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Pitch Black

Pitch Black

Titel: Pitch Black
Autoren: Susan Crandall
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    Es hätte der Donner sein können. Vielleicht auch der Wind, der das Haus schüttelte wie ein ungezogenes Kind. Irgendetwas hatte Madison Wade aus dem Schlaf gerissen. Sie hatte Mühe zu atmen, und ihr Puls raste. Vielleicht hatte auch nur Mrs Quigleys Kater die Perserkatze angeschmachtet, die den Morgen gern im Wintergarten nebenan verbrachte. Doch ihr Gefühl sagte ihr, dass es etwas anderes gewesen sein musste. Etwas, das schwer auf ihr lastete. Schon seit Monaten war sie nicht mehr derart von Sorge erfüllt wach geworden–seit ihrem Umzug nach Tennessee nicht.
    Sie zwang sich, tief ein- und langsam wieder auszuatmen. Alles war bestens. Ihr Sohn–endlich hatte sie sich daran gewöhnt, an Ethan als ihren Sohn zu denken–war weit weg von den Gefahren Philadelphias, sicher vor den Leuten und Lebensumständen, die ihn beinahe zerstört hätten. Die Dinge liefen gut.
    Sie warf einen Blick zum Fenster. Kein Regen prasselte gegen die Scheibe. Obwohl sich der neue Tag über Buckeye nicht so mild wie üblich ankündigte, schien sich der drohende Sturm respektvoll und zurückhaltend zu nähern, im Einklang mit dieser frühen Stunde. Das war eine von den idyllischen Geschichten aus der Kindheit ihres Vaters, die sich als wahr erwiesen hatte–eine der wenigen Wahrheiten, die ihm jemals über die Lippen gekommen waren. Hier gingen die Tage sanft ineinander über. Sie kündigten sich nicht mit kaltem Licht und lautem Gehupe an, und auch nicht mit dem scharfen Scheppern von Mülltonnen, die geräuschvoll auf den Boden knallten. Die Einwohner von Buckeye respektierten die Ruhe des frühen Morgens. Der Tag kam sanft über die Stadt, wie eine Feder, die vom erwachenden Himmel fiel.
    Sie stand auf und schaute aus dem Fenster. Die Aussicht von fast allen Zimmern des Hauses war grandios und stand in krassem Gegensatz zur grauen Silhouette der Stadt, in der sie den Großteil ihres Lebens verbracht hatte. Auch nach vier Monaten hielt sie jeden Morgen noch kurz inne und ließ den Anblick einer scheinbar endlosen grünen Wildnis auf sich wirken. Der Ausblick war der Hauptgrund gewesen, warum sie speziell dieses Haus gewählt hatte. Alles in Ethans Leben sollte neu sein, unberührt von der grausamen Freudlosigkeit seiner Kindheit.
    Die Wolken hingen tief über der grünen Gebirgskette, Täler und Höhenzüge lagen unter einem dichten blau grauen Nebel. Hatte sie Ethan ausreichend warme Kleidung eingepackt? Da oben konnten die Nächte kalt werden, auch wenn es erst September war.
    Sie schüttelte den Kopf. Wann war sie denn eine solche Glucke geworden? Ethan würde ihr gehörig die Meinung sagen, wenn er davon wüsste. Das war einer der Gründe, warum es zwischen ihnen beiden so gut klappte–Liebe und Ehrlichkeit ohne all die kleinen Verrenkungen und Beschönigungen. Darauf hatten sie sich schon früh geeinigt: Keiner erzählte dem anderen irgendeinen Scheiß.
    Ihre Sorge war ohnehin lächerlich. Als Ethan mit dreizehn als Pflegekind zu ihr gekommen war, hatte er bereits mehr Nächte unter freiem Himmel hinter sich, als für ein Kind gut war. Vor seiner Abreise hatte er sie dabei ertappt, wie sie noch einmal seine Vorräte überprüft, das Etikett seines Schlafsacks auf Regentauglichkeit kontrolliert und ein paar Reservebatterien für die Taschenlampe eingepackt hatte, und sie daran erinnert, dass er jetzt schon fünfzehn war. Was seiner Ansicht nach etwa zwanzig Lebensjahren eines normalen Jungen aus der Vorstadt entsprach. »Abgesehen davon«, hatte er hinzugefügt, »ist es sehr viel sicherer, mit ein paar Bären in den Bergen zu übernachten als auf den Straßen von Philadelphia.«
    Sie hatte ihm in die großen blauen Augen geblickt, und beinahe hätte sie geweint. Geweint…na, das hätte ihn mit Sicherheit in die Flucht geschlagen.
    Glücklicherweise lag seine Vergangenheit inzwischen weit hinter ihm und war nur noch selten in seinen Augen zu entdecken. Er war in Sicherheit und wurde geliebt. Sie trug die Verantwortung für…ihren Sohn. Eine Woche vor ihrem Umzug nach Buckeye war die Adoption rechtskräftig geworden.
    In der Ferne grollte erneut der Donner. Sie hoffte, die Jungs würden es rechtzeitig wieder vom Berg runter schaffen, bevor der Regen einsetzte. Bei dem drohenden Unwetter würde Mr McPherson sicherlich zusammenpacken und früher zurückkommen.
    Einmal pro Monat nahm Jordan Grays Stiefvater eine Gruppe Jungs mit zum Zelten. Für die ersten zwei Einladungen, die Ethan erhielt, hatte sie sich noch
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