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Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman
Autoren: Akif Pirinçci
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    1. Kapitel
     
    Im Krieg und in der Liebe sind alle Mittel erlaubt, sagt man. Wenn dem so ist, dann auch die Liebe im Krieg. Und die sollte ich in den folgenden Tagen kennenlernen. Doch wie so oft im Leben würde diese Liebe sich erst als eine solche entpuppen, nachdem das Liebesobjekt dahingeschwunden ist. Kommen Sie, folgen Sie mir; ich erzähle Ihnen eine Geschichte über Krieg und liebenswerte Feinde und darüber, warum Feinde für uns so lebensnotwendig sind wie die Luft zum Atmen.
    Wie bei fernem Donnergrollen kündigte sich die Gefahr zunächst nur indirekt an - dank ungebetener Gäste hatte ich beiläufig erfahren, daß in diesem Krieg schon sieben ins Gras gebissen hatten. Drei der Unsrigen und vier der Ihren. Ein Krieg, der weder eröffnet worden war noch im Geiste der Beteiligten im gegenwärtigen Stadium richtig Gestalt angenommen hatte, jedoch so virulent schien wie eine anschwellende Grippeepidemie. Meine unfreiwillige Einmischung in die Sache begann im vergangenen Mai in Gustavs übergroßem Bett. Das Teil erweckte in seinem Zustand grandioser Unordnung den Eindruck, als hätten darin letzte Nacht ein Dutzend dieser inflationären TV-Catcher eine unvergeßliche Show abgezogen. Zudem duftete es nach fossilem Schweiß, Käsefuß-Reminiszenzen und den faszinierenden Körperausdünstungen eines fünfundfünfzig Jahre alten und hundertdreißig Kilo schweren Fleischklopses in Menschengestalt. Doch war es wohl gerade der vertraute Unwohlgeruch des ewigen Lebensgefährten oder ein narkotisierendes Gas aus der Matratze, das dem Schlaf die orgiastische Qualität verlieh - sei's drum, jedenfalls war es nirgendwo anders angenehmer, dem kleinen Tod zu frönen.
    Süßsaure Gemütlichkeit ruhte an diesem Ort wie eine fette Mama mit zehn Brüsten, die jedes Mäulchen willkommen heißt.
    Ich klappte die Lider einen Millimeter weit auf, linste schläfrig durch das Zimmer und versuchte herauszubekommen, was mich wohl geweckt hatte. Die kosende Frühlingssonne flutete durch die Scheiben der Gartentür und tauchte den Raum in absurd grelles Licht. Es war eine urige Höhle: Schrank, Kommode und Bett in solch putzigem Holzdesign, als hätte der alte Gepetto höchstpersönlich Hand angelegt; dazu ein ovaler Läufer unbestimmter Couleur, sicherlich ein Milben-Metropolis, und überall Türme von archäologischer Fachliteratur, wurmzerfressen und von der Sonne gebleicht. Das i-Tüpfelchen der Intellektuellenbehaglichkeit war eine Original-Polizeiverhörlampe mit kohlschwarzem Blechschirm direkt neben dem Bett.
    Erwähnte ich das Wörtchen »intellektuell«? Nun ja, Gustav verdient seine Brötchen nicht gerade als Zehnkämpfer bei Sportveranstaltungen. Sein Fach ist die Archäologie, Spezialgebiet ägyptisches Götterwesen, womit er es inzwischen sogar zum Leiter eines hochangesehenen Instituts gebracht hat. Doch ihn als monokelscharfen Denker zu klassifizieren, wäre etwa so zutreffend, als bescheinigte man einem Esel das Verständnis für Astronomie, nur weil er den Mond anjammert. Eher macht er auf mich den Eindruck eines Kopfverletzten, bei dem durch glückliche Fügung ein paar (zu vernachlässigende) Hirnregionen heil geblieben sind. Beweise? Also wenn ich ständig in die Verlegenheit käme, daß selbst der großflächigste Standspiegel nur noch einen kleinen Ausschnitt von meinem Leib zu zeigen vermag, würde ich nicht gerade eine zweihundert Exemplare umfassende Kochbuchsammlung mein eigen nennen wollen und wie ein Triebtäter zu jeder Tages- und Nachtzeit die Weisheiten daraus an mir zur aufgedunsenen Realität werden lassen. Wenn ich auf Frauen eine so elektrisierende Wirkung hätte wie Gülle, würde ich nicht soviel auf die Liebesschwüre zwielichtiger Kneipenbekanntschaften geben, um mich nach der Gewährung einer Nachtunterkunft am nächsten Tag zu fragen, weshalb bloß das Liebesobjekt nebst dem Original einer unschätzbar wertvollen Hieroglyphentafel spurlos verschwunden sind. Und ich würde nicht jedesmal in stundenlangen Jubel ausbrechen, wenn ich eine Drucksache mit der in der Tat erfreulichen Überschrift erhielte »Gratuliere, Sie haben eine Million Mark gewonnen!« - ohne das Kleingedruckte »Jedenfalls beinahe, wenn Sie unsere Eieruhr bestellen und an der großen Verlosung teilnehmen« gelesen zu haben. Ich meine, man kann ja ein Trottel sein, doch sollte man möglichst vermeiden, daß die Zurschaustellung der eigenen Trotteligkeit bei seinen Mitgeschöpfen Hautausschlag verursacht.
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