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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
Autoren: Jodi Picoult
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Charlotte
    14. Februar 2002
    Ständig brechen oder zerbrechen irgendwelche Dinge. Gläser, Geschirr und Fingernägel. Autos, Schallplatten und Kartoffelchips. Man kann ein Pferd brechen oder einen Vertrag. Man kann das Eis brechen. Stimmen brechen ; Schweigen wird gebrochen, und Tag und Nacht brechen an.
    In den letzten beiden Monaten meiner Schwangerschaft habe ich mir eine Liste all dieser Dinge gemacht in der Hoffnung, es würde deine Geburt einfacher gestalten.
    Versprechen werden gebrochen.
    Und Herzen.
    In der Nacht vor deiner Geburt habe ich mich im Bett aufgesetzt, um der Liste etwas hinzuzufügen. Ich kramte im Nachttisch nach Stift und Papier, doch Sean legte seine warme Hand auf mein Bein. Charlotte? , fragte er. Ist alles in Ordnung?
    Bevor ich ihm darauf antworten konnte, zog er mich in die Arme, drückte mich an sich, und ich schlief friedlich ein. Was ich niederschreiben wollte, war vergessen.
    Erst Wochen später, als du schon da warst, fiel mir wieder ein, welcher Gedanke mich in jener Nacht geweckt hatte: Verwerfungen. Das sind die Stellen, an denen die Erde auseinanderbricht. Das sind die Stellen, wo Erdbeben entstehen und Vulkane geboren werden. Oder anders gesagt: Die Welt zerbröckelt unter uns; der feste Boden unter unseren Füßen ist Illusion.
    Du bist während eines Sturms angekommen, den niemand vorausgesagt hat. Ein »Nordoster«, sagten die Meteorologen später, ein Blizzard, der eigentlich nach Norden in Richtung Kanada hätte ziehen sollen, anstatt sich in einen wahren Rausch zu steigern und über der Küste Neuenglands niederzugehen. Aus den Nachrichten verschwanden die Berichte über ein Highschool-Pärchen, das sich in einem Altenheim wiedergetroffen und geheiratet hatte. Stattdessen wurde in einem fort gemeldet, wie stark der Sturm war und in welchen Gemeinden durch Vereisungen der Strom ausfiel. Amelia saß in der Küche und bastelte Valentinskarten, während ich beobachtete, wie sich über ein Meter Schnee vor der Glasschiebetür türmte. Im Fernsehen waren Bilder von Autos zu sehen, die von der Straße rutschten.
    Mit zusammengekniffenen Augen schaute ich auf den Bildschirm, ob es sich bei dem Fahrer des Streifenwagens, der mit blinkendem Blaulicht hinter einem umgestürzten Fahrzeug stand, um Sean handelte.
    Ein lauter Knall an der Schiebetür ließ mich erschrocken zusammenzucken. »Mami!«, schrie Amelia; auch sie hatte sich erschreckt.
    Ich drehte mich gerade um, als der nächste Hagelschlag einen fingerlangen Sprung in das dicke Glas machte, aus dem rasch ein faustgroßes Netz von Rissen wuchs. »Daddy wird das später wieder in Ordnung bringen«, sagte ich.
    Das war der Augenblick, in dem meine Fruchtblase platzte.
    Amelia schaute zwischen meine Füße. »Dir ist da was passiert.«
    Ich tappte zum Telefon, und als Sean nicht ans Handy ging, rief ich in der Zentrale an. »Ich bin die Frau von Sean O’Keefe«, sagte ich. »Bei mir haben die Wehen eingesetzt.« Der Diensthabende sagte, er werde einen Krankenwagen schicken, aber es könne eine Weile dauern; aufgrund der vielen Autounfälle seien alle unterwegs.
    »Ist schon okay«, sagte ich und erinnerte mich, wie lange ich mit deiner Schwester in den Wehen gelegen hatte. »Vermutlich habe ich ohnehin noch Zeit.«
    Plötzlich überfiel mich eine derart starke Wehe, dass ich mich zusammenkrümmte und den Hörer fallen ließ. Amelia starrte mich mit aufgerissenen Augen an. »Alles in Ordnung, Liebling«, log ich und lächelte, bis mir die Wangen schmerzten. »Mir ist nur das Telefon runtergefallen.« Ich griff nach dem Hörer, und diesmal rief ich Piper an, der ich jetzt am ehesten zutraute, mich zu retten.
    »Du kannst noch keine Wehen haben«, erklärte sie im Brustton der Überzeugung, obwohl sie es natürlich besser wusste – sie war nicht nur meine beste Freundin, sie hatte auch mit mir an dem Geburtshilfekurs teilgenommen. »Der Kaiserschnitt ist erst für Montag angesetzt.«
    »Ich glaube nicht, dass das Baby darüber informiert worden ist«, keuchte ich und biss die Zähne zusammen, weil schon wieder eine Wehe kam.
    Piper sprach nicht aus, was wir beide dachten: dass ich dich nicht auf natürliche Weise zur Welt bringen durfte. »Wo ist Sean?«
    »Ich … ich weiß nicht … oh, Piper!«
    »Atme«, sagte Piper instinktiv, und ich begann zu keuchen, ha-ha-hi-hi , wie ich es gelernt hatte. »Ich werde Gianna anrufen und ihr sagen, dass wir auf dem Weg sind.«
    Gianna war Dr. Del Sol, die Spezialistin, die ich vor
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