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Karl der Dicke & Genossen

Karl der Dicke & Genossen

Titel: Karl der Dicke & Genossen
Autoren: Werner Schrader
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jetzt wird dir die Kette keinen Ärger mehr machen.“
    Die Jungen erfuhren, daß das Mädchen Rosemarie hieß, in Minden zu Hause war und ebenfalls eine Weserberglandfahrt gemacht hatte. Allerdings hätten sie und ihre beiden Freundinnen nicht gezeltet, sondern in Jugendherbergen übernachtet.
    „Und wo sind deine Mitstrampler jetzt?“ fragte Karl. „Sie wollten nicht so lange warten, bis mein Fahrrad wieder flott war.“
    „Was denn, die haben dich mit deiner Panne in Wind und Wetter allein gelassen?“
    „Wir hatten uns sowieso schon gestritten.“
    „Das ist doch kein Grund! Guck uns an, wir streiten den ganzen Tag, aber dennoch würde es sich keiner einfallen lassen, einfach abzuhauen, wenn er sich geärgert hat! Auf solch einen infamen Gedanken würde nicht mal der hohlwangige und unterernährte Egon hier kommen.“
    Rosemarie hob die Schultern.
    „Bei Mädchen ist das vielleicht anders“, sagte sie.
    Guddel drückte Egon, der seine Arme schon minutenlang vom Körper abhielt, als sei er in ein Honigfaß gefallen, die kleine Flasche Wundbenzin aus der Verbandstasche in die Hand, legte ein Papiertaschentuch dazu und sagte: „Hier, du Oberspezialist! Aber bitte nur äußerlich anwenden.“ Egon reinigte sich die verschmierten Hände und gab das Wundermittel mit der porentiefen Waschkraft dann an Karl weiter. Der hatte den gröbsten Schmutz schon in seine Hose gerieben und bediente sich des Benzins nur noch zur Nachwäsche. Wohlgefällig betrachtete er die schwarzen Trauerränder seiner Fingernägel.
    „Macht sich gut, dieser deutliche Abschluß“, sagte er. „Man sieht sofort, wo die Finger zu Ende sind.“
    Rosemarie merkte, daß sie in eine ulkige Gesellschaft geraten war, und wurde wieder fröhlich.
    Selbstverständlich setzten sie ihre Fahrt gemeinsam fort. Karl fuhr an der Spitze der Kolonne und gab das Tempo an, Egon blieb neben der neuen Reisegefährtin, und Guddel bildete den Schluß. Er reimte etwas von Not und Tod am Straßenrand im fremden Land. Egon ließ indessen die Erinnerung an seinen unvergleichlichen Kampf mit dem verbrecherischen Jungriesen wieder aufleben. Er illustrierte seinen Bericht mit farbenprächtigen Windhieben über den Lenker hinaus und beeindruckte seinen weiblichen Zuhörer sehr, wenn auch nicht ganz so, wie er es beabsichtigte.
    Über eine Stunde radelten sie in der Schwüle eines aufkommenden Gewitters friedlich dahin. Dann jedoch mußten sie sich nach einem Regenschutz umsehen.
    Um Rosemarie eine weitere Probe ihres Könnens zu geben, bauten sie in fünf Minuten das Zelt auf, unmittelbar neben der Straße auf einem Grasstreifen. Das Mädchen schlüpfte hinein und staunte über die Geräumigkeit. Die Jungen fanden gerade noch Zeit, das Gepäck am Eingang aufzustapeln, da brach ein so heftiges Gewitter los, als sollte die Welt in Stücke geschlagen werden. Rosemarie hockte auf Karls Decke und umklammerte einen der beiden Zeltstäbe. Immer wenn ein Blitz das Zeltinnere taghell erleuchtete, sahen die Jungen, daß sie sich fürchtete.
    „Faß lieber nicht unseren Blitzableiter an!“ warnte Karl. „Der wird glühendheiß, wenn die Blitze an ihm entlangzischen.“
    Aber Rosemarie war es nicht zum Scherzen zumute. Egon merkte das und sagte tröstend: „Es besteht kein Grund zur Aufregung, das Gewitter ist mindesten fünfhundert Meter entfernt!“
    „Wenn nicht sogar etwas weniger“, spottete Karl. „Los, wir legen uns der Länge nach auf den Boden, dann kann nichts passieren!“
    Sie streckten sich aus, hörten den Regen aufs Zelt prasseln und warteten.
    Bald begann es am Fußende zu tropfen.
    „Hat jemand der Herrschaften Durst?“ fragte Karl. „Da rieselt Whisky von der Decke.“
    Ganz allmählich verzog sich das Gewitter. Der Donner verrollte in der Ferne, der Regen verlor an Heftigkeit. Rosemarie atmete auf und setzte sich hin.
    „Puh“, sagte sie, „das ist noch einmal gut gegangen. Aber die Sache ist mir auf den Magen geschlagen, ich muß unbedingt etwas essen.“
    „Ein sympathischer Vorschlag“, stimmte Karl zu. „Mein Magen schreit auch schon um Hilfe. Aber ich fürchte beinah, unsere Vorräte haben sich verflüchtigt.“
    „Meine nicht“, sagte Rosemarie. „Ich habe heute morgen noch groß eingekauft.“
    Zum erstenmal seit sie unterwegs waren, aßen die Jungen nun Brote, auf denen Butter und Wurst gleichmäßig verteilt waren und die man anfassen konnte, ohne sich die Hände zu beschmieren. Rosemarie verteilte ihre Vorräte gleichmäßig an alle
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