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Kalter Weihrauch - Roman

Kalter Weihrauch - Roman

Titel: Kalter Weihrauch - Roman
Autoren: Gmeiner-Verlag
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den Betrieb übernehmen. Wenn ihm der dann nicht schon zu mickrig ist, der Hannes ist ja so ein Großgoscherter geworden, das hat er sich von seinem Chef abgeschaut, diesem Lackaffen. Aber es könnt eh sein, dass es bald gar nix mehr zu erben gibt. Weil offenbar hat sich die Irmi ab einem gewissen Zeitpunkt ganz schön übernommen mit den Fremdwährungskrediten, und jetzt können’s kaum mehr die Raten zahlen. Was man halt so hört. Na ja, wenigstens hat der Schorsch sein Einkommen als Umweltreferent, der ist bis hinaus nach Wien hochangesehen, angeblich war er einmal sogar als Staatssekretär im Gespräch. Aber er hat das falsche Parteibuch gehabt.
    Dann hatte der Krinzinger wieder Tee gekocht, obwohl ihnen der schon zu den Ohren herauskam. Und der Leo hatte noch einmal von seinen Recherchen berichtet. Dass der Öttinger im März vor einem Jahr an diesem Tourismus-Kongress in Budapest teilgenommen hatte, genau wie drei andere Hotelbesitzer aus der Gegend. Der Öttinger war allerdings als Experte für Umweltfragen und Naturschutz dort gewesen, hochoffiziell. Nach Ende vom Kongress waren der Öttinger und die drei anderen dann noch mit einem gewissen Ferdinand Oslip mitgefahren zu dessen Hotel an der Grenze, das in Wirklichkeit nur eine Art besseres Stundenhotel war. Am nächsten Tag in der Früh war der kleine Bruder von der Agota Lakatos, Anton Lakatos, von einem weißen Lieferwagen erfasst worden und drei Stunden später gestorben. Und der Öttinger und die drei anderen waren zurück nach Hause gefahren, es gab nicht die geringste Querverbindung zu dem Unfall. Mit zwei von den drei Hotelbesitzern hatte der Leo gestern noch geredet, der dritte, ein gewisser Ludwig ›Luigi‹ Kirchbachler, lag gerade im Krankenhaus. Herzinfarkt, schon der zweite. Jedenfalls, die beiden anderen hatten ausgesagt, dass dieser Oslip sie eingeladen hatte, weil er ein Projekt fürs Salzkammergut besprechen wollte, aus dem allerdings nichts werden würde. Nein, am Öttinger war ihnen nichts aufgefallen, der war gewesen wie immer, ein bissl reserviert halt. Und eine Tante hatte er zu kontaktieren versucht. Mehr wussten sie auch nicht, bedaure sehr, Herr Inspektor! Das alles hatte der Leo berichtet, und sie hatten ziemlich lang über diesen Neuigkeiten gegrübelt.
    Dann hatte sich Pestallozzi an den Mann zu seiner Rechten gewandt: »Haben auch Sie etwas in dieser Sache zu erzählen, Herr Pfarrer?« Aber der Pfarrer hatte nur den Kopf geschüttelt: »Selbst wenn ich etwas wüsste, so wäre ich an das Beichtgeheimnis gebunden, das wissen Sie doch. Ich kann Ihnen aber versichern, dass Herr Öttinger nie das Gespräch mit mir gesucht hat.«
    Damit hatte sich der Pfarrer verabschiedet, und sie hatten auf ihren unbequemen Sesseln fröstelnd auf die Morgendämmerung gewartet. Der Krinzinger hatte irgendwann zu schnarchen begonnen, und der Leo hatte ganz im Ernst versucht, eine Runde durch den eiskalten, stockfinsteren Ort zu joggen, war aber sehr rasch wieder zurückgekommen. Und jetzt stapften sie mit hochgezogenen Schultern auf das Vier-Sterne-Hotel Fraunschuh zu, der hartgebackene Schnee knirschte und quietschte unter ihren Schuhen.
    Sie nahmen die Stufen hinauf zum Glasportal, das von einer Girlande aus künstlichen Tannenzweigen umrahmt war. Pestallozzi betrat als Erster das Foyer, aber dann wandte er sich zum Krinzinger um, der einen zögerlichen Schritt nach vorn machte. Sie standen in einer warmen, hellerleuchteten Halle, ein roter Teppich führte zur holzgetäfelten Rezeption, Geweihe und Ansichten vom See in goldenen Rahmen schmückten die Wände. Vor einem offenen Kamin waren Sofas und Lehnsessel gruppiert, Grünpflanzen schirmten eine Leseecke ab. Gegenüber führte eine breite Treppe in den ersten Stock, links ging es offenbar zum Frühstücksraum, es klang, als ob sich bereits ziemlich viele Gäste um das Buffet drängen würden. Ein Kellner trug gerade ein Tablett voll silberner Kännchen heraus. Er erblickte die Neuankömmlinge und blieb unentschlossen stehen, aber eine Frau rauschte bereits an ihm vorbei und kam ihnen entgegen, eine höchst elegante Erscheinung, selbst um diese frühe Tageszeit. Sie trug die Haare in einem dunklen kleinen Knoten am Hinterkopf zusammengefasst wie eine Ballerina, dazu ein Dirndl aus Brokat mit einem seidigen Fransentuch, das im Mieder festgesteckt war. Ihr Gesicht war perfekt geschminkt, das registrierten sogar die drei Männer, Granatschmuck schimmerte um ihren Hals und an ihren Ohrläppchen. Ihr
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