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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
Autoren: Jodi Picoult
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knapp acht Wochen auf Pipers Bitte hin hinzugezogen hatte. »Wir?«
    »Wolltest du etwa selber fahren?«
    Fünfzehn Minuten später hatte ich deine Schwester bestochen, das Fragen sein zu lassen, indem ich sie auf die Couch setzte und Blau und Schlau einschaltete. Ich habe mich neben sie gesetzt, in Vaters Wintermantel, denn ein anderer passte mir nicht mehr.
    Als damals bei Amelias Geburt die Wehen einsetzten, stand die gepackte Tasche bereits neben der Tür. Ich hatte einen Geburtsplan und eine eigens zusammengestellte Musikkassette bei mir, die im Kreißsaal gespielt werden sollte. Ich wusste, es würde schmerzhaft werden, doch dafür winkte eine schier unglaubliche Belohnung: das Kind, auf das ich monatelang sehnsüchtig gewartet hatte. Darum war ich bei meinen ersten Wehen ganz aufgeregt gewesen.
    Diesmal jedoch war ich wie versteinert. In meinem Bauch warst du einfach sicherer als draußen.
    Dann stand plötzlich Piper in ihrem leuchtend pinkfarbenen Parka in der Tür und füllte den Raum mit ihrer selbstbewussten Stimme. » Blau und Schlau? «, sagte sie und machte es sich neben deiner Schwester bequem. »Das ist meine absolute Lieblingssendung, weißt du … nach Jerry Springer natürlich.«
    Amelia. Bis dahin hatte ich noch nicht einmal darüber nachgedacht, wer auf sie aufpassen würde, während ich im Krankenhaus war, um dich zur Welt zu bringen.
    »Wie weit sind sie auseinander?«, fragte Piper.
    Die Wehen kamen inzwischen alle sieben Minuten. Als die nächste wie eine Flut über mich hereinbrach, krallte ich mich in die Couchlehne und zählte bis zwanzig, den Blick fest auf die Risse in der Glastür gerichtet.
    Um das Zentrum hatte sich spiralförmig Reif ausgebreitet. Ein beängstigender, wenn auch schöner Anblick.
    Piper nahm meine Hand. »Alles wird gut, Charlotte«, versprach sie mir, und weil ich eine Närrin war, habe ich ihr geglaubt.
    Die Notaufnahme war voller Menschen, die bei Unfällen während des Sturms verletzt worden waren. Junge Männer hielten sich blutige Handtücher an den Kopf, und auf Tragen lagen jammernde Kinder. Piper führte mich an allen vorbei und in die Gynäkologie hinauf, wo Dr. Del Sol bereits im Gang auf und ab lief. Binnen zehn Minuten gab man mir eine Periduralanästhesie und fuhr mich in den Operationssaal für einen Kaiserschnitt.
    Ich spielte dabei ein Spiel mit mir selbst: Wenn in diesem Gang eine gerade Zahl von Leuchtstoffröhren an der Decke hing, würde Sean noch rechtzeitig eintreffen. Wenn mehr Männer als Frauen im Aufzug waren, würde sich alles als falsch erweisen, was die Ärzte mir gesagt hatten. Ohne dass ich Piper hatte bitten müssen, hatte sie sich OP -Kleidung angezogen, um notfalls für Sean an meiner Seite einspringen zu können. »Er wird schon noch rechtzeitig kommen«, sagte sie und schaute zu mir herunter.
    Der Operationssaal war kalt und metallisch. Eine Krankenschwester mit grünen Augen – das war alles, was ich zwischen Maske und Kappe von ihr sehen konnte – hob mein Krankenhaushemd hoch und rieb mir den Bauch mit Betadine ein. Als sie das sterile Abdecktuch darüberlegten, bekam ich Angst. Wenn nun mein Unterleib nicht ausreichend betäubt war und ich das Skalpell noch spüren konnte? Was, wenn du entgegen all meiner Hoffnung die Geburt nicht überleben würdest?
    Plötzlich flog die Tür auf, und Sean wehte mit einem kalten Luftzug herein. Er band sich eine Maske vors Gesicht und hatte sich das OP -Hemd nur halb in die Hose gesteckt. »Warten Sie!«, rief er. Er trat an den Tisch und berührte meine Wange. »Schatz«, sagte er. »Es tut mir leid. Als ich es gehört habe, bin ich so schnell wie möglich …«
    Piper tätschelte Sean den Arm. »Da ist ja das Publikum«, bemerkte sie und machte ihm Platz, doch nicht ohne mir noch mal schnell die Hand zu drücken.
    Und dann war Sean an meiner Seite. Ich spürte seine warmen Hände auf meinen Schultern, und der Klang seiner Stimme lenkte mich ab, als Dr. Del Sol das Skalpell ansetzte. »Ihr habt mir eine Heidenangst eingejagt«, sagte er. »Was habt ihr beide euch nur dabei gedacht, allein zu fahren?«
    »Dass wir das Kind nicht auf dem Küchenboden bekommen wollen?«
    Sean schüttelte den Kopf. »Es hätte etwas Furchtbares passieren können.«
    Ich spürte ein Ziehen unter dem weißen Abdecktuch. Unwillkürlich atmete ich tief ein und drehte den Kopf zur Seite. Da habe ich es dann gesehen: das vergrößerte Ultraschallbild aus der 27. Woche mit deinen sieben Knochenbrüchen, den
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