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Der Kristallstern

Der Kristallstern

Titel: Der Kristallstern
Autoren: Vonda McIntyre
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    Die Kinder waren gekidnappt worden.
    Leia rannte Hals über Kopf in Richtung der Waldlichtung, ließ die Höflinge und den Haushofmeister von Munto Codru hinter sich zurück, ebenso wie ihr Gefolge und die junge Kammerjungfrau, die, aus Nase und Ohren blutend, in ihr Empfangszimmer getaumelt war und unverständliche Worte ausgestoßen hatte.
    Aber Leia hatte sie trotzdem verstanden: Jaina, Jacen und Anakin waren entführt worden.
    Jetzt lief Leia zwischen den Bäumen hindurch einen weichen, moosbewachsenen Pfad hinunter, der zum Spielplatz ihrer Kinder führte. Jaina stellte sich den Pfad als eine Raumschifframpe für den Hyperraum vor. Jacen tat so, als wäre er eine große, mysteriöse Straße, ein Fluß. Anakin, der gerade eine realistische Phase durchmachte, bestand darauf, daß es sich lediglich um einen Waldweg zu der Wiese handelte.
    Die Kinder liebten den Wald und die Wiese, und Leia liebte es, lautstark die Schätze zu bewundern, die sie ihr mitbrachten: einen zappelnden Käfer, einen Stein, in dessen Struktur schimmernde Fragmente eingeschlossen waren seltene Juwelen vielleicht! – oder die Bruchstücke einer Eierschale.
    Ihre Sicht wurde von Tränen getrübt. Einer der weichen Pantoffel verfing sich in dem Moosgeflecht. Sie stolperte, fing sich wieder und stürmte weiter, wobei sie den Rocksaum ihrer Hofrobe hochhielt.
    In den alten Zeiten, dachte sie, in den alten Zeiten hätte ich Stiefel und eine Hose getragen und wäre nicht durch meine eigenen Kleider behindert und aus dem Gleichgewicht gebracht worden!
    Der Atem brannte ihr in der Kehle.
    Und ich wäre imstande gewesen, von meinem Empfangszimmer bis in den Wald zu laufen, ohne daß mir dabei die Luft ausgeht!
    Das grüne Licht des Nachmittags nahm eine andere Färbung an und umtanzte sie. Es wurde heller vor ihr, dort, wo sich der Wald zu einer feuchten Wiese lichtete – der Wiese, auf der ihre Kinder gespielt hatten.
    Keuchend und mit schweren Beinen lief Leia darauf zu.
    Sie lief auf etwas zu, das fehlte, nicht auf etwas, das da war – in Richtung einer schrecklichen Leere.
    Wie konnte das passieren? fragte sie sich selbst, weinend. Wie ist das möglich?
    Die Antwort – die einzige Erklärung, die dafür möglich sein konnte – entsetzte sie. Für kurze Zeit war ihre Fähigkeit, die Gegenwart ihrer Kinder spüren zu können, neutralisiert worden. Nur eine Manipulation der Macht konnte einen solchen Effekt hervorgerufen haben.
    Leia erreichte die Wiese. Sie rannte auf den Bach zu, in dem Jaina und Jacen geplantscht und gespielt und dem kleinen Anakin das Schwimmen beigebracht hatten.
    Ein Krater war in das weiche Gras gerissen worden. Die üppigen Grashalme waren rings um einen kahlen Flecken Erdreich plattgedrückt.
    Eine Druckbombe! dachte Leia voller Entsetzen.
    Eine Druckbombe war explodiert – ganz in der Nähe ihrer Kinder!
    Sie sind nicht tot! sagte sie zu sich selbst. Sie können nicht tot sein – ich wüßte es, wenn es so wäre!
    Am Rand der Explosionsstelle lag Chewbacca, zu einem Bündel zusammengekrümmt. Helles Blut zeichnete sich auf seinem kastanienfarbenen Fell ab.
    Leia fiel neben ihm auf die Knie, ohne auf die feuchte Erde zu achten. Sie fürchtete, er wäre tot – aber er blutete noch, atmete noch. Sie preßte ihre Hand auf die tiefe Schnittwunde an seinem Bein, bemühte sich verzweifelt, den Blutfluß zu stillen und sein Leben zu retten. Sein starker Pulsschlag preßte ihm das Blut aus dem Körper. Wie die Kammerjungfrau blutete auch er aus Ohren und Nase.
    Er gab einen schrecklichen, verzweifelten Klagelaut von sich, kein schmerzerfülltes Aufstöhnen, sondern einen Schrei des Zorns und der Verbitterung.
    »Lieg still«, sagte Leia. »Chewbacca, lieg still! Die Ärztin ist unterwegs, du wirst wieder in Ordnung kommen. Was ist passiert, oh, was ist nur passiert?«
    Er stieß wieder einen Schrei aus, und Leia begriff, daß seine Verzweiflung so groß war, daß er sterben wollte. Er hatte ihre Familie als seine eigene angenommen, als seine Familie ehrenhalber, und es war ihm nicht gelungen, die Kinder zu beschützen.
    »Du darfst nicht sterben!« Er muß weiterleben, dachte sie. Er muß. Nur er kann nur sagen, wer meine Kinder entführt hat. »Komm zurück! Komm zurück zu mir!«
    Ihr Gefolge und der Haushofmeister kamen aus dem Wald geeilt. Sie zertrampelten das hohe, zarte Gras und schrien empört auf, wenn die schlanken Halme in ihr Fleisch schnitten. Leias Kinder hatten sich ohne Schwierigkeiten auf der Wiese
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