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Karl der Dicke & Genossen

Karl der Dicke & Genossen

Titel: Karl der Dicke & Genossen
Autoren: Werner Schrader
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und bevorzugte niemanden. Gestärkt und ausgeruht verließen sie dann das Zelt, falteten es zusammen, nachdem sie die Regentropfen abgeschüttelt hatten, und machten sich auf die Weiterfahrt.
    Die Luft war würzig und rein, die Schwüle verflogen.
    In bester Stimmung radelten sie teils hintereinander, teils nebeneinander her und brachten Kilometer um Kilometer hinter sich. Rosemarie vergaß den Ärger mit ihren Freundinnen und bedauerte es, nicht während der ganzen Fahrt so unterhaltsame und ehrliche Weggenossen gehabt zu haben. Die Jungen zogen sich zwar immer gegenseitig auf, neckten und foppten sich, meinten es aber niemals böse und waren eine gute Mannschaft.
    Gegen achtzehn Uhr erreichten sie Minden.
    Herr und Frau Schwerdtfeger schlossen ihre Tochter glücklich in die Arme. Sie hatten sich doch Sorgen gemacht, obwohl regelmäßig ein Kartengruß von ihr eingetroffen war. Die Jungen wurden zum Abendbrot eingeladen, das Rosemaries Mutter mit viel Liebe, Zwiebeln und Rindfleisch zubereitete. Und weil es hinterher zu spät war, noch weiterzufahren, bauten sie im Garten ihr Zelt auf. Familie Schwerdtfeger stand dabei und staunte, wie schnell das ging. „Jetzt machen sie ja langsam“, erklärte Rosemarie, „aber ihr hättet sie mal heute nachmittag erleben sollen, als das Gewitter losbrach!“
    „Ja, wir sind schon fixe Kerle“, bestätigte Egon. „Und wenn wir den kleinen Dicken da nicht als Bremsklotz bei uns hätten, würden uns manchmal die Gelenke heißlaufen.“
     

 
    Herr Schwerdtfeger, der Gefallen fand an den Jungen und durch ihre burschikose Redeweise an seine eigene Jugend erinnert wurde, entzündete am Abend ein Holzkohlenfeuer im Grillherd auf der Terrasse, steckte drei Hähnchen auf den Spieß und hängte sie über die Glut. Dann lud er die Freunde seiner Tochter und diese und seine Frau natürlich auch zum „Gummiadlerrösten“ ein.
    Die Luft war lau, es dunkelte, erste Sterne wurden sichtbar. In den mit Kissen belegten Korbstühlen saß man weich und bequem. Karl durfte die Hähnchen drehen. Herr Schwerdtfeger zündete sich eine Pfeife an.
    „Ich kann mir denken, daß ihr eure Fahrt so richtig genossen habt“, sagte er.
    „Worauf Sie sich verlassen können“, versicherte Karl und legte fachmännisch ein paar Stücke Holzkohle nach. „Wir hatten Jux von morgens bis abends.“
    „Gab es denn bei euch gar keinen Ärger, mal eine Panne oder sonst irgend etwas Unangenehmes?“ fragte Frau Schwerdtfeger.
    „Klar!“ rief Egon. „Fast jeden Tag ereigneten sich Zwischenfälle: Sonnenbrände, Diebstähle, Drohungen mit Hunden und andere unterhaltsame Zerstreuungen.“
    „Und die haben euch nicht die Laune verdorben?“ wunderte sich Frau Schwerdtfeger.
    „Im Gegenteil“, sagte Karl, „die waren das Salz an der Suppe. Schließlich sind wir ja losgefahren, um was zu erleben. Wenn alles glatt verlaufen wäre, hätten wir ja gleich zu Hause bleiben und immer um den Sportplatz fahren können.“
    „Da komme ich nicht ganz mit“, sagte Frau Schwerdtfeger erstaunt. „Rosemarie erzählte mir vorhin in der Küche, daß sie keinen rechten Spaß an ihrer Fahrt gehabt hätte, weil dauernd irgend etwas Unerfreuliches passiert sei, auf das sie nicht vorbereitet waren. Mal wurden sie naß, mal kamen sie nicht mehr in die Jugendherberge, weil es schon nach zweiundzwanzig Uhr war, und stets hatten sie Zank miteinander, weil sie sich nicht einigen konnten, ob sie auf der rechten oder der linken Weserseite fahren sollten.“
    „Meistens war Edeltraud schuld an unseren Streitereien“, sagte Rosemarie. „Die wollte immer das Gegenteil von dem, was wir wollten. Und wenn sie sich mal anstrengen und überwinden mußte, stieg sie einfach ab und blieb stehen. Das bringt doch den friedlichsten Menschen auf die Palme. Schon nach drei Tagen waren wir alle sauer wie Zitronen in Weinessig.“
    „Ihr paßtet einfach nicht gut zusammen“, sagte Herr Schwerdtfeger, „daran lag es. Ich glaube doch, daß bei Karl, Guddel und Egon auch mal Meinungsverschiedenheiten auftraten oder nicht?“
    „Natürlich“, sagte Karl, „die lassen sich bei selbständigen Menschen gar nicht vermeiden. Aber die lösten wir wie Salomon. Wenn beispielsweise unser Dichter Schmalz von seinem Spleen heimgesucht wurde und unbedingt in irgendeinem steinzeitlichen Kloster den Moderduft ehrwürdiger Jahrhunderte schnuppern wollte, dann ließen wir ihn von der Leine und vertrieben uns die Wartezeit mit Minigolf und Coca-Cola.“
    „Und
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