei uns geworden ist durch die Hand deines Bruders!«
    Ayla wünschte auch Heinz Rohowsky frohe Weihnachten und betrachtete die Dekoration. Das Zimmer sah wirklich toll aus. Styling konnte Umut, sie hatte ihn ein paar Mal um Rat gefragt bei ihrer Kleidung, aber Umut hatte klipp und klar festgestellt, dass mit dem Kopftuch und den Klamotten, die sie dazu kaufte, Styling nicht zu machen sei, jedenfalls nicht so, wie sie sich das erhoffte. »Du musst schon das Kopftuch abnehmen und dich von diesem sogenannten islamischen Schick freimachen, wenn du gut daherkommen willst«, hatte er gesagt.
    Wie gern hätte sie sich schick gemacht. Das Kopftuch trug sie nur, um den Vater zu besänftigen. Beides zugleich ging nicht, Frieden und Style. Sie hatte sich für den Frieden entschieden.
    »Deine Mama war heute Vormittag auch schon da«, hörte sie Maria Rohowsky sagen, »und Umut ja schon gestern. Jetzt fehlt nur noch dein Vater. Früher ist er auch immer gekommen.«
    Ayla blieb eine
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