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Adams Pech, die Welt zu retten

Adams Pech, die Welt zu retten

Titel: Adams Pech, die Welt zu retten
Autoren: Arto Paasilinna
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Erster Teil
    Eins
     
    Das Opfer des jüngsten Unfalls in dem Örtchen Tattarisuo hieß Aatami Rymättylä. Mit qualmendem Overall flog er auf der Druckwelle einer Wasserstoffexp-losion aus dem Labor der Akku-AG.
    Die Halle aus Stahlblech klapperte noch eine Weile, von drinnen war das Klirren berstenden Glases zu hö-ren, und aus der Doppeltür, die aufgesprungen war, quollen Rauch und Dampf. Aatami Rymättylä hustete Ruß aus seiner Lunge. Sein Gesicht war rot und schwarz gefleckt, seine Ohren glühten, sein Herzschlag geriet vorübergehend aus dem Takt. Als er sich ein wenig beruhigt hatte, setzte er sich auf die Stufen vor seiner Werkstatt, zog eine grüne Schachtel North State aus der Tasche, zündete sich eine Zigarette an und rauchte gierig. Er schloss andächtig die Augen:
    »Scheißfrühling.«
    In der Tat, der Frühling hielt Einzug, der gefrorene Boden taute auf, die öligen Pfützen in den engen Stra-ßen des Industriegebietes schimmerten in hellen Regen-bogenfarben, und die staubigen Weidenbüsche entlang des Grabens bekamen Knospen. Die Zugvögel waren in Tattarisuo noch nicht eingetroffen, aus den Wäldern hinter den Schrotthallen war nur das Krächzen der Krähen zu hören. Aber auch das waren ja gewisserma-ßen Stimmen des Frühlings, die gut in diese Umgebung passten.
    Aatami Rymättylä war in den Vierzigern und Kleinun-ternehmer, ein derber Mann, in Aussehen und Wesen sehr finnisch. Er war groß, wetterfest, man sah, dass er im Leben bereits viel durchgemacht hatte.
    Aatami hatte einen harten Winter hinter sich. Der Umsatz der Akku-AG war in letzter Zeit zurückgegan-gen, der kleine Betrieb war während der Rezession immer weiter geschrumpft. Groß war nur noch die Summe der Zinsen seiner Schulden. Die Nachfrage nach Autos war gesunken, und deshalb wurden nicht mehr so viele Batterien gebraucht, die Aatami hätte warten kön-nen. Zwar reparierte und montierte er neuerdings auch Auspuffrohre, doch diese Arbeit brachte ebenfalls nicht viel ein. Die Kenntnisse eines Elektrotechnikers, die er in den siebziger Jahren erworben hatte, ermöglichten ihm, sich auch auf diesem Gebiet zu betätigen. Alles in allem kam Aatamis Akku-AG halbwegs über die Runden, hielt sich wankend aufrecht, aber wenn es im Sommer keine Belebung in der Branche geben würde, stünde Aatami vor der Pleite. Er hatte seine Firma durch harte Arbeit zehn Jahre lang am Leben erhalten, aber jetzt halfen selbst die größten Anstrengungen nicht mehr. Die Kunden schweißten ihre verrosteten Auspuffrohre sel-ber, sie warteten ebenfalls ihre Batterien, verbanden die Elektrokabel ihrer Autos und wechselten die Relais aus.
    Nach ein paar kräftigen Zügen aus seiner Zigarette stand Aatami auf und ging niedergeschlagen zurück in die Werkstatt. Ein sanfter Frühlingswind blies Dampf und Qualm durch die zersprungenen Fensterscheiben nach draußen. Die Halle maß sieben mal sieben Meter, die Höhe betrug vier Meter. Außer Personenwagen konnten auch LKW S bis zu einer gewissen Größe repariert werden. Gleich rechts neben der Eingangstür befand sich ein kleines Kabuff, das als Büro diente, daneben ein Sanitärraum von knapp zehn Quadratmetern Größe, und dahinter, im äußersten Winkel der Halle, ein kleiner Wohnraum, in dem Aatami seit dem letzten Herbst hauste. Damals hatte er seine Wohnung in Tikkurila verkaufen müssen, um die Schulden seiner Firma abzu-bauen und sämtliche ausstehenden Alimente, eine Folge seiner fünf Jahre zurückliegenden Scheidung, zu bezahlen. Er hatte stets die Frauen geliebt, dafür gab es eine große Zahl lebender Beweise: drei Kinder mit seiner Exfrau – die dreizehnjährige Liisa, der elfjährige Tauno und Leena, neun Jahre alt. Früchte der Liebe hatte ihm auch vor fünf Jahren eine andere Frau geschenkt, es waren die lebhaften Drillingsmädchen Anneli, Annikki und Aulikki. Und schließlich gab es noch Pekka, fünf-undzwanzigjähriger Grenzschützer am Posten Naruska oben bei Salla. Die Liebe hat ihren Preis: Eine so große Kinderschar benötigt viel Nahrung und Kleidung. Das Gericht hatte Aatami gnadenlos zu immensen Unterhaltszahlungen verdonnert, so als wäre es um die Be-steuerung einer Firma gegangen. Mit dem Erlös vom Wohnungsverkauf hatte er sich über den Winter retten können, doch jetzt im Frühjahr musste er dringend neue Einnahmequellen erschließen.
    Links hinten in der Halle gab es noch das zehn Quadratmeter große Akkulager. Darunter hatten sich die Ratten von Tattarisuo Gänge und Nischen
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