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Karl der Dicke & Genossen

Karl der Dicke & Genossen

Titel: Karl der Dicke & Genossen
Autoren: Werner Schrader
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durch den Nachbargarten, ohne auf den wütenden Spitz zu achten, der sich die Seele aus dem Hals bellte. Hinter der Garage wären sie fast über Herrn Meier gefallen, der dort auf den Knien lag und die Rasenkanten beschnitt. Dann stießen sie die Pforte auf und waren in Sicherheit. Fürs erste!
    Ohne sich zu besprechen, schlugen sie den Weg zum Reiherholz ein, einem kleinen Wald in der Nähe, in dem man sich gut verstecken konnte. Auf einer gefällten Kiefer ließen sie sich nieder. „Uff“, sagte Karl, „das war wieder mal ein Abenteuer für Zurückgebliebene! Da soll uns mal einer sagen, hier sei in den Ferien nichts los!“
    „Heinz ist mit seinen Eltern in Italien“, sagte Guddel sinnend. „Die wollen bis nach Sizilien ‘runter.“
    „Bis nach Sizilien?“ fragte Karl. „Die sind ja nicht ganz echt.“
    „Bist wohl neidisch, was?“ sagte Egon.
    „Ja, ganz bestimmt! Besonders auf die lange Fahrt in dem stinkigen Auto. Da weiß ich aber was Besseres, du! Der arme Heinz kann einem leid tun.“
    „Zu Hause zu sitzen ist auch nicht das einzig Wahre“, bemerkte Guddel.
    „Aber immer noch besser, als wochenlang in feinen Klamotten ‘rumzulaufen und ewig Makkaroni zu mampfen!“ Egon säbelte mit seinem schicken Taschenmesser an der Rinde des Baumes herum.
    „Wir müssen ja nicht zu Hause bleiben“, sagte er. „Wir können doch auch verreisen. Mit dem Fahrrad.“
    Karl lag schon eine deftige Antwort auf der Zunge, aber er würgte sie herunter.
    „Mensch“, sagte er nur, „wie kommste denn darauf?“
    „Das liegt doch nahe“, sagte Egon. „Geld haben wir nicht, aber Fahrräder. Also verreisen wir mit dem Fahrrad.“
    Guddel Schmalz fand die Idee prima. Karl war nüchterner. Er gab zu bedenken, daß man auch für eine Fahrt mit dem Fahrrad Geld brauche.
    „Und ich“, sagte er, „habe ganze zwei Mark achtundzwanzig in meinem Portemonnaie.“
    „Ein gutes Startkapital“, sagte Egon. „Das andere wird unterwegs verdient.“
    „Klar!“ sagte Guddel. „Mit Kartoffeln buddeln und so.“
    „Kartoffeln buddeln im Juli, du Witzbold“, sagte Karl. „Dann sind die frühen ‘raus und die späten noch nicht reif.“
    „Wenn es keine Kartoffeln gibt, dann buddeln wir eben etwas anderes aus. Irgendwas wird schon reif sein.“
    „Meine Tante Hedwig aus Hannover!“ rief Karl plötzlich freudig.
    „Die willste ausbuddeln?“ fragte Egon.
    „Quatsch, die besuchen wir. Die hat nämlich einen großen Garten und niemanden, der ihr die Äpfel pflückt. Und Geld hat sie wie Heu. Da können wir bestimmt eine Zeitlang bleiben. In Bielefeld hab’ ich auch noch eine Tante wohnen. Die ist zwar furchtbar geizig, hat aber eine Schlachterei. Satt essen können wir uns bei der sicher. Na, und ein paar Mettwürste werden auch abfallen.“
    „Also wäre für den Proviant schon gesorgt“, sagte Guddel. „Unterbrich mich nicht“, ereiferte sich Karl, „ich biete noch mehr. In Hameln haust einer meiner beiden Opas, Opa Hameln. Der war früher Meister in den Mühlenwerken und kriegt eine gute Rente. Bei dem schauen wir auch mal ‘rein.“
    „Mensch, wir können doch nicht alle deine Onkel und Tanten abklappern!“ rief Egon.
    „Und ob wir das können!“ widersprach Karl. „Die freuen sich immer, wenn sie mich sehen. Und wenn ich wieder gehe, freuen sie sich noch mehr. Paßt auf, ich entwickle euch meinen Plan! Wir besuchen die lieben Verwandten zu dritt, bringen fröhliche Unruhe ins Haus, baden oder duschen, verlangen Flickzeug für die Fahrräder, entwickeln einen guten Appetit bei den Mahlzeiten und lassen durchblicken, daß wir Zeit hätten, auch länger zu bleiben, wenn es gewünscht würde. Ich garantiere euch, schon am zweiten Tag machen die lieben Tanten und Onkel uns ein Freßpaket zurecht und drücken uns ein paar Mark in die Hand, damit wir bloß verschwinden.“
    Egon nickte.
    „Schlecht wäre das nicht“, sagte er, „sofern deine Rechnung auf geht. Aber verlassen können wir uns auf diese Einnahmen nicht. Wir müssen uns auch noch anderweitig Geld beschaffen. Wenn ich bloß wüßte, wie!“
    Guddel kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe. „Vielleicht könnte ich so eine Art Fahrtenbuch schreiben“, sagte er, „und das einer Zeitung anbieten. Dafür bekommt man doch ein Honorar.“
    „Quatsch! So was liest kein Mensch“, sagte Egon. „Drei Jungen gehn auf Fahrt und betteln ihre Tanten an! Das drucken die nicht mal, weil es unmoralisch ist.“
    „Doch!“ rief Karl und sprang hoch, als
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