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Analog 07

Analog 07

Titel: Analog 07
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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Poul Anderson & Gordon R. Dickson
 
Das Napoleon-Verbrechen
 
    Gleich zu Beginn soll eines in aller Deutlichkeit klargestellt werden: Die Katastrophe war in keiner Weise die Schuld von Tanni Hostrup Jones. Hinterher machte sie sich die bittersten, indessen jedoch unzutreffenden Vorwürfe. Sie war dermaßen mit anderen Angelegenheiten überlastet, daß sie sich nicht hinreichend auf diese eine konzentrieren konnte. Sie hatte keine Veranlassung, von Leopold Ormen Böses zu erwarten, schließlich war er Däne wie sie auch und darüber hinaus ein berühmter Journalist. Weiterhin war Tanni zwar keusch, gleichzeitig aber auch eine Vollblutfrau, deren Ehemann seit Tagen unterwegs war und aller Wahrscheinlichkeit nach auch frühestens in einigen Wochen zurück sein würde, und Ormen besaß eine Menge maskulinen Charme.
    Er war mit seinem Privatraumschiff auf Hoka gelandet und im Mixumaxi Hilton abgestiegen, wo er eine Verabredung mit ihr traf und sich zur vereinbarten Zeit in der Residenz des Gesandten einfand. Es war ein herrlicher Tag, der Spaziergang durch die Straßen ein Vergnügen. Eingeborene Hokas schlenderten umher, deren Verhalten oftmals unterwürfig wurde, wenn sie den Menschen erblickten. Dieser lächelte gütig und tätschelte gelegentlich ein Junges am Kopf. Die Erwachsenen sahen ebenso niedlich wie die Jungen aus: Sie erinnerten an zweibeinige, etwa einen Meter große Koalabären mit goldenem Fell und tatzenähnlichen Händen und waren in die unterschiedlichsten Kostüme gekleidet, angefangen vom nietenbesetzten Ledergeschirr eines Barbaren bis hin zum eleganten grauen Zweireiher, dazwischen römische Kleidung, Mandarin-Gewänder und viele andere Kostümierungen. Die piepsenden Stimmen sprachen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Englisch.
    Als er sein Ziel erreichte, war Ormen nicht übermäßig überrascht, an der Tür von einem Hoka begrüßt zu werden, der mittelalterliche Kleidung, mit groben Nägeln beschlagene Schuhe, eine gelbe Kapuze und einen langen, weißen falschen Bart trug, letzterer in einem breiten Gürtel befestigt, von dem zusätzlich ein Geologenhämmerchen, eine Rolle Seil und eine Laterne herabbaumelten. „Hallo“, sagte der Mann und nannte seinen Namen. „Mrs. Jones erwartet mich.“
    Der Hoka verbeugte sich, achtete aber sorgsam darauf, dies in einer Weise zu tun, die erkennen ließ, daß er nicht daran gewöhnt war, sich zu verbeugen. „Gimli der Zwerg, stets zu Ihren Diensten“, sagte er, so brummig es seine Stimme zuließ. „Willkommen in Bruchtal. Wahrhaftig, die Dame Galadriel ließ mir mitteilen, daß ein … Aha, ha! Bleiben Sie stehen!“ Er umklammerte Ormens Linke mit beiden Händen.
    „Was soll denn das?“ fragte der Journalist aufbrausend.
    „Bitte um Verzeihung, aber es ist wegen des Rings, den Sie tragen. Ich werde ihn überprüfen müssen, ehe ich Sie einlassen kann.“
    „Weshalb?“ Ormen betrachtete den Goldreif mit dem synthetischen Diamanten. „Das ist nur ein Schmuckstück.“
    „Ich zweifle nicht an Ihrem guten Glauben, Sir“, entgegnete Gimli fest, „aber man könnte Sie überlistet haben. Dies könnte der eine Ring mit gefälschtem Äußeren sein – Sie sind nicht einmal unsichtbar. In diesen finsteren Zeiten kann man nicht vorsichtig genug sein, was? Wenn Sie sich verabschieden, bekommen Sie ihn wieder.“
    Ormen wollte sich befreien, aber der Eingeborene war zu stark. Der Besucher unterdrückte einen Fluch und fügte sich. Gimli übergab den Ring einem älteren Hoka, der hinzugetreten war und ebenfalls einen weißen Bart trug, dazu aber einen spitzen Hut und ein langes blaues Gewand. In der Hand hielt er einen Stab. Danach führte der selbsternannte Zwerg Ormen feierlich durch die Tür. Der Raum dahinter war mit Wandteppichen behängt, die man allem Anschein nach mit großer Hast gewoben hatte. An die Fensterscheiben geklebtes buntes Transparentpapier sollte Buntglas imitieren, während Kerzenlicht die Düsternis vage erhellte. Überall sonst sah das Haus wie eine gewöhnliche Eingeborenenunterkunft aus, die in Wohnbereich und Büros unterteilt war.
    Tanni Jones empfing den Besucher ehrenhaft im Wohnzimmer.
    Sie war groß, blond und anmutig, wie er übrigens auch, und sie brannte darauf, jemanden vom Heimatplaneten zu sehen. „Bitte nehmen Sie Platz, Mr. Ormen“, bat sie. „Hätten Sie gerne Kaffee, Tee oder vielleicht etwas Alkoholisches?“
    „Ich habe etwas über den hiesigen Schnaps gehört und bin zugegebenermaßen neugierig“,
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