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Karl der Dicke & Genossen

Karl der Dicke & Genossen

Titel: Karl der Dicke & Genossen
Autoren: Werner Schrader
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und lockte das gutgläubige Tier in das Schlachthaus seiner Großmutter. Dort stand der Jäger mordgierig hinter der Tür und überredete den armen Wolf, die alte Dame, die scheinheilig im Bett lag, zu verspeisen. Der Wolf, der eine gute Kinderstube sein eigen nannte, mochte die Gastfreundschaft nicht verletzen, überwand sich und schlang die Oma herunter. Die aber war vergiftet. So segnete das Tier schmerzvoll das Zeitliche. Um das Mordopfer zu beseitigen, nähte der Meuchelmörder ihm Steine in den Bauch und versenkte es im Brunnen, nachdem er die giftige Großmutter unzerkaut aus dem Magen des überlisteten Tieres befreit hatte.
    Ach ja, gelahrte Herren, so hat es sich wahrlich zugetragen. Ein Bruder des ermordeten Wolfes erzählte es mir tränenden Auges und blutenden Herzens.“
    Guddel verneigte sich vor dem phantasievollen Großmütterchen und sagte: „Ich danke Ihnen vielmals, liebe Frau. Das war eine Geschichte, die das Aufschreiben lohnt. Allerdings werde ich sie aus der Sicht des Mädchens wiedergeben, vielleicht bekommt sie dann eine menschenfreundlichere Note.“
    „Bitte, gelahrter Herr, verfahren Sie ganz nach Ihrem Belieben. Der arme Wolf ist ja schon tot, so merkt er es nicht, wenn Sie ihn arg verleumden.“
    Frau und Herr Bobenhausen waren während des Brüder-Grimm-Spiels unbemerkt in die Scheune gekommen und klatschten nun Beifall.
    „Ich habe gar nicht gewußt, daß sich eine Geschichte so verändert, wenn sie aus der Sicht eines anderen Mitwirkenden erzählt wird“, sagte Herr Bobenhausen lachend.
    Auch am nächsten Tag regnete es.
    Deshalb setzten die Jungen ihre übermütigen Spiele in der Scheune fort. Diesmal trug Karl das Märchen von Schneewittchen vor, wie es die böse Königin erzählt haben mochte. Als es auch am dritten Morgen noch in Strömen goß, begrub Rolf die Hoffnung auf eine gemeinsame Fahrt zur Sababurg. Seine Mutter, die ihn trösten wollte, wehrte er ab und sagte: „Ach, weißt du, Mutti, es ist noch gar nicht ‘raus, ob wir auf der richtigen Sababurg soviel Spaß gehabt hätten wie auf unserer selbstgebauten.“
    Das bestätigte Frau Bobenhausen gern.
     

 
    Nach sechs Regentagen riß endlich die Wolkendecke auf. Da packten die Jungen ihre Sachen und bereiteten sich auf die Heimfahrt vor.
    „Fahrt ihr dieselbe Strecke zurück?“ fragte Frau Boben-hausen, als alle zum letztenmal gemeinsam um den Frühstückstisch saßen.
    „Ja“, antwortete Guddel. „Eigentlich wollten wir noch in den Harz, aber das haben wir uns aus dem Kopf geschlagen. Wir sind nämlich mittlerweile ein bißchen reisemüde geworden.“
    „Außerdem fängt in sieben Tagen die Schule wieder an“, sagte Karl.
    Frau Bobenhausen füllte Egons Tasse aufs neue und sagte: „Ich hoffe, ihr behaltet uns in guter Erinnerung.“
    „Und wenn ihr wieder mal in diese Gegend kommt, seid ihr auf unserm Hof immer herzlich willkommen“, ergänzte Herr Bobenhausen.
    Die Jungen bedankten sich für die Gastfreundschaft, gaben allen die Hand und bestiegen ihre Räder.
    Rolf begleitete sie noch bis an die Bundesstraße.
    Bei Beverungen verabschiedeten sie sich von ihm und versprachen ihm einen langen Brief aus Bremen.
    Dann waren sie unter sich.
    Es dauerte lange, bis sie sich wieder an das Fahren gewöhnt hatten. Die Pause bei den freundlichen Bobenhausens war doch sehr lang gewesen.
    Nach einer Stunde aber waren sie im alten Tritt.
    Und da überkam sie auch schon wieder die Lust nach neuen Abenteuern.
    „Wißt ihr was“, sagte Egon bei der ersten Rast, „wir sind jetzt so ausgeruht, daß wir uns einen kleinen Umweg leisten können, um zum Hermannsdenkmal zu kommen. Da können wir auf einem Campingplatz zelten. Das müssen wir doch auch mal erlebt haben.“
    „Hm“, machte Karl, „Denkmäler sind ja nicht gerade mein Hobby, aber den kleinen Abstecher lasse ich mir gefallen. Parole ,Trimm dich fit! 1 “
    Guddel hatte die Karte schon ausgebreitet.
    „Leute“, sagte er, „das ist euch noch gerade rechtzeitig eingefallen. Wir sind gleich in Höxter, da müssen wir abbiegen. Nach meiner Berechnung sind es dann noch fünfundvierzig Kilometer.“
    „Mehr nicht?“ fragte Egon. Die reißen wir in einem Zug ‘runter. Auf geht’s! Detmold erwartet unsern Besuch. In drei Stunden liegt der Hermann uns zu Füßen.“
    Aber die Jungen brauchten fast das Doppelte. Wegen der vielen Steigungen. Detmold liegt nämlich beträchtlich höher als Höxter. Hinter der Stadt wurden die Straßen so steil, daß an ein Fahren
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