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Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen

Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen

Titel: Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen
Autoren: Alexandra Marinina
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Erstes Kapitel
Stassow

    Der ehemalige Kripobeamte, frühere Oberstleutnant der Miliz und jetzige Sicherheitschef des Filmkonzerns Sirius, Wladislaw Stassow, tat etwas gänzlich Prosaisches: Er schrieb an einer Liste der Lebensmittel, die er am nächsten Tag einkaufen musste, um sich und seiner Tochter für die ganze Woche Essen zu kochen. Stassows Exfrau Margarita war wieder einmal auf Dienstreise und hatte die achtjährige Tochter Lilja in seiner Obhut gelassen, worüber sich Stassow unglaublich freute. Margaritas Arbeit war hektisch, nervenaufreibend und mit häufiger langer Abwesenheit von zu Hause verbunden, darum hatte er die Tochter sogar öfter bei sich, als er bei der Scheidung zu hoffen gewagt hatte. Stassow liebte Lilja abgöttisch.
    Vor allem, dachte er, muss ich viele verschiedene Brotbeläge kaufen – Lilja sitzt gern mit einem Buch und irgendwas zu futtern auf dem Sofa. Für ein achtjähriges Mädchen wog sie zwar ein bisschen viel, selbst bei ihrer Körpergröße (ganz der Papa), aber Stassow hielt es für unnötig, ihre ungesunde Angewohnheit zu bekämpfen. Mit einem Buch und belegten Broten konnte Lilja ganze Tage und Abende allein verbringen, ohne sonderlich auf die Anwesenheit ihrer gestressten, viel beschäftigten Eltern angewiesen zu sein.
    Zweitens brauchte er ein großes Stück Fleisch mit Knochen für einen Topf Borschtsch. Zu diesem Punkt auf dem Speisezettel gehörten außerdem rote Bete, Möhren, Zwiebeln und Kartoffeln. Ach ja, und Schmand, nicht zu vergessen.
    Drittens ein Stück schieres Fleisch, aus dem er zwanzig Schnitzel schneiden konnte, für jeden Wochentag vier. Die Beilage konnte er vorkochen oder jeden Tag frisch zubereiten, zum Glück brauchten Makkaroni und Buchweizengrütze ja nicht lange – bis er sich umgezogen und seinen Borschtsch gegessen hatte, waren sie gar. Lilja mochte beides nicht, sie aß ihr Fleisch lieber mit Ketchup oder Sauerkraut und dicken Scheiben Schwarzbrot dazu.
    So, das war das. Jetzt der Nachtisch. Sollte er Kompott machen? Oder lieber viel Obst kaufen, damit das Kind Vitamine bekam? Nun, das würde er morgen früh auf dem Markt entscheiden, Auswahl gab es ja genug.
    Als Stassow mit der Liste fertig war, wollte er gerade den Vorrat an Gewürzen, Buchweizen und Nudeln im Küchenschrank überprüfen, da klingelte das Telefon. Bevor er abnahm, warf er einen Blick auf die Uhr: Halb eins in der Nacht. Verdammt, war in der Firma etwas passiert? Er ließ seine Tochter nachts ungern allein, auch wenn sie keine Angst vor der Dunkelheit hatte. Er starrte den klingelnden Apparat an, achtete auf die Intervalle zwischen den Klingeltönen und stellte erleichtert fest, dass sie kürzer waren als normalerweise. Ein Ferngespräch, es war also Tatjana. Richtig.
    »Habe ich dich geweckt?«, fragte sie mit ihrer leicht heiseren, klangvollen Stimme, die bei Stassow augenblicklich ein Ziehen in der Brust auslöste, so sehr vermisste er sie.
    »Du wirst es nicht glauben, wenn ich dir sage, was ich gerade gemacht habe.«
    »Was denn?«
    »Ich habe gerade Irotschka gespielt.«
    »Wie das?«
    »Ich habe einen Speiseplan für die nächste Woche zusammengestellt.«
    »Du Ärmster«, bedauerte Tatjana ihn spöttisch. »Soll ich dir vielleicht Irotschka schicken? Ich leihe sie dir, bis deine Margarita wiederkommt. Was meinst du?«
    »Und was machst du solange ohne sie?«
    »Sie wird erst Stassow spielen und mir das Essen für eine Woche vorkochen, und dann setzt sie sich in den Zug und ist morgen früh bei dir.«
    »Ein solches Opfer kann ich nicht annehmen«, lehnte Stassow stolz ab. »Das würde die Weltliteratur mir nie verzeihen. Apropos, wie kommst du voran?«
    »Prima. Ich denke, ich bin nächstes Wochenende fertig.«
    »Und wie viel wird es?«
    »Etwa zwanzig Bogen. Schon wieder zwanzig, leider; mein Lieblingsumfang. Mein Verleger bringt mich um.«
    »Wieso?«, fragte Stassow erstaunt. »Ist das schlecht, zwanzig Bogen?«
    »Natürlich ist das schlecht«, seufzte Tatjana. »Ein Verleger will einen Umfang, aus dem er ein Buch machen kann. Entweder zwölf bis fünfzehn Druckbogen für ein Taschenbuch oder fünfundzwanzig, dreißig für ein Hardcover. Zwanzig, das ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Zu dick für ein Taschenbuch, das fällt auseinander, und zu dünn für ein Hardcover, das fühlt sich nach nichts an. Also wird sich der Verleger den Kopf zerbrechen, was er noch an meine zwanzig Bogen dranhängen könnte, damit er ein dickes Buch bekommt. Vielleicht etwas von
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