Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
Vom Netzwerk:
wollen?«
    Gegen seine Art des Standpunktwechsels war man machtlos. Droch sah fast so spöttisch drein wie alle anderen.
    Als die Sitzung dann endlich vorüber war, stellte ich Droch im Gang zu seinem Zimmer. »Danke für deine Unterstützung.«
    »Sei froh, dass ich nichts gesagt habe.«
    »Was hast du gegen Supermarktkassiererinnen?«
    »Liebe Güte, einkaufen geht meine Frau – zum Glück. Ich hab nichts für und nichts gegen sie. Nur muss ich nicht die Welt retten wie eine gewisse Frau Valensky.«
    »Das ist eine gute Story. Wer macht sich schon Gedanken über die Frauen in Supermärkten?«
    »Eben, darüber will sich niemand Gedanken machen.«
    »Und so soll es bleiben.« Ich hatte mich in Rage geredet.
    Droch grinste. »So bleibt das, ob du willst oder nicht. Außerdem gibt es eine Menge an gesetzlichen Bestimmungen, viel zu viele, wenn du mich fragst. Konzerne hüten sich, sie nicht einzuhalten, sonst haben sie gleich ein paar aufgeplusterte Sozialromantiker wie dich am Hals.«
    »Bei Ultrakauf wurde ein Überfall vertuscht. Einige Wochen später wäre die Leiterin der Fleischabteilung fast ums Leben gekommen. Das interessiert auch niemand?«
    Droch schüttelte milde den Kopf. Mich machte das nur noch wütender. Ich fühlte mich im Recht, und doch kam ich mir lächerlich vor. »Die rote Karin wäre fast von einem Stapel Cognac-Kartons erschlagen worden.«
    »Die ›rote Karin‹ – du meine Güte, wo bist du da wieder hingeraten. Kommunistin, darf ich tippen? Daher dein plötzlicher Weltverbesserungsanfall.«
    »Rote Haare, mindestens eins achtzig groß, über fünfzig, liegt im Krankenhaus.« Das mit der Gewerkschaft verschwieg ich lieber. Droch war ein konservativer alter Zyniker, dumm, bei ihm auch andere, menschlichere Züge zu vermuten. Droch ergriff meine rechte Hand. »Du brummelst so wütend vor dich hin, dass ich es kaum wage, dich auf ein schnelles Mittagessen einzuladen.«
    Wider Willen musste ich lächeln. »Wann?«
    »Sagen wir halb zwei? Beim Türken?«
    So zeitig war ich schon lange nicht mehr aufgestanden. Aber in der Früh, dachte ich, würde im Ultrakauf noch wenig Betrieb sein und ich könnte in Ruhe meine Fragen stellen. Schon als ich in den Parkplatz einbog, erkannte ich meinen Irrtum. Er war bereits zu gut zwei Drittel gefüllt. Mit morgendlichem Elan strebten Frauen und wenige Männer der Glasfront des Einkaufstempels entgegen. Euromünzen wurden in Einkaufswagen gesteckt, schon gefüllte Einkaufswagen Richtung Auto gekarrt, Taschen und Säcke wurden verladen, Autotüren geöffnet und zugeschlagen. Was wollten all die Menschen hier kurz nach acht? Einige Momente überlegte ich, ob ich per Zufall in eine Sonderangebotsaktion geschlittert war. Dann aber erinnerte ich mich daran, dass der Lebensrhythmus vieler Leute eben anders war als meiner. Eine jüngere Frau hetzte mit konzentriertem Gesicht an mir vorbei, wahrscheinlich musste sie Punkt neun in der Arbeit sein. Männer unter sechzig waren um diese Tageszeit so gut wie keine zu sehen. Die traf man bisweilen am späten Nachmittag, oder aber sie klammerten sich an Wochenenden an den Einkaufswagen ihrer Frau, reagierten aggressiv auf alle anderen, die nach Beute jagten, und bildeten nahezu unüberwindbare Verkehrshindernisse.
    Ob ich es später noch einmal probieren sollte? Ich hatte in der Redaktion eine Menge an Routinearbeit zu erledigen, also schnappte auch ich mir einen Einkaufswagen und drängelte mit den anderen durch die automatische gläserne Drehtüre. Grete Bergers gelbe Haare leuchteten mir entgegen. Ich ging zu ihrer Kasse, sie sah mich erschrocken an. »Gibt es etwas Neues?«
    »Nicht direkt, ich wollte bloß mit einigen Leuten …«
    Die Kundin an der Kasse mischte sich empört ein: »Werden da Privatgespräche geführt, oder machen Sie endlich weiter?« Ihr Ton war scharf und spitz, er passte so gar nicht zu dem rosa Kostüm mit dem eng sitzenden Rock, der viel von ihren allzu sehr gerundeten Knien sehen ließ. Die Kassiererin zuckte zusammen. »Später«, zischte sie mir zu und zog schon wieder eilfertig Waren über die Scannerkasse. Ich sah die Schlangen an allen Kassen und fragte mich, wie spät »später« denn sein würde.
    Grete hatte allen Mut zusammengenommen und sich kurzfristig ablösen lassen. Wir standen im Eck bei dem Automaten für Pfandflaschen.
    »Die rote Karin und andere machen das immer wieder. Sie sagen, sie müssen auf die Toilette. Auch Kassiererinnen sperren für ein paar Minuten ihre Kasse zu. Aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher