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Tod im Schärengarten

Tod im Schärengarten

Titel: Tod im Schärengarten
Autoren: Viveca Sten
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Sonntag
Kapitel 1
    Die Frauenstimme auf Funkkanal sechzehn zählte langsam rückwärts.
    »Zehn, neun, acht …«
    Das Meer wimmelte von Schiffen. Die großen Hochseeregattaboote mit ihren enormen Segeln und glänzenden Rümpfen drängten sich an der Startlinie, wenige Distanzminuten von Sandhamn entfernt. Außerhalb des Startbereichs manövrierten die Zuschauer ihre Boote im Kampf um den besten Beobachtungsposten. Mit Ferngläsern verfolgten sie gespannt das Schauspiel vor ihren Augen.
    Querab steuerbords der Startlinie lag das Startfahrzeug, ein von der Marine zur Verfügung gestelltes Minenräumschiff.
    Die Segel blähten sich wie Ballons, um die leichte Brise voll auszuschöpfen. Die Voraussetzungen für einen spannenden Wettkampf waren perfekt.
    »Sieben, sechs …«
    Die Wettkampfboote navigierten geschickt, um sich zu positionieren. Es grenzte an ein Wunder, dass sie einander nicht rammten. Manchmal trennten sie nur wenige Handbreit in ihrem Kampf um den besten Startplatz – so nahe der orangefarbenen Luvflagge wie möglich.
    »Fünf, vier …«
    Bei »drei« würde man die Startpistole abfeuern. Das Signal brauchte ein paar Sekunden, um von allen gehört zu werden.
    Der erste Vizevorsitzende der Königlich Schwedischen Seglergesellschaft, Rechtsanwalt Oscar Juliander, stand breitbeinig und selbstsicher am Ruder seines schlanken grünen Swan-Boots, einer eleganten Schönheit, die auf den Namen Emerald Gin getauft war. Sie maß einundsechzig Fuß, bot Platz für fünfzehn Mann Besatzung und hatte ihn ein stolzes Sümmchen gekostet. Über zwölf Millionen hatte er der Nautor-Werft in Finnland dafür hinblättern müssen.
    Aber sie war jede Krone wert, dachte Oscar Juliander. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn sie heute nicht als Erste vomStart wegkämen. In diesem Sommer würde er den Gesamtsieg der Regatta »Gotland Runt« nach Hause holen, koste es, was es wolle.
    Das Adrenalin pulsierte in seinen Adern. Gott im Himmel, wie er das Segeln liebte!
    Er warf einen raschen Blick voraus aufs Meer und bemerkte erfreut den Hubschrauber des Fernsehsenders, der über ihnen kreiste. Das würde ein schönes Bild abgeben, wenn die Emerald Gin als Erste die Startlinie überquerte.
    Wie üblich hatte er nichts dagegen, in den Medien zu erscheinen, so wie die Medien nichts dagegen hatten, über ihn zu berichten. Hauptsache, er hielt bis zum Schluss die begehrte Position hoch am Wind, um die alle kämpften.
    Er ballte die Fäuste. Gleich, gleich würden sie auf dem Weg nach Gotland sein.
    Es schäumte unter dem Kiel, als sein Boot durchs Wasser schnitt, nur wenige Meter von der Startlinie entfernt. Sie durften sie nicht zu früh queren, sonst mussten sie zurück und den Start wiederholen. Das würde wertvolle Minuten kosten und konnte über Sieg oder Niederlage entscheiden.
    Er hielt den Atem an, während die letzten Sekunden heruntergezählt wurden. Jetzt waren sie so dicht dran, dass er die Startboje beinahe berühren konnte.
    Der Rauch aus der Startpistole stieg in den Himmel, und im nächsten Moment dröhnte der Schuss übers Meer.
    Der erste Vizevorsitzende Oscar Juliander kippte langsam nach vorn. Die Hände glitten vom Steuerrad, bedeckt von dem Blut, das aus der Wunde in seiner Brust strömte. Seine blicklosen Augen nahmen nicht mehr wahr, dass das Rennen begonnen hatte. Noch ehe sein Körper dumpf auf dem Deck aufschlug, hatte er das Bewusstsein verloren.
    Der Schuss, der Oscar Juliander tötete, fiel perfekt mit dem Schuss zusammen, der den Teilnehmern das Startsignal gab.
    Die Emerald Gin überquerte die Startlinie als erstes Boot ihrer Klasse.

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Kapitel 2
    »Was machen die denn nur?«, rief Kriminalkommissar Thomas Andreasson aus.
    Er stand zusammen mit Peter Lagerlöf, seinem besten Freund bei der Wasserschutzpolizei, an Deck eines der schnellsten Schiffe der Polizeiflotte, einem Kampfboot 90 mit fast sechzehn Metern Länge und einer Höchstgeschwindigkeit von vierzig Knoten.
    Thomas hatte dieses Boot selbst befehligt, als er noch bei der Wasserschutzpolizei war. Aber jetzt war Peter der Schiffsführer, denn Thomas hatte sich vor einigen Jahren zur Kriminalabteilung der Polizeistation Nacka versetzen lassen.
    Als Peter ihn gefragt hatte, ob er mitkommen und sich vom Boot aus den Start der Regatta anschauen wolle, hatte er keine Sekunde gezögert. Einen Tag auf dem Wasser ließ man sich nicht entgehen. Schon gar nicht, wenn es um die größte Hochseeregatta Nordeuropas ging.
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