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0807 - Universität der Dämonen

0807 - Universität der Dämonen

Titel: 0807 - Universität der Dämonen
Autoren: Dirk van den Boom
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Cora stolperte in das Chemielabor und schob die schwere Stahltür hinter sich ins Schloss. Ihr schwerer, schneller Atem erfüllte den voll gestellten Raum, dessen Dunkelheit nur durch die glimmenden Kontrollleuchten einiger Geräte erhellt wurde. Cora war keine Chemiestudentin, sie kannte sich hier nicht aus, doch die massive Tür, an die sie sich nun lehnte, vermittelte das Gefühl von Sicherheit.
    Cora schluckte. Sie spürte, wie Magensäure ihre Speiseröhre emporstieg. Angst hielt sie wie mit eisiger Hand in einem Würgegriff. Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren und nicht in Panik zu geraten. Tränen verschleierten ihren Blick. Fahrig fuhr sie sich mit dem Handrücken über die Augen.
    Cora stieß sich von der Tür ab, machte einige Schritte auf die nächste Lichtquelle zu, versuchte sich zu orientieren. Es war warm. Zwar wummerte eine Klimaanlage, aber die kühlte nur Proben in einem isolierten Schrank. Warme Abluft wurde in das enge Labor geblasen. Beinahe rempelte die Studentin gegen einen Bürostuhl, der im Durchgang stand. Mit zitternden Händen schob sie ihn beiseite.
    Eine zweite Tür schälte sich aus der dämmrigen Umgebung. Cora öffnete sie, betrat ein dunkles Büro. Ihre Finger tasteten nach einem Lichtschalter. Niemand war zu sehen. Die Frau schaffte es bis zu dem abgenutzten Sofa, dann ließ sie sich zitternd sinken. Einen Augenblick hielt die Selbstbeherrschung noch, dann aber schüttelte ein Schluchzen ihren Körper.
    Wie das alles hatte passieren können, war ihr völlig unbegreiflich. Was in den letzten beiden Wochen geschehen war, seit sie ihr Studium an der Vincent-Universität begonnen hatte, war wie ein böser Traum. Alles hatte relativ harmlos begonnen, doch dann hatte sich ein Bedrohungsszenario aufgebaut, das einem schlechten Horrorfilm zu entspringen schien. Ihr Bild von dem, was Realität war, war ins Wanken geraten. Und niemand schien ihr helfen zu können.
    Coras Finger umklammerten den Sofarand. Ihre Knöchel hoben sich weiß ab. Sie wusste keinen Ausweg mehr.
    Erst hatte sie sich nur abgeschätzt gefühlt - ältere Studenten, oft Männer, dann der Mitarbeiter eines Professors. Da hatte sie sich noch nicht viel dabei gedacht. Das war vielleicht normal, und am Anfang stand man als Ersti [1] in der Hackordnung immer an unterster Stelle. Sie hatte ihre gute Laune bewahrt und sich gesagt, dass es später besser werden würde.
    Es war jedoch immer schlimmer geworden.
    Die Abschätzung war einer arroganten Ignoranz gewichen. Die Ignoranz einer Feindseligkeit, als sie mehrere Einladungen zu Partys hatte sausen lassen. Cora war kein sehr geselliger Mensch. Sie war zum Lernen nach Sankt Vincent gekommen, nicht zum feiern. Ihre natürliche Introvertiertheit hatte sie die Ablehnung leichter verkraften lassen, der Frust aber hatte sich hartnäckig festgesetzt. Erste Gedanken, an eine andere Uni zu gehen, hatten sich eingeschlichen. Doch Cora war tapfer, auch, wenn man das der schmalen Gestalt nicht ansah. Sie hatte sich immer durch Willensstärke und Durchsetzungskraft ausgezeichnet.
    Dann, heute Abend, wieder eine Einladung zu einer Party. Drei junge Männer waren an ihrer Tür im Wohnheim aufgetaucht, und als sie abgelehnt hatte, waren sie in ihr Zimmer eingedrungen. Sie war ihnen entwischt, wie, wusste sie gar nicht mehr. Doch dann hatte sich eine Hetzjagd über den Campus entwickelt, die hier ihr vorläufiges Ende gefunden hatte.
    Etwas an alledem war nicht richtig. Es war nur ein Gefühl, ein völlig unbestimmbares dazu, aber das war mehr als bloßes Mobbing unter Studenten einer Elite-Universität. Es hatte einen Unterton, eine Schwingung, die der sensiblen Studentin nicht entgangen war. Sie konnte es intellektuell nicht greifen, nicht richtig in Worte fassen, aber es war erkennbar, fühlbar gewesen.
    Und dieser Eindruck hatte sich in den letzten beiden Stunden verstärkt. Er war auf eine körperliche Art und Weise zur Bedrohung geworden.
    Es klopfte an der Tür.
    Cora fuhr zusammen.
    Dann ein Flüstern durch den Türrahmen.
    »Cora… Cooora… Du sitzt in der Falle. Mach die Tür auf. Komm schon, es passiert doch nichts. Wovor hast du Angst?«
    Der Tonfall der Stimme mochte noch so einschmeichelnd sein, Coras Unbehagen wuchs mit jedem Wort.
    Dann erklang das Flüstern erneut. Diesmal verstand sie die Bedeutung nicht. Die Worte entstammten keiner Sprache, die sie je gehört hatte. Doch sie entfalteten eine Wirkung, der sich die junge Frau nicht entziehen konnte. Es war eine Wirkung,
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