Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kristallstern

Der Kristallstern

Titel: Der Kristallstern
Autoren: Vonda McIntyre
Vom Netzwerk:
verwirrt an. Der Haushofmeister machte einen zögerlichen Schritt in ihre Richtung.
    Leia durchquerte den Empfangssaal, wobei die Geräusche ihrer Stiefeltritte laut von dem polierten Steinfußboden widerhallten. Sie nahm ihren Platz auf einem der kreisförmig angeordneten Sessel ein, lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. Der schwere Stoff ihrer steifen neuen Wanderhose rieb sich aneinander. Sie zwang sich dazu, entspannt zu wirken.
    »Entschuldigen Sie bitte, Botschafter Kirl«, sagte sie zu dem Repräsentanten der Provinz Kirl. »Ich danke Ihnen für Ihre Geduld. Wir hatten ein kleines… ein kleines familiäres Problem.« Sie zwang sich zu ihrem bezauberndsten Lächeln. »Sie wissen, wie das ist…« Ganz plötzlich versagte ihr die Stimme.
    Der stattliche kirlianische Botschafter, der nach seiner Provinz benannt war, spreizte alle vier Hände. Er erwiderte ihr Lächeln.
    »Ich weiß, wie das ist«, sagte Kirl. »Viele Male habe ich meine Arbeit wegen eines, wie Sie sagen, familiären Problems unterbrochen. Es ist keine Entschuldigung erforderlich, obwohl es bemerkenswert nobel von Ihnen ist, eine solche vorzubringen!«
    Bisher hatte seine hochtrabende Art sie amüsiert und mitunter sogar bezaubert. Jetzt aber kam es Leia so vor, als würden sich seine Worte bis in alle Ewigkeit fortsetzen. Jedes einzelne zog sich hin wie Sirup.
    Der Tag setzte sich fort, zäh und langwierig. Munto Codrus verwickelte politische Verhältnisse bedeuteten, daß sie Botschafter von einer endlosen Anzahl unabhängiger politischer Gebilde empfangen mußte. Kein Wunder, daß die Welt für die Republik nur geringe Bedeutung hatte – wenn überhaupt. Sie verwandte den größten Teil ihrer Energien für ihre eigenen internationalen Unstimmigkeiten. Ihre Bürger widmeten den größeren Fragen der interplanetarischen Kooperation nur wenig Zeit und Aufmerksamkeit. Sie hatten Jahre gebraucht, um gemeinsam zu beschließen, einen Haushofmeister zu wählen, und ein weiteres Jahr, um sich auf Mr. Iyon zu einigen.
    Als die Abendglocke läutete, verbeugte sich der Botschafter und zog sich zurück. Als das Personal die Tür des Empfangssaals schloß, pfiffen und seufzten die Leute, die noch im Wartezimmer verblieben waren, in ihrer Heimatsprache. Die geschlossene Tür brachte die Laute zum Verklingen.
    »Irgendeine Nachricht?« fragte Leia mit belegter Stimme.
    »Nein, Madam«, sagte der Haushofmeister. »Aber wir dürfen nicht erwarten, vor morgen etwas zu hören. Das entspricht der Tradition.«
    »Diese anderen Leute«, sagte Leia, »was wollten sie? Sind Sie sicher, daß es nicht die Kidnapper waren, die mit mir reden wollten?«
    »Welche anderen Leute?«
    »Die Leute, die noch in meinem Wartezimmer sind.«
    »Nichts und niemand von Bedeutung, Madam«, sagte Mr. Iyon. »Kleine Sachen – viele davon nur ausgedacht, damit der Bittsteller nach Hause gehen und sagen kann: ›Ich habe die Prinzessin getroffen – ich habe mit der Staatschefin der Neuen Republik gesprochen.‹«
    »Trotzdem möchte ich gerne mit ihnen reden.«
    »Sie werden wiederkommen. Kommen Sie jetzt, Sie müssen etwas essen. Morgen werden Sie mit den Lösegeldjägern verhandeln. Die Kinder werden nach Hause kommen, und alles wird wieder so sein, wie es war.«
    Leia zwang sich dazu, ihre verkrampften Hände von den Sessellehnen zu lösen.
    Ihre Fingernägel hatten kleine Furchen in die schwere Satinpolsterung gekratzt.
     
    Leia eilte in die still daliegende Chirurgie. Im Inneren stand Dr. Hyos an ihrem Schreibtisch. Die Augen der Ärztin waren geschlossen. Sie döste im Stehen, alle vier Arme leicht ausgestreckt. Wie in einem Zeitlupentanz oder in einer leichten Brise bewegten sie sich kaum merklich auf und ab, um den Körper im Gleichgewicht zu halten. Leia hatte noch nie einen Eingeborenen von Munto Codru schlafen gesehen.
    Was für eine eigenartige Stellung, dachte sie. Ist das normal? Oder macht es nur Dr. Hyos so? Vielleicht ist sie lediglich im Stehen eingeschlafen. Mir geht es gleich genauso.
    Der Wyrwolf lag zu Füßen der Ärztin. Er hob seinen schrecklichen Kopf und blickte Leia mit seinen schrecklichen hellen Augen an. Dann grunzte er und legte seinen Kopf zurück auf die vorderen Pfoten, aber er schloß seine Augen nicht. Leia hatte keinen Grund, sich vor dem Wyrwolf zu fürchten, aber er machte sie dennoch nervös.
    Leia ließ die Ärztin schlafen. Auf leisen Sohlen machte sie einen großen Bogen um den Wyrwolf und trat in Chewbaccas
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher