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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
Autoren: Jodi Picoult
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erwidert habe, das dauere noch gute fünf Monate, hat sie erklärt, das sei zu lang. Stattdessen hat sie so getan, als wärst du schon da. Sie trug ihre Lieblingspuppe herum und nannte sie »Schwesterchen«. Manchmal, wenn sie dazu keine Lust mehr hatte oder von etwas abgelenkt wurde, ließ sie die Puppe auf den Kopf fallen, und dein Vater hat gelacht. Gott sei Dank ist das nur das Übungsexemplar , hat er dann immer gesagt.
    Sean stand in der Tür, während Amelia aufs Bett und zu Piper auf den Schoß kletterte, um ihr Urteil abzugeben. »Sie ist viel zu klein, um mit mir Rollschuh zu fahren«, sagte Amelia. »Und warum sieht sie wie eine Mumie aus?«
    »Das sind Schleifen«, antwortete ich, »wie bei einem Geschenk.«
    Das war das erste Mal, dass ich gelogen habe, um dich zu beschützen, und als hättest du das mitbekommen, bist du in diesem Augenblick aufgewacht. Du hast nicht geweint, dich nicht gewunden. »Was ist denn mit ihren Augen passiert?« Amelia schnappte nach Luft, und wir alle sahen zum ersten Mal das deutlichste Merkmal deiner Krankheit: Die Lederhaut deiner Augen war nicht weiß, sondern strahlend blau.
    Mitten in der Nacht hatten die Krankenschwestern Schichtwechsel. Du und ich, wir schliefen beide tief und fest, als die Neue den Raum betrat. Träge wachte ich auf, sah ihren Schwesternkittel und las das Namensschild. »Warten Sie«, sagte ich, als sie nach deiner Windel griff. »Vorsichtig.«
    Sie lächelte nachsichtig. »Entspannen Sie sich, Mom. Ich habe schon zehntausend Windeln gewechselt.«
    Doch das war, bevor ich gelernt habe, mich für dich einzusetzen, und als sie an der Windel zog, zog sie zu schnell. Du hast dich auf die Seite gerollt und zu kreischen begonnen. Das war nicht das Weinen, mit dem du zu verkünden pflegtest, dass du Hunger hast; das war das schrille Schreien, das ich nach deiner Geburt gehört hatte. »Sie tun ihr weh!«
    »Sie mag es einfach nicht, mitten in der Nacht geweckt zu werden …«
    Es setzte mir schon furchtbar zu, dich so schreien zu hören, doch dann wurde auch noch deine Haut vollkommen blau, und dein Atem ging schnell und flach. Die Krankenschwester beugte sich mit ihrem Stethoskop über dich. »Was ist denn los? Was hat sie denn?«, verlangte ich zu wissen.
    Die Krankenschwester runzelte die Stirn, während sie deine Brust abhörte, und plötzlich wurdest du ganz schlaff. Die Schwester drückte einen Knopf hinter meinem Bett. » Code Blau «, hörte ich, und binnen Sekunden war der Raum voller Menschen, obwohl es mitten in der Nacht war. Dann Diagnosen und Anweisungen im Stakkato: Sie ist hypoxämisch … Luft in den Arterien … Stickstoff bei achtundvierzig Prozent … Zuführung von FIO2 …
    »Ich beginne mit der Herzmassage«, sagte jemand.
    »Das Kind hat OI .«
    »Besser leben mit gebrochenen Rippen als mit heilen Knochen sterben.«
    »Wir brauchen ein tragbares Bruströntgengerät …«
    »Links waren keine Atemgeräusche zu hören, als das begonnen hat …«
    »Es hat keinen Zweck, auf den Röntgenapparat zu warten. Es könnte zu einem Pneumothorax gekommen sein …«
    Zwischen zwei weißen Kitteln hindurch sah ich eine Nadel aufblitzen und zwischen deine Rippen dringen, und dann, nur Augenblicke später, schnitt ein Skalpell knapp unter dem Einstich in deine Haut. Blut war zu sehen, eine Klammer und schließlich ein Schlauch, den man dir in den Brustkorb schob. Ich schaute zu, wie sie den Schlauch einnähten.
    Als Sean eintraf, atemlos und völlig außer sich, hatte man dich schon auf die Intensivstation verlegt. »Sie haben sie aufgeschnitten«, schluchzte ich; mehr brachte ich nicht heraus. Sean nahm mich in die Arme, und endlich ließ ich den Tränen freien Lauf, die ich bis dahin ängstlich zurückgedrängt hatte.
    »Mr. und Mrs. O’Keefe? Ich bin Dr. Rhodes.« Ein Mann, der aussah, als könnte er noch zur Highschool gehen, steckte den Kopf zur Tür herein, und Sean packte fest meine Hand.
    »Ist Willow okay?«, fragte er.
    »Wann können wir sie sehen?«
    »Bald«, antwortete der Arzt, und der Kloß in meinem Hals löste sich langsam auf. »Beim Röntgen hat sich der Verdacht einer gebrochenen Rippe bestätigt. Sie war mehrere Minuten lang hypoxämisch, was wiederum mit einem sich erweiternden Pneumothorax in Verbindung stand. Als Folge davon kam es zu einer mediastinalen Verlagerung und kardiopulmonalem Arrest.«
    »Reden Sie Englisch mit uns, verdammt!«, brüllte Sean.
    »Sie hat über mehrere Minuten hinweg keinen Sauerstoff
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