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Katja Henkelpott 3 - Katja Henkelpott kommt in die Schule

Katja Henkelpott 3 - Katja Henkelpott kommt in die Schule

Titel: Katja Henkelpott 3 - Katja Henkelpott kommt in die Schule
Autoren: Helmut Sakowski
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auszurechnen.«

Angst vor der Schule

    Ich bin für mein Leben gern in Pälitzhof, weil es dort kein Kinderzimmer gibt und ich nicht mit anhören muss, wie meine Eltern von der Teuerung reden und wie viel ein Kind kostet, das eingeschult werden muss. Ich darf im Ehebett schlafen, an der linken Seite, wo mein Großvater gelegen hat, bis er gestorben ist.
    Wenn ich nachts aufwache, weiß ich, dass Großmutter neben mir liegt. Ich kann den Arm ausstrecken, damit ich sie fühle, oder ich höre sie schnarchen. Dann ziehe ich die Bettdecke mit beiden Händen bis an die Nase, bin froh, dass ich nicht alleine bin, und träume was Schönes.
    Wenn ich zu Besuch bin, kriecht meine Oma früher ins Bett und wir erzählen uns leise was. Das ist viel besser als Fernsehen, wo so viel herumgeschossen wird, dass man glücklich ist, wenn endlich wieder Werbung kommt.
    Wenn ich mit Großmutter kuschele, kann ich ihr anvertrauen, was ich nicht einmal den Eltern verrate. So war es auch dieses Mal.
    »Großmutter, ich hab Angst vor der Schule.«
    »Das versteh ich nicht«, sagte sie. »Du bist doch ein selbstständiges und selbstbewusstes Mädchen.«
    »Das ist es ja grade. Auf einmal verlangen alle, dass ich kusche. Ich höre nur schlimme Sachen von der Schule. Sie werden mir die Hammelbeine lang ziehen oder die Flötentöne beibringen und der Spaß ist vorbei. Ich tu aber nicht gerne, was keinen Spaß macht.«
    »Trotzdem wirst du es lernen müssen.«
    »Großmutter, wie war’s in deiner Schule?«
    »Ach«, sagte sie. »Damals lebte ich mit meinen Eltern in einem Dorf. In diesem Dorf erhob sich ein Schloss. Dazu gehörte ein Gut und dem Gut gegenüber, auf der anderen Straßenseite, hat die Schule gestanden.«

    »Hast du im Schloss gewohnt, Großmutter?«
    »Gleich nebenan«, sagte sie. »In den Knechtekammern, über den Ställen. Mein Vater hat bei den Pferden gearbeitet, meine Mutter bei den Kühen.«
    »Schön«, seufzte ich. »Ich würde auch gern mit richtigen Tieren arbeiten.«
    Meine Großmutter erzählte: »Die Eltern mussten früh um vier aus den Federn kriechen und wenn Mutter vom Melken kam, kurz vor sechs, weckte sie mich, flocht mir die Zöpfe, brockte mir etwas Brot in die Milch und band sich, während ich aß, eine saubere Schürze um. Dann schlüpften wir in die Holzpantinen und ab ging’s in die Schule. Wir mussten eine gute Stunde früher dort sein als die anderen Kinder und der Lehrer.«
    »Warum das?«
    »Mutter und ich haben jeden Morgen das Klassenzimmer gefegt und geputzt. Von der zweiten Klasse an musste ich das alleine tun. Auch winters das Feuer im Ofen entfachen. Und eine Stunde später, wenn die Schüler kamen, sich lärmend in die Bänke quetschten und putzmunter: Guten Morgen, Herr Lehrer!, kreischten, war ich von der Arbeit schon wieder müde.«
    Das war aber schlimm. Ich drückte mich an meine Großmutter, um sie zu trösten.
    Sie sagte: »Katja, das war ein Glück. Wir zählten zu den armen Leuten und ich hab von der ersten Klasse an was zuverdienen dürfen.«
    »Wie viel Geld?«
    »Gar kein Geld. Vater hat, glaube ich, vom Gut einen Sack Korn dafür bekommen und konnte ein paar Hühner füttern.«
    »Und niemand hat euch die Hammelbeine lang gezogen?«
    Meine Großmutter sagte: »Einmal hatte der Lehrer einen Jungen bäuchlings über die Bank gelegt, ihm den Hosenboden stramm gezogen und mit dem Rohrstock darauf herumgedroschen. Ich hab laut geweint, als ich das mit ansehen musste und bekam eine Ohrfeige dafür. Der Junge wurde abgestraft, weil er vergessen hatte, wann der Führer seinen Geburtstag feierte.«
    »Der Führer, Großmutter, wer war das?«
    »Du wirst noch von ihm hören«, sagte sie. »Er hat den Zweiten Weltkrieg angezettelt und als der verloren war, sind meine Eltern und ich aus dem Sudetengau vertrieben worden. Dann gab es lange Zeit gar keine Schule mehr. Und nicht in die Schule zu dürfen, dumm bleiben zu müssen, Katja, das ist das Schlimmste.«

Der Kampf zwischen Igel und Otter

    Bei meiner Großmutter in Pälitzhof lerne ich immer was Neues, ohne dass ich in die Schule muss. Sie hat mir erzählt, dass der Igel ein echtes Raubtier ist, aus uraltem Stamm. Älter als die Menschen. Vielleicht beinahe so alt wie die Dinosaurier.
    Meine Großmutter sagte: »Die Dinos waren so riesengroß und so gierig, dass sie zuletzt der Natur die Haare vom Kopf gefressen haben. Sie hat wirklich nicht mehr gewusst, wie sie die missratenen Geschöpfe ernähren sollte, und musste sie aussterben
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